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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 20.1902

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Beck, Paul A.: Die Bedeutung der Kunstkataloge
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https://doi.org/10.11588/diglit.18298#0119
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111 —

großen Anzahl wertvoller Knnstgegenstände,
die noch nicht in festen Besitz gelangt sind,
sondern ruhelos von Sammlung zn Samm-
lung wandern! Der Wert dieser Belege
mag ja je nach der Beschaffenheit der be-
treffenden Kataloge verschieden sein; da
aber in unserer Zeit sich das Anktions-
geschäft immer mehr in den Händen einiger
bekannten Sachverständigen konzentriert,
die schon durch ihren Namen und Er-
fahrung zuverlässige Bearbeitung der Ver-
zeichnisse gewährleisten, da nach und nach
immer mehr Wert auf Beigabe möglichst
vieler und guter Abbildungen gelegt wird,
muß der Wert der Versteigerungskataloge
als urkundlicher Materialien zur Geschichte
der Kunstsammlungen unserer Tage unbe-
dingt steigen. Davon ganz abgesehen,
vermag der Auktionskatalog selbst bei
mittelmäßiger Redaktion eine Menge inter-
essanter Aufschlüsse zn vermitteln, sobald
die unter den Hammer gelangenden Gegen-
stände nicht etwa erst der Versteigerung
halber vereinigt worden sind, sondern
wirklich eine geschlossene Sammlung, ein
einheitlicher Nachlaß der Auktion zn
Grunde liegt. Nehmen wir an, der Katolog
beschreibe die Hinterlassenschaft
eines Künstlers: Oft bietet dann
schon der Eingang Interessantes, eine
kurze Notiz über den Verstorbenen, der
Nachwelt von Wert, weil sie von jemand
geschrieben wurde, der den Dahingegangenen
gut kannte. Dann das Verzeichnis der
Gegenstände selbst! Wie manches Werk
bringt es zum Vorschein, von dem sich der
Künstler aus irgend welchem Grunde bis
zum letzten Augenblicke nicht trennen
wollte; wie manches interessante Gemälde,
manche bemerkenswerte Skizze findet sich
da, vom Künstler als persönliche Erinne-
rung an Freunde und Studiengenossen be-
wahrt. Und schließlich nicht die uninter-
essanteste Seite des Rücklasses: die zum
Vorschein kommenden Kunstgegenstände,
die er zusammengebracht, sei es, daß er
sie um schweres Geld einem Kenner ab-
gerungen, sei es, daß er sie durch einen
glücklichen Zufall einem unwissenden oder
doch schlecht unterrichteten Trödler billig
abgenommen. Andere Kataloge entwerfen
das Bild der Schätze und Kostbarkeiten,
mit denen sich eine bekannte Größe zn
umgeben pflegte. Auch diese Verzeichnisse

sind treffliche Beiträge zur Geschichte des
Geschmacks, Kunstsinns, des Lupus w.
»/enjonrd'lrni,« sagt G. Dnplessis, »oü
l'on est volontiers ourieux des plus
petites pnrticnlarites Hui toucllent nux
personnn^es joui cts teur vivant
ct'nne notoriete Grande ou petite, on
s'interesss aux nroindres olajets dont
nimnient a s'entourer 1e3 Irornmes <^ni
oecupsnt dans ta soeiete un ran»'
auc^nel teur (könnend droit teur Situation
olficielle ou teur rnerits personnel. On
ainns a supprimer te rnur de 1a vis
privee; s'il ^ a c^uel^ue indiscretion
a a^ir de la sorts pendant 1a vie ds3
lrommes, 1e jour de teur mort ou lors-
c^u'ils 8e separent volontairement de es
c^u'ils ont possede, cllerclrer a laire son
proiit de ce cpu'ils ont rassemble et
aime, n'ollre rien cpue de tres legitime;
les oeuvres dont 11s s'entourent
accusent leurs §oüts, leurs inelinations,
et les lustoriens auraient tort de ne
p>as faire teur protit des indications
preeises c^ue les Oatalo»ues de Ventes
d'olajet d'art teur lournissent!«
Das wären so nngetähr die Gesichts-
punkte, unter denen der Auklionskatalog
an sich zu würdigen ist; sein Wert er-
höht sich aber naturgemäß ganz bedeutend,
wenn zu dem Verzeichnis der Gegenstände
Notizen über die erzielten Preise und ev.
auch die Namen der Käufer — was
indes vielen derselben nicht erwünscht ist —
hinzutreten. Denn erst mit einer solchen
Preisliste ist der Katalog ein abge-
schlossenes Dokument über die ganze Ge-
schichte des betreffenden Nachlasses, der
betreffenden Sammlung, und zugleich ein
schätzenswerter Beitrag zur Geschichte der
Preisbildungen ans dem Kunstmarkte.
Solche Anktionskataloge mit Preisen und
ev. auch Namen der Käufer sind nun die
Spezialität der librairie des ealalo^ues
des ventes von M. L. Souillie in
Paris, welche ein erstaunlich großes
Lager von Katalogen über Auktionsver-
steigerungen vom Beginn des 19. Jahr-
hunderts bis ans unsere Tage besitzt. Für
den Umfang des Geschäfts spricht am besten
die Bibliographie der Kataloge von Ge-
mälde-, Handzeichnungen- und Antiquitälen-
verzeichnissen des 19. Jahrhunderts, die
Souillie 1896 unter der Aufschrift: »Des
 
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