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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 21.1903

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Literarisches
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159

zahlreichen Illustrationen, stehen völlig ans der
Höhe der Zeit.
Herzog Karl oonW ü rttemberg
und seine Zeit rc. 2. Hest. Stuttgart.
Verlag Paul Neff (Karl Büchle), 1903,
2 M. (s. auch Besprechung im „D.-A."
Nr. 7. S. 1N9/110).
Dieses zweite Heft behandelt im zweiten Ab-
schnitte eingehend die beiden Ehen des Herzogs
(Vers.: Herr Archivdirektor Or. v. Stä l i n). Der
Eindruck, welchen man hier bei der Darstellung
der ersten Ehe mit der Markgräsin Friederike
von Brandenburg-Bayreuth von dieser Fürstin ge-
winnt, ist ein merklich weniger günstiger, als man
bisher auzunehmcn gewohnt war. Die Ehe war
in der Tat eine sehr unglückliche und sollten alle
die Hoffnungen und Erwartungen, welche inan in
dieselbe gesetzt, und wie sich solche in einem lang-
und weitschweifigen, im höfischen Stile jener Zeit
gehaltenen „Vermählungsgedichte auf Karls Ver-
bindung mit Elisabeth Friederike von Branden-
burg" neuerdings wieder im „Archiv für Ge-
schichts- und Altertumskunde von Oberfranken",
XXI. Bd. 1600, 2. Heft, S. 22—29 abgedruckt
finden, mit Nichten in Erfüllung gehen. So
manches Neue man aus Herrn v. Stalins Dar-
stellung über diese unglückliche eheliche Verbindung
erfahrt, so lies; sich doch die unmittelbare Ursache
zur Trennung der Herzogin voll ihrem Gemahle
im Herbste 1756 nach achtjähriger Ehe immer
noch nicht bestimmt feststelleu. Wir hätten uns
überhaupt auch sonst die Ausbeute über die intime
Geschichte aus dem kgl. Haus- und Hofarchive
reicher gedacht, es müßte denn nur manches
„sekretiert" sein?! — lieber die Entführungsge-
schichtc der Franziska von Leutrum, geb. v. Ber-
nerdin, nachherigen Gräfin von Hohenheim, exi-
stieren verschiedene Versionen, von welchen sich
u. a. eine in dem „Zeitbild Franziska von Hohen-
heim, eine morganatische Ehe" von Amely Boelte,
2 Bde., Hannover 1863 bei Karl Nümpler in
romanhafter Darstellung findet. Auch sonst hat
sich Roman und Novelle mehrfach mit Herzog
Karl, seinen; Hof und Franziska beschäftigt; eine
der bekanntesten Erscheinungen dieser Art ist
Mylius' „Graveneck", in welcher der Marianna
Pirkerin eine Hauptrolle zukommt. — Die nach-
trägliche päpstliche Anerkennung i. I. 1791 der
Vermählung des Herzogs mit Franziska (zu
S. 88/89) findet sich auch in den „Jahrbüchern
der Geschichte und Staatskunst", 1836, I S. 145
bis ISS unter dieser Aufschrift als „Auszug aus
der Relation eines Mitwirkenden" behandelt,
lieber Herzog Karls „außereheliches" Leben,
welches bekanntlich in seinem Erdengange keine
geringe Rolle spielte, — wenn wir es so bezeichnen
dürfen — schweigt die Geschichte, so vieles auch
ohne geheime Akten davon zu sagen wäre, müßte
man nicht vor einer -cüronlgue seancl-rleuse-
Gefahr laufen! Als eigentümliche Fügung des
Schicksals, wenn nicht gar als eine Art Nemesis,
mag es angesehen werden, daß dein Herzog, der
ja bekanntlich einen so zahlreichen außerehe-
lichen Nachwuchs hinterließ, daß sein eigener
Bruder Ludwig Eugen darüber — von einer noch
weit stärkeren Auszeichnung abgesehen — ineinte.

mail könnte aus demselben ein ganzes Regiment
formieren, der Segen ehelicher Nachkommen-
schaft versagt blieb. — Ein farbenvolles Bild ent-
wirft General v. Pfister vom Stuttgarter Hofe
und den Hoffesten re. im folgenden Kapitel. Wir
fügen Dem einen Bericht des (am 19. Dezember
1744 zu Kassel geb.) Laudgrafen Karl von
Hessen-Kassel (eines Sohnes des Prinzen
Friedrich von Hessen bezw. nachmaligen Land-
grafen Friedrich II. und der Prinzessin Marie,
Tochter König Georgs 11. von Großbritannien)
in seinen schon ziemlich vergessenen und, wie es
scheint, hierzulande nicht gekannten „Denkwürdig-
keiten" mit Einleitung von 1)r. K. Bernhardt,
Kassel, Verlag von A. Freyschmidt, 1866, Seite
150 ff. bei, weil derselbe eine gar anschauliche
zeitgenössische Vorstellung von; Stuttgarter Hofe
unter Herzog Karl und dessen zweiter Regie-
rungsperiode, insbesondere voi; den Hoffesten
zu Ehren des Besuchs des großfürstlichen Ehe-
paares, des nachmaligen Kaisers Paul von Ruß-
land und dessen Gemahlin Maria Feodorowna
(vormals Sophie Dorothea), bekanntlich einer
Tochter des Herzogs Friedrich Eugen von
Württemberg, sonnt einer Nichte von Herzog Karl,
im Herbste 1782, von einer Parade sowie von
dein bekannten Jagd fest ans der Solitude
gibt. Der genannte Landgraf stattete nämlich
auf seiner höfischen Tournee u. a. auch dein Stutt-
garter Hofe in; Herbste 1782 einen Besuch ab.
Kurz vorher war derselbe in Frankfurt a. M. mit
dein Großfürstenpaare zusammengetroffen. Den
Großfürsten kennzeichnet der Landgraf als den
„artigsteil, unterrichtetsten und für ihi; persönlich
interessantesten jungen Fürsten", den er gesehen
habe. Des Großfürsten Gemahlin machte ihm
den Eindruck einer vollendeten Fürstin. Er schloß
sich überraschend schnell und innig an den Groß-
fürsten air und bezeigte ihm wahre Freude, als
er hörte, daß sie sich ebenfalls nach Stuttgart
begeben wollen. „In Stuttgart" — fährt der
Landgraf fort — „konnte ich dem damaligen
Herzog Karl erst in dem Augenblick vorgestellt
werden, wo der Großfürst, dein er entgegengefahren
war, aukaiii. Auch war das erste Wort, das er mir
sagte: „Ich komme von der Grenze meines Landes
(vier Schritte von da), wohin ich meinem Kinde ent-
gegengegangen bin." Man kündigte ihre Ankunft an,
undderHerzogstieg die Treppe hinab, um der Groß-
fürstin den Arm zn reichen. Ich blieb oben auf
der Treppe an der Türe stehen. Der Großfürst
führte seine Schwiegermutter, die Prinzessin Frie-
derike Sophie Dorothea von Württemberg, eine
geb. Markgräfin zu Brandenburg-Schwedt. Als
er mich erblickte, blieb er plötzlich vor mir stehen
und fiel mir um den Hals, indem er sagte: „Mein
Gott! Wie freue ich mich, Sie zu sehen!" Wäh-
rend seines ganzen Aufenthalts in Stuttgart gab
er mir die unzweideutigsten Beweise seiner auf-
richtigen Freundschaft. Er kau; oft des Morgens
in die Stadt, um mich zu besuchen, und im Theater
zog er sich hinter die übrigen zurück und setzte
sich neben mich, indem er sich dis ganze Zeit über
mit mir unterhielt... Der Aufenthalt in Stutt-
gart war sonst das Sonderbarste in der Welt.
Wir waren etwa 20 fremde Prinzen und Prin-
zessinnen und deren wohl noch zehn aus dem Hause
Württemberg. Es war zweierlei große Tafel an
 
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