meiner ersten Jugend, und verließ mich auch in
den finstern Mauern des Klosters nicht. Ihr
habe ich so manche heitere Stunde, selbst in den
mißlichsten Lagen meines Lebens, und zum Teile
die glückliche Wendung meines Schicksals zu ver-
danken. Vielleicht erzeige ich meinen Freunden
und Bekannten einen nicht ganz unangenehmen
Dienst, wenn ich mich entschließe, diejenigen von
meinen Gedichten, welche mehr als gewöhnlich
Anspruch auf ihre Nachsicht zu habe!, scheinen,
drucken zu lassen"". Das Werk soll mit dem
Anfänge des 1.1760 herauskommen, auf Schreib-
papier mit lateinischen Lettern gedruckt, und wo
möglich auch mit einem Titelkupfer geziert werden.
Der Preis für 1 Exemplar ist 1 fl. 30 kr. Dian
kann sich hier an mich (!) wenden". Letztere Be-
merkung laßt deutlich schließen, daß Schneider mit
Schubart wegen Herausgabe seiner Gedichte in
Verkehr gestanden hat. In seiner „Chronik"
>21. Stück, S. 173) vom 12. März 1760 kommt
Schubart auf Schneiders eben separat erschienene
herzliche „Elegie anden sterbendenKaiscr
Joseph II.", eines der besten Gedichte Schnei-
ders, zu sprechen und führt einige von den im
ganzen 16 Strophen daraus zur Probe an:
„Ach! so war noch diese Wunde
Vor der bangen Todesstunde,
Dulder Joseph, Dir bestimmt?
Brechend muß Dein Aug' noch sehen
Auch den letzten Stern vergehen,
Der für Dich am Himmel stimmt?
Mögen ihren Fritz die Brennen
Groß durch Geist und'Thnten nennen;
Auch durchs Glück war's Fried cri ch:
Aber nie hat Dir's gekachelt,
Nie sein Zephyr Dich gefächelt,
Deine Größe war Dein Ich.
Schlußstrophe:
Gibt's für Dich noch einen Kummer?
Nein; so schlaf den Todesschlummer,
Schlaf' ihn sanft und sonder Schmerz:
Schlaf' Du ärmster aller Großen!
Denn die Schal' ist nusgegossen.
Ausgeblutet hat Dein Herz."
Joseph II. war Schneiders wie Schubarts
Ideal; Schneider wurde auch die hohe Ehre zu
teil, zur Totenfeier des -s Kaisers beim Reichs-
kaminergericht nach Wetzlar berufen zu werden,
woselbst er dann eine glänzende, hernach im Druck
erschienene Trauerrede hielt. — In der 1. Aus-
gabe seiner Gedichte (Frankfurt a. M., in Kom-
mission der Andräischen Buchhandlung, 1760;
XXXIl und 371 SS.) ist diese Elegie nicht ent-
halten; ob sie sich in den folgenden, der 2. von
179?, der 3. (ebendas. 1768; XII und 164 SS ),
der 4. (ebendas. 1801; XII und 163 SS.) und in
der 5. von, 1.1812 findet, ist mir nicht bekannt.')
Im 38. Stück der „Chronik" vom SO. April
1790 (S. 304) sind dann die Gedichte Schneiders
wirklich, wie folgt, angezeigt: „Schneider in Bonn
hat nun seine Gedichte herausgegeben und die
') Verschiedene Gedichte Schneiders find nicht in dessen
Gedichtsammlung ausgenommen, so u. a. die gleichfalls
isstrophige „SimoneauS Totenfeier", bczw. besser weage-
bliebcn, wie das berüchtigte posthume „Guckkastenlied"! —
Eine Neuanslage soll in AnSsicht suchen.
Ehre gehabt, daß seine Feinde ein Sanhedrin
versammelten, um das Verfängliche und Verdamm-
liche darin mit Inquisition strenge aufzusuchcn,
aber Maximilian (d. i. der damalige Kurfürst-
Erzbischof von Köln, Erzherzog Maximilian Franz
v. Oesterreich, Bruder des Kaisers Joseph) denkt
zu groß, als daß er einen Manu von Kopf
und Herz preisgeben sollte". Das 48. Stück
vom Dienstag, 8 Juni (S. 392) meldet: „Schnei-
der hat über seinen Feind Gareis') durch die
- Weisheit seines Fürsten gesiegt. Doch wurde
ihn, größere Behutsamkeit und Bescheidenheit
angeraten". Das 68. Stück vom Dienstag, den
20. Juli, <S. 602) enthält folgende Aeußc-
rung über die Gedichte: „Schneiders Gedichte
sind von einem Teile dos Publikums gar gut
ausgenommen worden, weil man wirkliche Dichter-
aulago, fließende Vcrsikation, gute Gedanken und
meist untadelhafte Gesinnungen in selbigen fand.
Ein anderer Teil des Publikums schrie ohne
Untersuchung das Anathema über selbe, und ein
dritter Teil glaubte doch zu viel Ausfälle auf die
vormalige Lage des Verfassers, auf Mönche und
Klöster darin zu finden, auch nicht selten einen
gewissen leichtfertigen Ton, der dem Ernste seines
Amtes nicht gemäß zu sein scheint. Für letztere
Sünde hat ihn ein Zelot, Namens Elsken ^) jäm-
merlich geknutet. Er spricht von dem guten Schn,
in einer gar erbaulichen Sprache folgendermaßen:
.... Oralnlnmur vobis Zcbnsiclsrum (er redet
nämlich Bonn und die dortigen Kreise an), mt
is Zsloria. vestr-e! Ille praeceplor nmoris, scurrn
ills, ille reli-stonis et snuctorum covlemptoi!
Ille nulla amplias pui^nbilis Kbz-ptusa, ille ipso
scelere sceleratior — Obbeslla! ob Monstrum!
Ob Lriape, epm« te porro calbolicm fsrat terra?
Tu sncercios? Tu tilius Itelial, tu spuruu Vene-
ris, tu porcus, laurus, cairis re. (Wir wünschen
Euch Glück zu Euerem Schneider! Er mag Euer
Ruhm sein, dieser Lehrmeister der Minne! Dieser
Hanswurst! Dieser Schmäher der Religion und
Heiligen! Dieser, den keine Wurz mehr heilt!
Dieser Schandengast! — Oh Bestie, oh Unthier!
Oh Schweinpelz, welches katholische Land wird
Dich ferner tragen? Du ein Priester?! Ein
Teufelskind bist Du, ein Venusabschaum, ein
Schwein, ein Vieh, ein Hund! Welche Dreschcr-
sprache in unfern Zeiten !")
Es sind, nebenbei bemerkt, dieselben Epitheta,
welche in der Sonntagsbeilage der „Schwab.
Chronik" Nr. 84 vom 11.April 1896 (S.731) „Eul.
Schneider in Stuttgart" dem ?. Firmin Vleib-
I im Haus, O. Ölst., welcher neben Schneider Hof-
prediger in Stuttgart war, in den Mund gelegt
werden. Zahlreich sind die Nachrichten über
Schneider, bezw. dessen neuen Wirkungskreis im
Elsaß in der Chronik von 1761, dem letzten Lebens-
jahr Schubarts und seiner Zeitschrift. So ent-
'1 Katholischer Theologe in Köln oder Bonn,
ch Der Verfasser dieses lateinischen PasgnilleS aus Schnei-
der ist der Düsseldorfer Pfarrer Auth, pseudon. van den
Elsten, vielleicht auch des in, Jahre l701 ebendaselbst er-
schienenen „Gespräch eines NeserendarinS, CanicrarinS und
Landdechants über den sogenannten katholischen Unterricht
in den allgemeinsten Grundsätzen des praktischen Christen-
tums von Eulogius Schneider, Professor zu Bonn". Näheres
über Auth siehe bei Ennen, Zeitbilder ans der neuere»
Geschichte der Stadt Köln, spez. S. s>S8 sf.
den finstern Mauern des Klosters nicht. Ihr
habe ich so manche heitere Stunde, selbst in den
mißlichsten Lagen meines Lebens, und zum Teile
die glückliche Wendung meines Schicksals zu ver-
danken. Vielleicht erzeige ich meinen Freunden
und Bekannten einen nicht ganz unangenehmen
Dienst, wenn ich mich entschließe, diejenigen von
meinen Gedichten, welche mehr als gewöhnlich
Anspruch auf ihre Nachsicht zu habe!, scheinen,
drucken zu lassen"". Das Werk soll mit dem
Anfänge des 1.1760 herauskommen, auf Schreib-
papier mit lateinischen Lettern gedruckt, und wo
möglich auch mit einem Titelkupfer geziert werden.
Der Preis für 1 Exemplar ist 1 fl. 30 kr. Dian
kann sich hier an mich (!) wenden". Letztere Be-
merkung laßt deutlich schließen, daß Schneider mit
Schubart wegen Herausgabe seiner Gedichte in
Verkehr gestanden hat. In seiner „Chronik"
>21. Stück, S. 173) vom 12. März 1760 kommt
Schubart auf Schneiders eben separat erschienene
herzliche „Elegie anden sterbendenKaiscr
Joseph II.", eines der besten Gedichte Schnei-
ders, zu sprechen und führt einige von den im
ganzen 16 Strophen daraus zur Probe an:
„Ach! so war noch diese Wunde
Vor der bangen Todesstunde,
Dulder Joseph, Dir bestimmt?
Brechend muß Dein Aug' noch sehen
Auch den letzten Stern vergehen,
Der für Dich am Himmel stimmt?
Mögen ihren Fritz die Brennen
Groß durch Geist und'Thnten nennen;
Auch durchs Glück war's Fried cri ch:
Aber nie hat Dir's gekachelt,
Nie sein Zephyr Dich gefächelt,
Deine Größe war Dein Ich.
Schlußstrophe:
Gibt's für Dich noch einen Kummer?
Nein; so schlaf den Todesschlummer,
Schlaf' ihn sanft und sonder Schmerz:
Schlaf' Du ärmster aller Großen!
Denn die Schal' ist nusgegossen.
Ausgeblutet hat Dein Herz."
Joseph II. war Schneiders wie Schubarts
Ideal; Schneider wurde auch die hohe Ehre zu
teil, zur Totenfeier des -s Kaisers beim Reichs-
kaminergericht nach Wetzlar berufen zu werden,
woselbst er dann eine glänzende, hernach im Druck
erschienene Trauerrede hielt. — In der 1. Aus-
gabe seiner Gedichte (Frankfurt a. M., in Kom-
mission der Andräischen Buchhandlung, 1760;
XXXIl und 371 SS.) ist diese Elegie nicht ent-
halten; ob sie sich in den folgenden, der 2. von
179?, der 3. (ebendas. 1768; XII und 164 SS ),
der 4. (ebendas. 1801; XII und 163 SS.) und in
der 5. von, 1.1812 findet, ist mir nicht bekannt.')
Im 38. Stück der „Chronik" vom SO. April
1790 (S. 304) sind dann die Gedichte Schneiders
wirklich, wie folgt, angezeigt: „Schneider in Bonn
hat nun seine Gedichte herausgegeben und die
') Verschiedene Gedichte Schneiders find nicht in dessen
Gedichtsammlung ausgenommen, so u. a. die gleichfalls
isstrophige „SimoneauS Totenfeier", bczw. besser weage-
bliebcn, wie das berüchtigte posthume „Guckkastenlied"! —
Eine Neuanslage soll in AnSsicht suchen.
Ehre gehabt, daß seine Feinde ein Sanhedrin
versammelten, um das Verfängliche und Verdamm-
liche darin mit Inquisition strenge aufzusuchcn,
aber Maximilian (d. i. der damalige Kurfürst-
Erzbischof von Köln, Erzherzog Maximilian Franz
v. Oesterreich, Bruder des Kaisers Joseph) denkt
zu groß, als daß er einen Manu von Kopf
und Herz preisgeben sollte". Das 48. Stück
vom Dienstag, 8 Juni (S. 392) meldet: „Schnei-
der hat über seinen Feind Gareis') durch die
- Weisheit seines Fürsten gesiegt. Doch wurde
ihn, größere Behutsamkeit und Bescheidenheit
angeraten". Das 68. Stück vom Dienstag, den
20. Juli, <S. 602) enthält folgende Aeußc-
rung über die Gedichte: „Schneiders Gedichte
sind von einem Teile dos Publikums gar gut
ausgenommen worden, weil man wirkliche Dichter-
aulago, fließende Vcrsikation, gute Gedanken und
meist untadelhafte Gesinnungen in selbigen fand.
Ein anderer Teil des Publikums schrie ohne
Untersuchung das Anathema über selbe, und ein
dritter Teil glaubte doch zu viel Ausfälle auf die
vormalige Lage des Verfassers, auf Mönche und
Klöster darin zu finden, auch nicht selten einen
gewissen leichtfertigen Ton, der dem Ernste seines
Amtes nicht gemäß zu sein scheint. Für letztere
Sünde hat ihn ein Zelot, Namens Elsken ^) jäm-
merlich geknutet. Er spricht von dem guten Schn,
in einer gar erbaulichen Sprache folgendermaßen:
.... Oralnlnmur vobis Zcbnsiclsrum (er redet
nämlich Bonn und die dortigen Kreise an), mt
is Zsloria. vestr-e! Ille praeceplor nmoris, scurrn
ills, ille reli-stonis et snuctorum covlemptoi!
Ille nulla amplias pui^nbilis Kbz-ptusa, ille ipso
scelere sceleratior — Obbeslla! ob Monstrum!
Ob Lriape, epm« te porro calbolicm fsrat terra?
Tu sncercios? Tu tilius Itelial, tu spuruu Vene-
ris, tu porcus, laurus, cairis re. (Wir wünschen
Euch Glück zu Euerem Schneider! Er mag Euer
Ruhm sein, dieser Lehrmeister der Minne! Dieser
Hanswurst! Dieser Schmäher der Religion und
Heiligen! Dieser, den keine Wurz mehr heilt!
Dieser Schandengast! — Oh Bestie, oh Unthier!
Oh Schweinpelz, welches katholische Land wird
Dich ferner tragen? Du ein Priester?! Ein
Teufelskind bist Du, ein Venusabschaum, ein
Schwein, ein Vieh, ein Hund! Welche Dreschcr-
sprache in unfern Zeiten !")
Es sind, nebenbei bemerkt, dieselben Epitheta,
welche in der Sonntagsbeilage der „Schwab.
Chronik" Nr. 84 vom 11.April 1896 (S.731) „Eul.
Schneider in Stuttgart" dem ?. Firmin Vleib-
I im Haus, O. Ölst., welcher neben Schneider Hof-
prediger in Stuttgart war, in den Mund gelegt
werden. Zahlreich sind die Nachrichten über
Schneider, bezw. dessen neuen Wirkungskreis im
Elsaß in der Chronik von 1761, dem letzten Lebens-
jahr Schubarts und seiner Zeitschrift. So ent-
'1 Katholischer Theologe in Köln oder Bonn,
ch Der Verfasser dieses lateinischen PasgnilleS aus Schnei-
der ist der Düsseldorfer Pfarrer Auth, pseudon. van den
Elsten, vielleicht auch des in, Jahre l701 ebendaselbst er-
schienenen „Gespräch eines NeserendarinS, CanicrarinS und
Landdechants über den sogenannten katholischen Unterricht
in den allgemeinsten Grundsätzen des praktischen Christen-
tums von Eulogius Schneider, Professor zu Bonn". Näheres
über Auth siehe bei Ennen, Zeitbilder ans der neuere»
Geschichte der Stadt Köln, spez. S. s>S8 sf.