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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 23.1905

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Finkbeiner, ...: Aus der Pfarreigeschichte von Wurzach, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18110#0183

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denn in dem, speziell für Gottesberg-Wall-
fcihrer verfaßten Büchlein findet sich im
zweiten Teil im Anschluß an die mit
Kupferstichen gezierte Slationenandacht eine
„Andächtige Verehr- und Begrüssung der
Heil. Stieg.... welche aber nicht mit
Füssen, sondern mit den Knyen besiegen
wird".
Umer der „heiligen Stiege" versteht
man jene Stufen im Palaste des Pilatus
in Jerusalem, über welche Jesus während
seines Leidens wiederholt herauf und
herabgeschleppt wurde; sie ist also durch
die Fußtritte, ja durch das Blut des
göttlichen Heilandes geheiligt und ein
überaus ehrwürdiges Denkmal, das uns
das Leiden unseres Erlösers recht lebendig
vergegenwärtigt. Nachdem die heilige Stiege
auf Veranlassung der Kaiserin Helena
ums Jahr 326 von Jerusalem nach Rom
gebracht und hier im Patriarchium vom
Lateran, dem alten Palaste der Päpste,
ausgestellt worden war, ließ Papst Sixtus V.
im Jahre 1589 ein eigenes stattliches Ge-
bäude für sie, der Lateranbasilika gegen-
über, Herrichten. Dort wird dieselbe von
den Römern und Fremden während des
ganzen Jahres, besonders aber an den
Freitagen der heiligen Fastenzeit und in
der Karwoche, andächtig verehrt: still betend
und das Leiden des Heilandes betrachtend,
steigt man ans den Knieen (anders darf es
nicht geschehen) die 28 Stufen hinan.
Um sie zu schonen, wurden sie in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit
weißen Brettern bedeckt, jedoch so, daß
man die Marmorstufen selbst teilweise nocb
sehen und berühren konnte. Auf dreien,
nämlich der zweiten, elften und letzten
Stufe, sieht man noch durch Glas die
Blntspnren des Heilandes. Ergreifend,
ja überwältigend ist es natürlich für
einen gläubigen Christen, diese heiligen
Stufen hinanzusteigen. Im 18. Jahrh. und
schon früher stellte man vielfach, namentlich
auch in Deutschland (so z. B. in der Schloß-
kirche zu Rastatt in Baden), genaue Nach-
bildungen der heiligen Stiege von Nom
her und erbat sich dafür Ablässe in Rom.
Auch heutzutage werden die Ablässe der
heiligen Stiege zu Nom für auswärts
(zumal für Franenklöster) bewilligt, aber
immer unter der Bedingung, daß die dazu
dienende Stiege (innerhalb des Klosters)

nur zu diesem frommen Zwecke gebraucht
werde.
Die Kapelle wurde vom damaligen
Stadtpfarrer Johannes Wezel bene-
diziert. Bereits unterm 25. Februar
1709, wahrscheinlich mit der Erlaubnis
zur Erbauung der Kapelle, war diesem
die Erlaubnis zur Benediklion vom Bischof
von Konstanz übertragen worden.
Da von Anfang an mit der Kapelle
eine Ei»siedelei zn verbinden beabsichtigt
war, wurde im Jahre 1709 ein kleines,
für einen Einsiedler berechnetes Einsiedler-
hänschen errichtet und dasselbe alsbald von
einem Eremiten namens Remigius Maurus
bezogen und diesem die Mesnerei an der
Kapelle übertragen. Welchem Orden der-
selbe angehörle, ist nicht zn ermitteln,
b) Jetzige Kirche.
Die Kapelle auf dem Gottesberg mit
der Einsiedelei war bald der Anziehungs-
punkt für die Gläubigen in Wnrzach und
Umgebung. Am 11. August 1710 wandte
sich die fromme Stifterin, Gräfin Anna
Lndovika, um heilige Reliquien an den Weih-
bischof von Konstanz mit dem Bemerken,
daß die Wallfahrt merklich znnehme. Auch
wurde das heilige Meßopfer vonOrdens-
nnd Wellpriestern daselbst fleißig darge-
bracht. An einem Freitag in der Fasten
fanden sich einmal 700 Wallfahrer ein.
Bereits nach drei Jahren sah man sich
„umb willen der vihlen Peregrinanten
halber" (d. h. wegen der vielen Wall-
fahrer) veranlaßt, die ursprüngliche Kapelle
zu „demollieren" (niederznreißen) und statt
deren auf dem alten Play ein neues
Gotteshaus, die jetzige ansehnliche
Kirche, zn erbaue». Die Gräfin Anna
Lndovika, welche wiederum in der Haupt-
sache die nötigen Mittel zur Verfügung
stellte,- erhielt vom Ordinariat Konstanz
hiezu gerne die Erlaubnis. Ursprünglich
war eine Kirche mit der heiligen Stiege,
fünf Altären und sieben Beichtstühlen ge-
plant; sie ist freilich etwas bescheidener
ausgefallen. So schritt man dann in den
Jahren 1712/13 zur Erbauung der jetzigen
Kirche. Der Eremite Remigius Maurus
wurde am 24. November 1712 entlassen,
weil die Einsiedelei auch niedergerissen
werden mußte, und mit einem recht ehren-
vollen Zeugnis weiter rekommandiert.
Wahrscheinlich wurde die Kirche zuerst
 
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