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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 18.1900

DOI Artikel:
Mone, Fridegar: Kritik der Wappen der Minnesinger aus Schwaben, [34]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15870#0196

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189

dcs Pseudo-W olfram v o n E s ch enba ch
(Konrad Walko oder Walk von Kon-
stanz), des Rudolf von Offen bürg,
des Möhrin gers und des Marners
von Ulm kann aber ans mehreren Grün-
den nicht umgangen werden, weil von
einer solchen kritischen Untersuchung die Be-
antwortung der Frage abhängt, ob Hein-
rich von Klingenberg der Verfasser des
Wartburgkriegs und der Urheber des
Manesse Codex sei. Schließlich wird auch
dadurch ein richtiges Urteil über diese be-
rühmte Liederhandschrift ermöglicht.
Ob Heinrich von Oflerdingen oder der
Osterdinger unter einem anderen Namen
im Manesse Codex aufgeführt werde, hat
man auch untersucht, ohne zu einem
sicheren Ergebnis zu gelangen. Mehr
darf man sich davon versprechen, wenn die
kritische Untersuchung dahin ausgedehnt
wird, welcher Dichterling unter dem Ueber-
nameii Heinrich von Ofterdingen gemeint sei.
Wilhelm Scherer in seiner Geschichte
der deutschen Litteratur (fünfte Auflage)
S. 196 sagt sehr kurz: „Heinrich von
Ofterdingen ein unbekannter Poet". Diese
kurze und doch vielsagende Aeußerung
steht zu den zahlreichen Vermutungen über
die Heimat, das Wappen, die Lebenszeit,
den Namen, die Begabung und die
Person dieses Dichters, der so renommiert
war, daß er im Wettkampf dem Wolfram
von Eschenbach gegenübergeslellt wurde,
in einem unbegreiflichen Kontrast. Ueber
einen so begabten Dichter soll man in
ganz Deutschland bezüglich seiner Geburt,
Heimat und sein Leben gar nichts ge-
wußt haben? Da der Manesse Codex
denselben nicht nennt, ebensowenig wie den
Rudolf von Offenbnrg, und da auch kein
Wappen des Ofterdingers vorliegt, so
scheint eS, daß der wirkliche Namen jenes
Poeten sonst niemanden bekannt gewesen
ist, als dem Dichterling selbst, welcher
den Sängerkrieg auf der Wartburg um
1290—1300 komponiert d. h. erfunden
hat. Dieser Dichter ist aber unzweifelhaft
der Konstanzer Bischof Heinrich von
Klingenberg, von welchem die Idee zur
Maiiesseschen Liederhandschrift ausging.
Wegen des Mangels eines Wappens des
Ofteldingers scheint bei der Kritik über
die Person jenes Dichters gar kein An-
haltspunkt für weitere Forschung gegeben

zu sein. Auffallend ist es, daß beim
„Kanzler" das Wappen ebenfalls fehlt
und daß jener fabelhafte Dichter, der
Klinsebor oder Klingsor, welcher im Ma-
nesse Codex (Nr. 72) genannt wird, auch
kein Wappen hat. Dieser Umstand führte
zu der Vermutung, daß der Heinrich von
Ofterdingen eine fingierte Persönlichkeit
bürgerlichen Standes sei. Ohne der kri-
tischen Untersuchung vorzugreifen, glaube
ich, daß es gar nicht schwierig ist, nach-
znweise», daß der Dichter Heinrich von
Ofterdingen kein anderer ist als Heinrich
von Herter-Dußlingen, Pfarrer in Ofter-
dingen und Dekan des Landkapitels Ofter-
dingen im Oberamt Rotten bürg bei Tübingen.
Dieser adelige Herr war, wie sein Bruder
oder Vetter Ritter Friedrich Herter-
Dußlingen, der sich 1267 auf seinem Siegel
mit dem Herterscben Wappen pnstor cle
OuMlm§elr nennt, allgemein unter dem
Namen clecmnus cle OlterclinAeu von
1266—1294 bekannt. Seinen Familien-
namen Herter von Dußlingen hat man
damals ganz ignoriert oder als bekannt
vorausgesetzt. S. Mone, Zeitschrift für
die Geschichte des Oberrheinö 3. S. 210.
Die Familie Heiter hatte ihre Begräbnis-
stätte in der Stiftskirche zu Tübingen, wo
»och jetzt mehrere Totenschilde und ein
Staminbaum in der Vorhalle aufgehängt
sind. Ihr Wappen ist ein rot und weiß
geteilter Schild. Nach den Bebenhauser
Urkunden kann man nicht bezweifeln, daß
die Herren von Herter im 13. Jahrhundert
Vögte des genanten Klosters waren.
Im Uber Uecimakionm von 1275 heißt
es: in ciecnnutu OkltertinAen und ebenso
lautet der Name des PfarrdorfeS, dessen
Pfründeeinkommeii 1275 nur zwanzig Pfd.
Heller (686 Mark NeichSwährung) be-
tragen hat. Wegen dieses geringen Erträg-
nisses der genannten Pfründe scheint es
kaum glaublich, daß Heinrich Herter von
Dußlingen, Pfarrer in Ofterdingen gewesen
sei. Er wird sich, glaubt mau, eine reichere
Pfarrei des Landkapitels Ofterdingen heraus-
gesnckt haben. Zum Dekan des Nural-
kapitels konnte er auch in absenkia gewählt
werden, wen» er nur die niederen Weihen
halte. Zur Zeit dcs Heinrich von Klingen-
§erg war der Sitz des Dekanes jenes
Landkapitels in Ofterdingen später in
i Gomaringen und in Hechingeu und zuletzt
 
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