Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 17.1899

DOI Artikel:
Schön, Theodor: Zur älteren Geschichte der Pfarrei Unlingen (OA. Riedlingen), [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15869#0097

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
89

auf dem Kirchhof in Unlingen ablud, ha!
sich nach dem Zeugnis der frühere» Kon-
ventöschwestern und. vieler anderer welt-
licher Personen folgendes Mirakel begeben.
Unter dem znlaufenden Volk befand sich
auch eine Mutter mit ihrem blindgeborenen
Kind, welche voll Vertrauen und Znver
sicht die Muttergottcs um Hilfe anslehte,
und alsbald wurde das Kind zur größten
Verwunderung und Freude der Umstehen-
den sehend. Auf dieshin wuchs die An-
dacht zur Muttergottes bedeutend, und
vielen Kranken und Bresthaften, die vor
dein Bilde beteten, wurde geholfen, wie
die Krücken und andere Wahrzeichen be-
wiesen. Daher ersuchte die Gemeinde Un-
lingen die damaligen Franziskaner und
Klosterfrauen, man mochte das Gnaden-
bild in der Pfarrkirche aufrichten lassen,
damit ein jeder „Liebhaber" der Mntter-
gottcs dort seine Andacht verrichten und
Hilfe und Trost finden könnte. Man
willfahrte der Bitte und das Bild wurde
in der Pfarrkirche auf eine Säule gestellt.
Allein mit der Zeit nahm die Verehrung
des Gnadenbildeö ab und so beschlossen
die Schwestern anno 1688, dasselbe in
ihre ncuerbante Kapelle zu versetzen. Der
damalige Pfarrer und Dekan Johann
Georg Seitz (1659—1703), sowie auch die
ganze Gemeinde suchten aber die Schwestern
davon abznhalten und sandten zu diesem
Zweck am 21. Sept. desselben Jahres
eine Abordnung von fünf Bürgern ins
Kloster mit der Bitte, das Bild fernerhin
in der Pfarrkirche stehen zu lassen. Die
Schwestern wollten ihnen die Bitte nicht
abschlagen, verlangten aber dafür, daß das
Bild gebührend verehrt werde, andernfalls
werden sie es in ihre Kapelle versetzen.')
— Sonst ist über das Bild schriftlich
aus späterer Zeit nichts überliefert. Da-
gegen befindet sich in der Klosterkapelle
jetzt noch ein altes Muttergottesbild ans
dem Hochalter, welches nach der Aussage
älterer Leute ein wnnderthätiges Bild sein
st Nach einem anderen nicht näher datierten
Dokument aus dem Jahre 1688, welches dieselbe
Geschichte in etwas anderer Form erzählt (offen-
bar nur ein Konzept), gewahrten die Klosterfrauen
die Bitte mit dem Vorbehalt, das; sie alles, was
zum Guadenbild geopfert werde, au sich ziehen
dürfen, was sie ihrerseits nur zur größeren Ehre
Gottes und der seligsten Jungfrau Maria zu
verwenden versprachen,

soll. Auch sprechen verschiedene Gründe
dafür, daß jene Statue in der ersten Hälfte
des 18. Jahrhunderts aus der Pfarrkirche
in die Klosterkapelle hinübergenommcn
wurde. Vielleicht geschah es ans Anlaß deö
Neubaues der Pfarrkirche (1711 ff.), und
an eine Zurückgabe bezw. längeres Stehen-
lassen derselben in der Pfarrkirche war bei
den in den nächsten Jahrzehnten zwischen dem
Kloster einer- und dem Pfarrer und der
Gemeinde andererseits schwebenden Strei-
tigkeiten wohl kaum zu denken.
Während jener unruhigen Zeiten des
16. Jahrhunderts war Pfarrer in Un-
lingen Christian Sch edler (1523
bis 1540), der sich ein großes Verdienst
erwarb durch die Herstellung bezw. Reno-
vation des früher erwähnten Pergament-
kodex. ES geschah dies ans seine Anord-
nung im Jahre 1530 und auf Kosten
der Kirchenfabrik, deren damalige Pfleger
Johann Zy .(Zeh) und Johann Meckler
waren. Mit Aufwand großer Mühe und
Sorgfalt wurde die Schrift von dem Mönch
Christian Rasch aus dem Kloster JSny
ans weißem Pergament kunstvoll ansge-
führt und teilweise mit roten und blauen
Initialen versehen. Die Wichtigkeit des
Buches für die Pfarrgeschichte liegt ans
der Hand. Ans der Innenseite der vor-
deren (hölzernen) Einbanddecke befindet
sich eine Notiz betreffend die Anordnung
sonntäglichen Gebets in der damaligen
Türkengefahr „für das thenr vnd das
Ritterlich Kriegßnolck so wider den plutigen
türcken ligennd vnd täglich strytend". Ans
der Innenseite der Hinteren Einbanddecke
findet sich ein Verzeichnis der damaligen
Feiertage. Nach einer später beigefügten
Notiz fanden am Fest Krenzerfindnng und
am Fest des hl. Johannes und Paulus
Prozessionen ans den Bussen statt; letzterer
Tag war ein Hagelfeiertag in der ganzen
Diöcese.
In früherer Zeit mußten die Pfarrer
an jedem Sonntag den versammelten Gläu-
bigen von der Kanzel ans das Vater-
unser, den englischen Gruß, das aposto-
lische Glaubensbekenntnis und die zehn
Gebote Gottes erklären, auch mußten die
genannten Gebete und der Dekalog auf in
der Kirche aufznhängende Tafeln geschrie-
ben werden. Eine Anweisung hiezu findet
sich auch in jenem alte» Pfarrbnch. Nach
 
Annotationen