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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 18.1900

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Mone, Fridegar: Bemerkungen zur "Christl. Ikonographie", [13]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15870#0052
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sogenannten Kanonbilder nnd die Veronita-
nnd AbgaruSbilder setzen muß, gehören
auch die Passionsbilder oder die sogenannten
14 Kreuzwegstationen. Es sind keine
biblischen Genre- oder Historienmalereien,
sondern es sind symbolische Bilder. Be-
kanntlich soll das Gebet vor den 14 Kreuz-
wegstationen eine Wallfahrt nach Jeru-
salem nnd den Besuch der dortigeil Gnaden-
orte ersetzen. Diese Bilder sollen also
das Erinnerungs(Necordations)-Gebet des
Andächtigen unterstützen. Ebenso verhält
es sich mit den Bildern zu den Wall-
fahrten „zu den sieben Fällen Jesu". Diese
sind auch keine biblischen Genre- oder
Porträtgcmälde, sondern zählen zu den
symbolischen nnd typologischen Bildwerken.
Sie gehören also in eine christliche Ikono-
graphie.
Man kann wohl sage», daß sich an das
Kruzifix (das Kreuz mit der Leiche Christi)
kaum zählbare Betrachtungen anknüpfen
und daß man nicht alle namhaft machen
kan». Zunächst denkt man beim Anblicke
des Kruzifixes an den Opferlod Christi
selbst, an die Erlösung, an das heilige
Meßopfer, an das heilige. Abendmahl nnd
an den sakramentalen Christus. Dem
Künstler ist eine große Freiheit gelassen,
allen denkbaren Reflexionen Rechnung zu
tragen. Er kann ans alle die Fälle Rück-
sicht nehmen, in welchen der Gekreuzigte
von den Menschen angernfen und ange-
betet wird. Insbesondere hat man von
jeher auf alle diejenigen Momente, welche
ans die heilige Messe, vor und nach der
Wandlung, Bezug haben, bei der Dar-
stellung Christi am Kreuze Rücksicht ge-
nommen.
Von den vielen Arten des Krnzisixns
wollen wir nur folgende anführen: Chri-
stus als Leiche am Kreuze hangend, als
Sterbender, mit horizontal ausgespannten
Armen, als wolle er alle Menschen in
seine Arme schließen, mit emporgezogenen
Armen, mit der Dornenkrone, ohne solche,
mit den blutigen Wunden und mit Spuren
der Geißelung nnd Krenzschleppnng, ohne
solche, mit einem Suppeckaneum, ohne
solches, mit langem Gewände bekleidet,
oder unbekleidet mit flatterndem Lenden-
tnche, mit einem straff herabhängenden u. s. w.
Man unterscheidet Kruzifixe mit zum Him-
mel gerichtetem Blicke, mit gesenktem Haupte,

mit gebrochenen oder mit geschlossenen
Augen, mit anfgerissenem Munde, halb
geöffneten, oder geschlossenem Munde. Die
Kruzifixe, bei welchen auf dem Gesichte
Christi der Friede, die Sanftmut und die
himmlische Ruhe sich ansspricht, werden
für die vollkommensten gehalten. Es ist
eine eigene Kunst, die Kruzifixe mit Ver-
ständnis zu betrachte». Nicht wenige
Christen oder solche, welche sich dafür
halten, erkennen und verstehen die Ge-
danken, welche der Künstler in das Kru-
zifix gelegt hat. Anch die Benennungen
der Knizifixe sind verschieden nnd zahlreich.
Man spricht von Sühnkruzifixen (auf
Schlachtfeldern), wie bei Fricdrichsfeld,
bei Göllheim, von Mordkrnzifixen, Feld-,
Kirchhof-, Thorkruzifixen, von Schächer-
krenzen, von Kreuzen mit den Marter-
werkzeugen, von Missionskrnzifixen, von
Gedächtniskrnzifixe» (wo früher eine Kirche
stand), Centgcrichtsstätten-Krnzifixenn. a. m.
Das Gewitterkrnzifix (Welterkrenz) ist
entweder als eine Erinnerung an einen
historischen Vorgang bei einem Gewitter
an jener Stelle, oder als Wettersegenkreuz
zu betrachten.
Das Kanonbild für Altäre zur Ver-
ehrung nnd Andacht zur Lanze, Dornen-
krone und Nägel Christi zeigt den Lon-
ginnö zn Pferd oder zu Fuß das Herz
Jesu durchbohrend. Dieselbe Darstellung
findet sich anch bei „Herz Jesn"-Bildern.
Das Kruzifix mit den Engeln (Schutz-
engeln), welche das Blut anffangen, das
Bild der fünf Wunden und das des ge-
öffneten Herzens beziehen sich auf besondere
Andachten, Wallfahrten oder Bruderschaften
nnd müssen nach deren Bedeutung erklärt
werden.
Die am Fuße des Kreuzes knieende
hl. Magdalena deutet an, daß für alle
Sünder der Welt das heilige Meßopfer
dargebracht wird. Nach den Berichten der
Evangelisten kniete die hl. Magdalena
nicht am Fuße des Kreuzes. Es bezieht
sich also diese Darstellung auf kein histori-
sches Faktum. Wie der Schädel und das
Gerippe am Fuße des Kreuzes, ist anch
die knieende Magdalena nur allegorische
Beigabe, welche andeuten soll, daß das
heilige Meßopfer anch für Sünder dar-
gebracht wird.
Die Göz und Klanberschen Fastenzeit-
 
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