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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 21.1903

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Die Gebrüder Kolborn in Warthausen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18333#0082

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gelin, geb. 1738 zn Markdorf, seit 1764
bis zu seinem am 30. April 1801 er-
folgten Tod Pfarrer zu Warthausen, hoch-
verdient um die Gemeinde und von Bischof
Sailer durch eine Biographie verewigt/)
hat nämlich alle Vorkommnisse in seiner
Gemeinde und besonders alles auf die Herr-
schaft Bezügliche mit seltener Ausführlich-
keit in fließendem Latein verzeichnet.
Nach diesen Aufzeichnungen war Martin
Kolb orn (nutus Wullusis prope
lVIo^untium) über 20 Jahre in der ober-
rheinischen Provinz der Eüscllschaft Jesu
vielseitig tätig, besonders im Lehrfach
(in cullreclra); nach Auslosung des Ordens
(»SXLU ctoruto« orckine) vertrat er
die Stelle eines Rektors zu Neustatt bei
Worms mit einer ihm vom Kurfürsten ^)
gewährten Pension von 240 sl.
Am 26. März 1774 wurde er auf
Veranlassung seines Bruders Karl, Lizen-
tiaten der Theologie und Kanonikus der
Kcllegiatkirche zu St. Stephan in Mainz,
Hofmeisters der jungen Grafen Friederich
und Philipp von Graf Franz von Sta-
dion, meusae titulo nach Warlhausen als
Ehren-Sacellan und Schlvßbib-
livthekar berufen. Fünf Jahre litt der
durch besondere Frömmigkeit, Gelehrsam-
keit, klares Urteil, Wohltun und Selbst-
losigkeit sich Auszcichnende an Podagra,
dessen alljährliche schwere Rückfälle er mit
unglaublicher Standhaftigkeit ertrug. »Ual-
leirtiL oru, corpusculum emucerutum
maZis locpuedantur et cstmntu
clecumbens pussus esset, ub
ipsomet auckiri poterut«. Bei Rücktritt
der „podagrischcn Säfte" schwoll er an
und konnte nur noch im Stuhl sitzen
') An Heggelins Freunde. Ein Denkmal des
Verblichenen von I. M. Sailer. Mit Heggelins
Bildnis. München, I. Zentner, 1803.
2) Die Aufhebungsbnlle Dominus ac re-
Uemptor nosler ist vom 2!. Juli 1773.
Die von H. gebrauchte ungewöhnliche Be-
zeichnung LIecior „I'-U-Uinus" bezieht sich nicht,
wie man glauben sollte, auf den Kurfürsten von
Pfalz, sondern auf Emmerich Joseph Frhr. von
Breidbach-Bünesheiin, Kurfürst vou Mainz und
Fürstbischof von WormS. Da dieser 11. Juli
1774 starb — sein Nachfolger in beiden Wür-
den, Frhr. Karl Joseph v. Erthal, wurde erst
14. Mai 177S konsekriert — dürfte die Pension
nach jenem Todesfall und der provisorischen An-
stellung in Neustadt bald nufgehört haben; daher
das Refugium »ach Warthausen!

(Wassersucht). Mit dem 13. Februar
1775 begann das Ende seiner Leidcnözeit.
Sich wiederholt auf den Tod vorbereitend,
ernannte er seine Mutter und eine
Schwester zu Erben und schrieb noch au
seine beiden Brüder, indem er ihnen und
einer Schwester, welche Nonne in WormS
mar, Andenken (lVIemnosiueu) hinterließ.
Bruder Karl war damals auf der großen
Reise, der andere, 3. Ureol. UucculLureus,
bei dem jüngeren Grafen Truchseß vou
Waldbnrg zu Wnrzach Hofnieistcr (Nocke-
rutor) und Bemsiziat daselbst. Beigesetzt
wurde der Verewigte in der Pfarrkirche
mitten im Gang am Beginn der Bänke,
wo die Weiber zu kniee» Pflege» (irr
meclio utrii ucl initium scumnorum udi
teminue kleckere soleut). Der Bruder
Karl ließ das Epitaph gegenüber der Bei-
setzungsstelle setzen.
Soweit alles nachdem InderNortuorum
von 1765- 1783/
Weitere Aufschlüsse gibt das Sterbe-
rcgister der Psarrgeineinde Warthausen von
1784—1808.
Dort wird erzählt, daß die beiden Brüder
Stadion, Friederich, Kanonikus von Mainz
und Wnrzburg, und Philipp, Knrmainzischer
Hofrat, unter Kolborns Begleitung
»reglones exterus lustruntes« nach Paris
gekommen waren, von wo sie eine ans ihr
Verlangen ausgestellte amtliche Bescheini-
gung vom 20. Februar 1 7 84 darüber
einsandten, daß ein aus der Wanderschaft
befindlicher Warthanser Bürgerssvhn im
Jahre 1779 schwer krank in die Charite
ausgenommen und dort verstorben war.
Auf diesen in Paris verstorbenen Joseph
Hirsch zurückkommend, schreibt Heggelin,
daß die drei Genannten ihn schon neun
Jahre früher (also etwa 1775) gesund in
Slraßburg gesehen und nach Paris em-
pfohlen halten, als sie, die Grafen mit
Hofmeister Kvlborn ans der Universität
Nancy die prolectiones jvtülosopicas
horten. Wenn Sohne in irühjngendlichen
Jahren unter hofmeisterlicher Führung
Hochschulen zu besuchen pflegten, so er-
klärt sich dieses damit, daß dort auch nied-
rige, d. h. Gymnasialkurse stattfanden.
Daß die beiden Grafen, 1784, kaum über
20 Jahre alt, der eine den Hofratstiteb,
der andere den eines Kanonikus führt,
erklärt sich aus den Verhältnissen einer
 
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