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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 18.1900

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Der Tod des Herzogs Karl Alexander von Württemberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15870#0101

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94

hauptetcu Fürstenmord wohl schwerlich je
malü erbringen lassen werde. Wed er-
den — zudem in einzelnen Parlien an
sich schon eigentümlichen — Sektions
bericht noch die Na ab sche Schil
derung können wir als einen absoluten
Beweis für einen natürlichen Tod
des Herzogs und den A u s s ch l u ß eines
n n n a tür lich en Hingan g e s, insonder-
heit für die Unmöglichkeit einer
Vergiftung ansehen. Soll man an Sek-
tionsberichte ic., nicht etwa ans der Türkei,
sondern näherher von »eueren Daten und Ka-
tastrophen erinnern?! —In „Büchern",
in welche die „Sage" von der Ermordung
des Herzogs aus der Volksüberliefcrung
übergegangen sein soll, ist wenig ode>
gar nichts darüber zu finden. Dü
meisten württembergischen Schriftsteller,
wenn sie überhaupt etwas von der Sache
erwähnen, drücken sich in der Weise um
dieselbe herum, „daß im Lande allerhand
Gerüchte über seine TodeSart umgingen".
Die Historiker K. A. Menzel, Schloßer
(2. Auflage), auch Bülau, der etwas
eingehender über Karl Alexander handelt,
kennen das Gerücht nicht und berühren es
nicht einmal, worüber man denken kan»,
was man will. Nicht einmal Vehse, der
sich sonst nicht leicht etwas Derartiges ent-
gehen ließ, bringt die „Sage" über den
angeblichen Meuchelmord am Herzog; er
erzählt bloß, wie sich „selbst unter den
höheren Ständen bis auf den heutigen Tag
unter dem eifrig protestantischen Volke der
anfangs, wie es scheint, mit Vorbedacht
unterstützte und möglichst verbreitete Glaube
erhalten habe, der Herzog sei vom Teufel
geholt worden re." Die katholischen Ge-
schichtsschreiber Annegarn, Cantn-Fehr,
Holzwarth, Spvrschil, Weiß w. schweigen
sich ganz darüber aus. Auf eine Ausbeute
aus dem Kgl. Haus- und Staatsarchiv in
Bezug aus diese Frage haben wir nie be-
sondere Hoffnungen gehegt; noch so manches
Schloßgeheimnis ist weder in den
Archiven noch in der Geschichte verewigt,
klm so zäher und lebendiger hatte sich das
Gerücht von der Ermordung des Herzogs
dem Mund und Sinne des Volkes bis auf
den heutigen Tag eingeprägt; und Volks-
stimme ist manchmal (die Historiker un-
gefragt!) Gottesstimme! Noch vor cirka
vierzig bis fünfzig Jahren konnte man,

wofür eventuell Zeugen gestellt werde»
können, in einer fast ausschließlich Prote-
stantischen Gegend Württembergs die Leute
sagen hören, „den Herzog habe man ein-
fach nmgebracht, weil er habe das Land
katholisch machen wollen". Letzteres, näm-
lich der Herzog habe es katholisch machen
wollen, hat das Volk seiner Zeit steif und fest
geglaubt, weil es ihm vorgemacht, verhetzt
und aufgeregt war. Ganz unrichtig ist,
daß diese „lächerliche" Rede vom Um-
bringen und Katholischmachenwollen von
den „Feinden" (das wären die Katho-
lischen) ans ge gangen ist, sondern
sie hatte, wie das andere nebenher
gehende Gerücht, vom durch den Teufel
geholt werden, Protestanten zu Ur-
hebern, welche sich zum Teil damit sogar
brüsteten und groß machten ! Die wenigen
Katholiken im Lande hielten aus leicht
begreiflichen Gründen an sich, und die
Katholiken „im Reich draußen" mit ihrer
Ansicht gleichfalls zurück. Die Behaup-
tung, der Herzog habe das Land
kath oli s ch ma ch en w o llen, ist übrigens
rechtlich so unerwiesen wie die andere von
dem an ihm verübten Giftmord. Historiker
von Ruf, wie K. A. Menzel (in seiner
„Neueren Geschichte der Deutschen von
cer Reformation" rc. X S. 223, 226, 227),
nehmen den Nachweis für ein katho-,
lisch es Komplott und für „ein ver-
brecherisches Beginnen des Herzogs(!)", wie
es von einigen württembergischen Ge-
schichtschreibern, so auch von Neinh. K ö st-
lin (in der Festschrift: „König Wil-
helm I." ic., Stuttgart bei Brodhag, 1839),
namentlich an der Hand einiger ans dem
Zusammenhang gerissener, zu einem Be-
weise entfernt nicht ausreichender Skrip-
turen des Fürstbischöflich Würzburgschen
Geheimrats Fichtel, geltend gemacht
werden will, nicht für erbracht an;
Schloß er nimmt nicht einmal von der
Komplott-Sage Notiz. Württembergischer-
seits muß selbst K. Pfaff in seiner
Geschichte Württembergs (Nentlingen bei
Mäcken, II. Seite 415) zugeben, wie
es nicht zu leugnen sei, daß noch viel
Dunkelheit in der Sache herrsche! Die
nichtwürttembergischen Historiker, die in
dieser Frage noch am weitesten gehen,
halten daö angebliche katholische Komplott
noch lange nicht für hinlänglich aufgeklärt
 
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