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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 20.1902

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Beck, Paul A.: Die weiland "Truchsessengalerie" zu Wurzach und die Multscherbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.18298#0132

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bestehenden Zun ft schranken gar nicht
zu gedenken; es mögen ja dann und wann
einzelne Ausnahmen vorgekommen sein, so
bei Meister Berthold zu Nürnberg um
1363 und 1378 und bei Bertram von
Minden, über welch' letzteren Prof. Dr.
Lichtwark ans Hamburg kürzlich beim Jubi-
läum des germanischen Museums die Fest-
rede hielt, aber wohl bei fast allen geht
die eine Knnstübung ans Kosten der an-
deren. Selbst Neber, der ja sehr ge-
neigt ist, in Mnltscher einen solchen Dop-
pelkünstler zu sehen, macht am Schlüsse
seiner Abhandlung (S. 68) in Bezug auf
die Sterzinger Bilder, welche ja keine
Inschriften tragen, trotz des hier vorliegen-
den ansehnlichen Aktenmateriales den vor- ^
sichtigen Vorschlag, einstweilen nach be-
kannten Vorgängen (wie Sigmaringer,
Wildensteiner, Meßkircher m. Meister)
nur von einem „Maler des Mnltscherschen
Altares" zu reden! Wir vermögen also
unseren von Anfang an in dieser.Frage
eingenommenen und in dieser Zeitschrift
verteidigten Standpunkt nicht anfzugeben,
daß Multscher bloß Bildhauer und
nicht zugleich auch Maler, dabei aber
der Unternehmer des ganzen Altarwerks
war und als solcher die von einem anderen
Künstler ausgeführten Malwerke milge-
liefert hat, wobei wir nicht allein stehen
(zu vgl. Prof. Or. Hans G. Semper in
seiner Abhandlung über „ die Bripener Maler-
schnlen :c." in der Ferdinandenmszeitfchrift,
35. Heft S. 1 sf., und Fried. Haack irr
der Beil. Nr. 118 vom 24. Mai d. I.
S. 358 der „Allg. Ztg."). Diese berech-
tigten Zweifel an der Doppelkunst Mult-
schers sind übrigens nicht erst von gestern
oder heute, sondern schon vor 70 Jahren
von Jäger a. a. O. aufgeworfen worden.
Ebenso wenig spricht für die Annahme
einer Doppelkunst, wenn man das 20 Jahre
später entstandene vorgenannte, schon so
vielseitig besprochene Sterzinger Altar-
welk, von welchem auch noch ein Teil der
plastischen Ausschmückung ') erhalten ge-
blieben ist, und dessen edle, feinen und
dnrchseelten Bilder (deren Maße 195X165

0 Bei diesem Anlasse drängt sich uns wieder-
holt die Frage aus, ob auch die erhalten geblie-
benen Skulpturreste des Sterzinger Altarwerkes
genau auf etwaige Künstlerzeichen und Marken
und dgl. untersucht worden sind 7

cm betragen) über der naturwüchsigen lei-
denschaftlichen Darstellung der Berliner
Malwerke stehen, mit in Betracht
beziehungsweise Vergleich zieht. Die Unter-
schiede und Abstände zwischen diesen Ster-
zinger und Berliner Bildern sind in
der Nanmverteilung, der Formauffassung,
namentlich aber in den Typen, Gesten
und überhaupt in der ganzen Stimmung,
schon auf den Abbildungen, so vielseitige
und gewaltige und bereits anderwärts, so
von Haacka. a. O. wie auch von Fried-
länder selbst zerlegt und beleuchtet
worden, daß dieselben — selbst wenn man
jeder denkbaren Veränderung und Weiter-
entwicklung des Malers in Technik, Stil
und seinem ganzen Wesen während eines
zwischen beiden Arbeiten liegenden 20-
jährigen Zeitraumes alle möglichen Zuge-
ständnisse machen will — kaum von
einem und demselben Meister ge-
malt sein können und man gerade der
Sache Gewalt anthnn müßte, wollte man
beiderlei Altarbilder einer und derselben
Hand zuschreiben. In ikonographischer
Beziehung möge hier nur, um sich auf
weniges Weitere zu beschränken, bei der
Oelbergscene auf den Sterzinger und
Berliner Bildern an den geradezu in die
Augen springenden Abstand der Chrisius-
figur, welche auf dem Berliner Stück
einen ganz andern Typus und Nimbus
aufweist; an den irr der Rechten ein
Kreuz haltenden Engel (ob welcher
Beigabe sich an die Alt-Kölner Schule
denken ließe) und an die ganz andere
Landschaft, welche auf der Berliner Tafel
Blumen, auf der Sterzinger Arbeit aber
Fels und Gestein zeigt, erinnert werden.
In der „Anbetung der 3 Könige" trägt
der Hohepriester ans dem Berliner Stück
eine Bischofsmütze; in der Scene von der
Geburt Christi erscheint der Stall durch
eine nicht sichtbare Kerze beleuchtet, was
sich bei dem fast ein Jahrhundert späteren
Mart. Schaffner ebenfalls findet.
Wollte man nur die beiden Altarwerken
von Berlin und Sterzing gemeinsamen
Darstellungen bis ins einzelne mit ein-
ander vergleichen, so würde sich noch
eine ganze Reihe von weiteren Verschieden-
heiten ergeben. Es ist ganz richtig,
was Haack a. a. O. sagt, daß ohne die
Inschriften kein Mensch auf den Gedanken
 
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