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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 19.1901

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Schilling, A.: Aus einer Ulmer Chronik
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Litterarisches
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127

IV.
Den 8. Februar 1759 hat ein Soldat des
Regiments Baden-Durlach von Biberach sollen
arkebusiert werden, er war katholischer Religion.
So hat sich zugetragen weil allbereits ein Kreis-
konvent allhier war, so wollte der kaiserliche Herr
Minister von Ramschwag wie auch alle katho-
lischen Stände, man solle den Malefikanten von
zwei katholischen Pfaffen hinansführen lassen,
es hat aber E. E. Rat solches nicht gethan
und haben solches an den Herrn General als
Prinzen von Durlach bericht' (der Malefikant
mußte bis den 26. warten), und haben Jhro
Durchlaucht befohlen, man solle ihme lieber das
Leben schenken, als solches zu thun, wie auch
geschehen, er darvon 30mal müssen Gassen lausen
und sein Kamerad 16mal. Der erste ist dreimal
dnrchgegangen und war dazu ein Dieb, den
zweiten hat er dazu verführt. Dem ersten hat
man die Montur ausgezogen und hinweggejagt,
den zweiten hat inan wieder angenommen. Es
hätte ein großes Aufsehen allhier gemacht, wann
der Prinz nicht mit seinen: Ausspruch geholfen
hatte.
V.
Den 8. Dezember 1777 ist ein Kommando von
40 Mann des Morgens früh um 4 Uhr ganz
heimlich nach Weidach, eine Viertelstunde von
Bötlingen, deutschherrische Unterthanen, H und
mit den: Kommando sein auch viele Maurer,
Zimmerlent, wie auch zwei Spitalwägen mit
Leitern und Hacken abgeschickt worden, es sein
auch in der ganzen Revier alle Jäger und Streifer
beordert worden, dahin zu kommen. Die Ursache
war: es haben die Weidacher eine Kirch vor
2 Jahren angefangen allda zu bauen, und ist
ihnen von Seiten Ulm verboten worden, solches
zu thun, weilen sie auf Ulmischen Grund und
Boden gebaut haben, die Weidacher aber solches >
nicht geachtet, sondern mit ihrem Bau fortgemacht.
Es ist ihnen von dem Bermaringer Amtmann !
öfters gesagt worden, das Bauen bleiben zu !
lassen, sie haben aber den Beamten nur mit
spöttischen Worten abgewiesen. So ist demselben
von Seiten Ulm aus der Befehl gegeben worden,
die Kirchenthür und was eine Oeffnung gehabt,
zuzumauren. Wie der Amtmann solches thun
wollte, so haben sich die Bauren darwider gesetzt
und von solcher Verrichtung abgetrieben. Solches
hat nun der Amtmann anhero bericht, und ist
beschlossen worden, wie oben gemeldt, ein stilles
Kommando dahin abzuschicken, wie auch geschehen.
Man hat sogleich das Dach abgedeckt und alle
Sparren wie auch alles innere Gebälk heraus-
genommen und solches nach Bermaringen geführt,
das Mauerwerk hat man stehen lassen, daß sich
aber die Bauren zum Abbrechen darwider nicht
könnten, so hat man vor ein jedes Baurenhaus
ein Soldaten gestellt, und Befehl gegeben, wann
ein Baur aus seinen: Haus gehen wollte, so soll
man ihn warnen, hinein zu gehen oder er be-

H In Weidach hatte die Deutschordenskommende
Ulm 6, der Freiherr von Bernhausen 4, das
Kloster Söslingen 2 und die von Krafft 1 Unter-
thanen, die hohe und forstliche Obrigkeit aber
hatte die Reichsstadt Ulm.

> komme ein Kugel vor den Kopf, es hat sich aber
im ganzen Weiler niemand darwider gesetzt, und
die Bauren haben den Soldaten, wie auch Maurer
und Zimmerleute Speis und Trank geben müssen,
was nun weiter darauf erfolgen wird, wird sich
zeigen. H
Bothnang bei Stuttgart. A. Schilling.

Uitterarisches.
Mayer, Rektor Otto, Geistiges Leben
in der Reichsstadt Eßlingen vor der Refor-
mation der Stadt. Eine knlturgeschicht-
liche Studie. Erweiterter Sonderabdrnck
aus: „Wnrtt. Vierteljahrshefte für Landes-
gescküchte". Stuttgart, W. Kohlhammer.
1900. XVI und 114 S. 8". M. 1.60.
Die Erweiterung des schon mehrfach zur Sprache
gebrachten Aufsatzes besteht ii: einer einleitenden
! Schilderung des „Bildes unserer Stadt, wie
^ sie einst war, ihrer äußeren Geschichte und ihres
^ inneren Lebens in leichten Umrissen" (S. XVI)
und in dem Abschnitt VI, der einen Neudruck und
eine fließende Uebersetzung des nach Humanisten-
art allzu mythologisierend und bombastisch aus-
gefallenen st88slil,§ae Uncomlon des Joh. Moli-
torius von 1522 nebst den nötigen Erläuterungen
bietet. Kann der Verfasser Abschnitt I auf Grund
des vorhandenen Handschriftenmaterials ein er-
freuliches Erwachen der wissenschaftlichen Studien
im XV. Jahrhundert konstatieren, so führt uns
Abschnitt ll die ersten Humanisten in Eßlingen
vor: Nikolaus v. Wyle und Heinr. Steinhöwel.
Ersterer wird besonders gewürdigt als Stadt-
schreiber, Uebersetzer und Schulmeister: Stellungen,
die seinem Einfluß den weitesten Spielraum
boten. In Abschnitt III schließt sich an die sta-
tistischen Ausführungen über den Besuch von
Hochschulen und an die biographischen Notizen
über einzelne berühmte Söhne der alten Reichs-
stadt wie Joh. und Ulrich Kridwiß, Konrad und
Bernhard Schöfferlin, Böschenftein, Stisel u. a.
eine Besprechung der dortigen mittelalterlichen
Schulverhältnifse an. Abschnitt IV ist gewidmet
den regen Bestrebungen in Wissen und Kunst
sowie den sittlich-religiösen Verhältnissen Eß-
lingens um 1500. In Abschnitt V endlich verneh-
men wir wieder Stimmen aus der Bibliothek der
Stadt: diesmal gelten sie der anbrechenden und
bereits angebrochenen Kirchenspaltung. Dieser
Versuch, die kulturellen Verhältnisse einer ein-
zelnen Stadt in: Zusammenhang darzustellen,
verdient Nachahmung, wem: das Bild nur auf
Grund von Thatsachen und nicht nach vorgefassten
Meinungen gezeichnet wird. Leider hat der Ver-
fasser versäumt, hinsichtlich der zuerst in: „Jps",
dann in: „D. Volksblatt" 1901, 15. Januar,
Bl. II, mit vollen: Rechte scharf gerügten An-
griffe auf katholische Lehren und Institutionen
H Weidach hat eine in: Jahre 1782 unter
großem Kamps mit der Stadt Ulm von der
Gemeinde neu erbaute Kapelle zun: hl. Wendelin,
die jedoch ohne Stiftung und ohne öffentlichen
Gottesdienst ist. Oberamtsbeschreibnng von B
beuren 165.
 
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