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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 18.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.15870#0070
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Geschlechtern Oberschwabens, sondernl niüssen auch
eine kunstliebende und kunstnuSübende Fnnülie ge-
wesen sein. Auf ihrer Burg, von welcher längst
kein Stein mehr aus dem andern steht, wuchsen
dem Grafen Heinrich 1., Poppos Sohn, gegen das
Ende des 11,, bezw. um die Zeit des beginnenden
12. Jahrhunderts, drei blühende Töchter heran,
welche sich frühzeitig den Künsten der Weberei
und Stickerei widmeten und welche dann mit der
Zeit auf ferne slavische Throne kamen: Nichinza
wurde die Gemahlin des Herzogs Wtadislaw I.
von Böhmen (ch 1125); Salome ehelichte den
Herzog Boleslaw 111. von Polen (ft 1188)
und Sophie den Markgrafen Otto lll. von Mähren
(ft 1126, welch' letztere später als Witwe in das
Frauenklostcr zu Zwiefalten eintrat). Aus ihrer
schwäbischen Heimat brachten sie die Textilkunst
in die fernen Länder der ihnen angetranten Fürsten,
bethätigten dieselbe auch hier und förderten sic
ungemein durch Unterstützung und Beschäftigung.
Die Chronik von Zwiefalten erzählt, daß sie Kirchen-
fahnen, Dalmatiken, Chormäntel, Kasein, besonders
Pallen, mit denen bei Festlichkeiten der dem Volke
zugskehrte untere Teil des Altars geziert wurde,
anfertigen und an die Kirchen von Zwiefalten,
Prag und Olmütz verteilen liehen. Auch das bald
nach dem Mönchskloster entstandene, im 18. Jahr-
hundert wieder abgegangene Nonnenkloster in
Zwiefalten machte sich in der Textilkunst einen
Namen. Wir setzen die das Nähere darüber be-
sagenden Quellen aus dein bei Pertz, mouum
dermaniae, X, 108 et 101 abgedruckten ddronicon
/lvvikalten. hieher, zumal das Wenigste davon sich
in Holzherrs Geschichte von Zwiefalten re.
(S. 81) und in Sulgers annalss re. so gut wie
nichts darüber findet. „.... Vlaüislaus, ckux Iloe-
miae, cum uxore 8lia lkicbenea, kilia Ileirrici,
cnmitis a inonts, viginta pallia, ex serixo facta,
cleclft, äivecsis temparidus cliversa bona in pretio
triginta et eo ainplins martzas liadentia, üuic
loco (8L. /Xvilalten) transmisit: insuper scutsllam
arxentsam, ssptem marxas appenclentein, adbati
Ouäalrixo (dies war Abt Ulrich von Hirzbühl,
1005—1139) clono cleclit . . . . Loplria, soror
Xicltineas, clnxtrix Lloraviae cleäit unum vexil-
luin, clalmaticam akbain, cluockeciin pallia, sex
inarcas ar§enti aliague pecplara, capsam ednr.-
neam .... 3aIo me, altera soror Hickiin-
rae, nxor Iloleslai clucis lloloniae, (liuic mona-
sterio) stolam aaream, clnas albas ex seriyis
sactas, uryeuin ar^entenm, guatnor margas
appenclentem, ivlsit, scrinium ebarneum anro
insignitum, mantellum suuin rukeum acl cap-
pam anrikrisio ckecoratum, alium etiam man-
tellum acl casulam totum auro intextnm, magno'
aurolrisio tzircnmäatunr, inferius limbnm ru-
beum babentein secunclum morem gentis il-
lius anro instellatum. Dria clorsalia, nnum seriyo
lemlro circninclatnm, nnnm albis leonidns
plenum, unum rudeum aliis follis Plenum."
Von der genannten Herzogin Salome erzählt die
Chronik a. a. O. weiter, dah sie der Klosterkirche
zu Zwiefalten ein Dorsale, das ist einen kirch-
lichen Wandteppich, und eine Tapete, die ihrer
Größe wegen kaum zwei Pferde tragen konnten,
schenkte, sowie ein Usalterium magnnm auro con-
ücriptum. — Nicht bloß die kirchlichen Gewand-
slücke, die Posttcrgien in der Kirche, sondern auch

die Teppiche der Kirchenhallen und Zimmer,
Fahnen, die Kleider der Vornehmen u. s.-w.
wurden mit zierlichen, sinnreichen Bildern ver-
sehen, welche die Sticker und Weber entweder
selbst erfanden, oder nach den Zeichnungen tüch-
tiger Maler nusführte». So schenkte die Böhmin
Stebrana wohl eine Schülerin Salomes, nach
derselben Quelle, dem Kloster in Zw i efa ite n,
eine Wolltapete, in welche die Bilder des Welt-
heilandes und des Kaiser Karl d. Gr. eingewebt
waren, außerdem eine safrangelbe Casula „aus
jenem kostbarem Stoffe, den die Deutschen Sammet,
Samat nennen". Der Prager Bischof Mein-
hard, welcher um d. I. 1131 eine ihm vom
Kaiser von Byzanz geschenkte, schwarze, mit Gold-
stickereien bedeckte Cappa und zugleich ein in
Kreuzform gearbeites Religuiar (woran ein sieben
Unzen schweres Goldkettchen hing) in das ge-
nannte Kloster übersandte, legte demselben noch
drei goldgewirkte Stolen mit den dazu ge-
hörigen Fanonen bei (tÄnon subtilissimum seri-
geum velum vcrricgcUum). Auch von dem von
Zwiefalten aus reformierte» Benediktinerkloster
Kladrau in Böhmen, bezw. von dessen aus
Zwiefalten postuliertem Abt Wiziman kamen um
das zweite oder dritte Jahrzehnt des zwölften
Jahrhunderts eine kostbare gelbsammetene Kappe
mit zwei Mänteln nach Zwiefalten. Wie lange diese
Schätze in Zwiefalten, weiches überreich an ur-
alten Kirchenschätzen re. war, erhalten blieben,
ist nicht bekannt; auf der öffentlichen Bibliotheck
in Stuttgart soll eine Handschrift (Nr. 217) über
den früheren Kirchenschatz von Zwiefalten liegen,
welche vielleicht einiges zum vorliegenden Artikel
enthält. ' Ileclc.

B r i e f k a st e n.
Nach H. WaS meine „Privatansicht" in der
Mult sch er frage sei, und warum ich, nach-
dem ich vor Jahren scholl erstmals eine ander-
wärts wohl benützte, wenn auch nicht erwähnte
Zusammenstellung des freilich damals noch geringen
bibliographischen Materials über M. in diesen
Blättern gegeben, zu den neueren, zwar mehr oder
weniger in Wiederholungen sich ergehenden Ver-
öffentlichungen schweige rc., fragen Sie! Nun
— einiges Weitere zur Sache habe ich bereits
im „D.-A." XV. (1897), S. 116, 14S und 77
gegeben. Wie ich schon damals betont zu haben
glaube, ist der in Ulm um das Jahr 1127 in
das Bürgerrecht aufgenommene Bildhauer
und Meister des Kargschen Altarwerkes im Ulmer
Münster, Halls Mult sch er aus Reichenhsfen,
unzweifelhaft identisch mit dem gleichnamigen,
seiner Zeit durch Herrn Kustos Fisch naler
eruierten Künstler, welcher etwa 30 Jahre später
das hervorragende, im malerischen und plastischen
Teile ebenbürtige Altarwerk in die Stadtpfnrr-
kirche nach Sterzing geliefert hat. Nach allen
vorliegenden 'Nachrichten war M. bloß Bild-
hauer und nicht auch Maler und glaube
ich niemals aus einer ganzen Reihe von Grün-
den, die ich aber hier, um nicht längst Gesagtes
abermals wiederholen und die bereits unzähligen
Wiederholungen in dieser Frage nicht nochmals
vermehren zu müssen, nicht aufführen kann, an
eine solche Doppelkunst MultscherS. M. wird
 
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