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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 22.1904

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Kleinere Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18334#0200

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gz —

Kleinere Mitteilunrien.

Ree Ii, Der Dominikaner Nid er über
die Jungfrau von Orleans. Der bekannte,
zu Jsny i. A, geb. Predigermönch Johann Nider
(f. über dens. „D.-A." XII, 1894, Nr. IS, S. S7
bis 6») konnnt in seinem merkwürdigen -?ormi-
carlus u. a. auch auf eiue Zeitgenossin von ihm,
Johanna ci'^rc wie folgt zu sprechen: ,?u!t

praeterea, infra clecem annorum spatia, noviter
in ?ranc!a, c^uaeclam, de <^ua praemisi, vlrgo,
/okanna nomine, tam proplretico spiritu, c^uam
miraculorum potestate, ut putadatur, clareus,
I^aec enim veste virili Semper utedatur nec
ullis cloctorum <zuorumcum<zue persuasiouidus
emolliri potuit ut tales cleponeret vestes, soe-
mineis content») praesertim cum se palam vii-
xinem et koeminam esse protestaretur. -Lud
1»oc Indult Iiaditu virili, in Signum kuturae
victoriae, ut verdo praeöicem et Iiakitu, a Oeo
missa suum juvare verum ?rancorum regem
Larolum et in suo krmare regno, a czuo eum
sugare nituntur rex ^nZIiae et clux Lurgun-
cliae.r ?ro tunc enim Iii juncti mutuo caeilidus
et arinis ?ranciam premedant xravissime. —
Igitur cum suo clomino ^obanna continue velut
miles e^uitadat, tutura et fausta multa praecli-
cedzt, victoriis dellicis c^uidusclam intererat et
ali» mir» talia perpetradat, cle c^uidus ne6uw
?rancia secl omniaLbristianorum regna stupedant.
^cl tantam clenigue praesumptionem venit ^o-
lranna, ut non6um aclepta Francis jam IZoliemis,
udi lraereticorum multituäo tunc kuit, miuas
intentaret per literas. Oulzitadant äeincle se-
culares et ecclesiastici reguläres et monastici
Huo spiritu regeretur, cliadolico an clivino.
Lcripserunt proincle c^uiclam vir! littsratissimi
tractatus eius ex parte; in c^uidus non moüo
6iversa, secl etiam aclversa 6e Virgine sense-
runt. ?ost<zuam autem regem Larolum in
multis juvisset et krmasset regno, annis c^ui-
dusdam, demum nutu, ut creditur, clivino, per
^nglicorum armatam capta est et incarcerata.
^ccersitis autem et vocatis in magna multitu-
lline magistris tam divini czuam liumani juris,
multis dielzus examinata est. Lt prout a ma-
gistro 51 i c o lao ^mici, licentiato in tlieologia
auclivi, <^ui amdasiator kuit universltatis pari-
siensis, tanclem ipsa kassa est se hadere fami-
liärem I?ei anxelum, rzui suäicio litteratissimorum
virorum suclicatus est esse malignus spiritus
ex multis consecluris et prodationibus, ?er
huam spiritum velut mag^am ekfectam ipsam
i^nilzus per pudlicam sustitiam consumi per-
miserunt, et prout cle dac Iiistoria rex ^n^liae
nostro Imperator! Li^ismunclo satis late scripta
tonus liistoriam innotuit.»

Man ersieht hieraus, das; Nid er an die
göttliche Sendung der Jungfrau nicht glaubte,
daß Nider, der ja noch ganz im Hexenglauben
befangen war, eher geneigt ist, sie für eine
Hexe zu halten, die sich vom Bösen täuschen
ließ. Man sieht aber auch, daß Nider sich auf
Mitteilungen der englischen Regierung wie aus
solche beruft, die ihm der seinerzeit berühmte
Professor der Sorbonne, Nikolaus Lami, der
Vertreter der Pariser Universität auf dem Con-

zil zu Basel persönlich machte. Jüles (Zuiclierat,
der bekannte Herausgeber der Quellen zur Ge-
schichte der Jungfrau von Orleans (?roces cl«
conäamnation et cle reliabilitation 6s /eanne
<5 ^rc, clite la ?ucelle, Z vols, ?aris, I^enouarcl,
1841—4Y; Apercus nouveaux sur I'Iiistoire cle
/eanne 6'^rc, ?a«5, i8zo), hält aber mit ziem-
lich Grund Niders Quellen, bezw. Informationen
für trübe, und Niders Urteil dadurch für beein-
flußt. Kann doch aus einer trüben Quelle auch
uur trübes Wasser fließen. Lami war zwar
ein ausgezeichneter Hnmanist, ein gefchätzer Theo-
loge, aber er war i. I. 1429 Rektor der Uni-
versität von Paris gewesen, und das wäre er
nicht geworden, ohne ein Freund Karls VII. und
seiner Anhänger zu sein. Dann war, wie ges.,
Nider als Verfechter des Hexenglaubens, wie
er sich namentlich in seinem -V^aeceptorium <li-
vinae IsZis- (cap. 9—Ii) dokumentiert, und
selbst strenger Hexenrichter in dieser Sache vor-
eingenommen und nach der weiteren Meinung
Quicherats in herzlich schlechter Stimmung,
als er das Kapitel über die Jungfrau in An-
griff nahm. — Schiller, der ja gegenüber der zum
mindesten unpatriotischen Verunglimpfung durch
Voltaire die unsterbliche Ehrenrettung der Jungfrau
von Orleans vornahm, scheint die Quellen seines
schwäbischen Landsmannes Nider bei Abfassung
seiner Dichtung nicht gekannt zn haben. Wir
glaubten Niders Aussprache iu eiuer Zeit, in
welcher der Heiligsprechungsprozeß der Jungfrau in
Schwebe ist, zumal bei der ungemeinen Seltenheit
des ,I?ormicarius', wieder hervorziehen zu sollen.

-clc. Genealogisches. „Es ist Grund
vorhanden zu der Annahme, daß auf unfern
höheren Schulen nnd Universitäten in
nicht ferner Zeit Lehrstühle für Geschichte und
Genealogie werden errichtet werden zum
Studinm der gegenseitigen Beziehungen dieser
Wissenschaften zu einander", sagt William Sto-
well Mills in der Vorrede zu seinem bemer-
kenswerten Buche: „Grundzüge der Genealogie"
(I^ounclatioiis ok Lenealo^ie. New-Dork, 1899).
Mit diesen Ansichten sind die republikanischen
Nordamerikaner merkwürdigerweise dem monar-
chischen Deutschland, in welchem der Adel noch
immer eine bevorzugte und zahlreiche Stellung ein-
nimmt, über. Nur bescheiden gibt Or. B. Köruer
im Vorwort zum X. Bande seines verdienstvollen,
auch in Süddeutschland sehr anschaffenswerten g e-
neal 0 gifchen Handbnches bürgerlicher Familien
(Berlin, Verlag von Brner, 1904) die berechtigte
Anregung, es möchte wenigstens das Kgl. prenß.
statistische Amt in Berlin eine genealogische
Abteilung erhalten. Es würden sich daraus,
bemerkt der Herausgeber mit Grund, manche für
Sozialpolitik, Medizin (Vererbungstheorie), Kri-
minalistik u. s. w. wichtige Ergebnisse schaffen
lassen. Um wie viel wichtiger ist aber die schon
längst notwendige, schwer vermißte Bestellung
eines Genealogen nnd Wappenkundigen, v 0 m
Fach — aber ja nicht im Nebenamte — an jedem
größeren Staats- und off entlich enAr chive!

Hiezu als Beilage:

Titel und Inhaltsverzeichnis.

Stuttgart, Buchdrucker» der Akt.-Ges. .Deutsche« VolkSblatt*.
 
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