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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 18.1900

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Zeidler, Jakob: Aus dem Schul- und Theaterleben in Ottenbeuren
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https://doi.org/10.11588/diglit.15870#0142

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135

holt und abermals wiederholt wurden,
erwarben sich vorzüglich den höchsten
und ungeteiltesten Beifall." Der siebente
Tag der Festwoche brachte der Ge-
sellschaft einen anserlesenen Genuß, in-
dem der Chorherr Sebastian Sailer ans
dem Prämonstratenserstifte Marchthal
„sein äußerst launiges Gedicht
„Adam oder die Schöpfung" be-
titelt", vortrng, und „als Verfasser
und Kompositeur zugleich mit
einer Violine ebenso possierlich
begleitete". Das Werk Sailers fand
weite Verbreitung, und die Neigung zur
Anwendung des heimischen Dialektes ge-
hört mit zu den Eigentümlichkeiten des
Klosterdramas. Dadurch gewann diese
Gattung wieder Wechselwirkung mit Baueru-
Nnd Bürgerstücken, deren zahlreiche ganz
in der Weise der Dramen der Kloster-
herren abgefaßt wurden. Der Schluß des
Singspieles lautet gemütlich:
,,Jez haunt ihr a Comaidi g'sea
Wie d'Erbsnnd ans der Welt sey g'schea."H
Der Chorherr Sebastian Sailer ge-
hört bekanntlich zu den vorzüglichsten
schwäbischen Dialekldichtern und verdient
die Nenansgabe, welche seine Gedichte vor
nicht langer Zeit erfahren haben, voll-
kommen. Sein Stift Marchthal zeich-
nete sich wie Otteubeuren durch eifrige
Pflege von Musik und Theater ans, und
Sailer fand häufig Gelegenheit, seine
Kunst als Dichter, Komponist und Thealer-
iNann zu üben. Als Maria Antoinette
auf ihrer unseligen Brautfahrt nach Frank-
reich im Kloster Marchthal übernachtete,
wurde vor ihr ein Singspiel Sailers:
„Beste Gesinnungen schwäbischer
Herze»" anfgeführt. (Die Litteratur
über S. siehe in der „Württ. Bibliographie"
II S. 579 und „D.-A." XV S. 1 ff.
und 45 ff., XVIII S. 112.)
Bald nach der tausendjährigen Jubel-
feier von Otteubeureu starb Abt Anselm
und ihm folgte der vorletzte Abt Honorat
Göhl (1767—1802). Wie sehr man da-
mals im Kloster Musik pflegte, ist aus des
bekannten Volksschriftstcllers Ludwig A ner -
b a ch erö, der seine Jugend in Ottenbeuren
zubrachte und nach dessen Aufhebung noch eine
') Vergl. Nagt und Zeidler, l. c. Seite
683, 718 u. f.

Zeit lang Novize in Wiblingen war, An-
gaben zu ersehen. Er sagt: „Nebst der
religiösen und wissenschaftlichen Bildung
wurden wir auch fleißig und gründlich in
der Musik geübt. Der Stiftschvr war in
den Singpartien reichlich besetzt, in den
Instrumenten genügend ausgestattet. Die
besten Kirchenmusiken wurden von allen
Seiten her verschrieben ; der Konvent selbst
hatte früher und noch damals treffliche
Tonsetzer. Insbesondere aber sorgte der
Abt (Honoral), ein Freund der alten
Kirchenmusik, für italienische Meisterwerke
im Kontrapunkt, die dann an hohen Fest-
tagen von 40—50 Sängern in dem pracht-
vollen Tempel mit aller Kraft und Prä-
zision ausgeführt wurden. Theodor
Klarer, Tonsetzer und Organist, leitete
den Chor und verstand jung und alt durch
seine Sanftmut und Liebenswürdigkeit für
die Musik einzunehmen und zu gleichem
Eifer anzutreibeu." In dem Stundenplan
der Klosterschule von Ottenbeuren war
damals täglich von halb 1 bis 2 Uhr
Musikunterricht angesetzt und nachmittags
von 4—6 Uhr Nekreation und musika-
lische und litter arische Nepeütion.
Talente hatte man für jede Kunstübung
hinreichend: denn die Anstalt zählte da-
mals mehr als 200 Studenten. Auch die
nötige ökonomische Grundlage war vor-
handen, denn: nach U. SchieggS Be-
rechnung beliefen sich die jährlichen Ein-
künfte des Stiftes, dessen Gebiet 4?/4 Quad-
ratmeilen mit 1636 Wohnhäusern und
20 000 Seelen umfaßte, auf 130 000 sl.
Als Komponist wirkte damals ?. Franz
Schnitzer (geb. zu Wurzach 13. Dezember
1740, gest. 9. Mai 1785). Er änderte
die Antiphonen des einstimmigen Chores
in vierstimmige Kirchengesänge, welche unter
dem Titel: „CLirtu8iVlonas1eriiOtten1>uralri
pro lestis A processionibis consnekis 4O"
zu Ottenbeuren 1784 erschienen. Sechs
Sonaten dieses Komponisten gab der Otten-
benrer k. Schiegg 1773 in Kupferstich
heraus, versehen mit einer italienischen Zu-
eignungsschrift an Abt Honorat, verfaßt
von ?. Augustin Bayrhamer. Neben
anderen Stücken schrieb Schnitzer noch
die Musik zu beiläufig 15 Theaterstücken,
welche mit vielem Beifall aufgeführt wur-
den. Ihre Titel lauten nach Lindner:
ki'olis im^ucUce prius, postlisc ssrio posriitsu-
 
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