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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 24.1906

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Kleinere Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18485#0056

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tMiliere Mitteilungen.
-cll. Der Bildhauer Joh. Jak. Oechs-
lin aus Schaffhausen, ein Schüler
Danneckers in Stuttgart. In der nicht
vollständigen und weniger kritischen Schrift von
Max Bach: Stuttgarter Kunst (1794—1860,
St. 1900 bei Bonz) vermißt inan u. a. auch
die Erwähnung eines talentvollen Schülers von
Dannecker, nämlich des. 1802 zu Schnffhausen
geborenen, 1873 daselbst gestorbenen Malers und
Bildhauers Joh. Jak. Oechslin, welcher ein
brillanter Zeichner war und in seinen Arbeiten
eine für jene Zeit noch seltene packende Rea-
listik trotz der „Modernen" entwickelte. Derselbe
kam, angeblich durch die Freigebigkeit eines kunst-
und künstlerfreundlicheil Mitbürgers, Bernhard
Keller im „Engel" zu S ch af sh au sen, dessen
hervorragend bedeutende Kupferstichsammlung
(nebenbei bemerkt), seiner Zeit einen von vielen
ausgesuchten Anziehungspunkt bildete, im Jahre
1821 »ach Stuttgart zu Daunecker und blieb
bis 1823. Aus dieser seiner erstell Stuttgarter
Zeit stammen eine Anzahl Umrißzeichnungcn in
größerem Maßstab nach Gips (Apoll vom Bel-
vedere, Discobulos, borghesischer Fechter re.) so-
wie einige plastische Arbeiten: in flachem Ton-
relief der Kopf Schillers, bez. „Oechslin nach
Dnnnecker"; ein hübsch herausgearbeiteter feiner
Jünglingskopf, Relief in Alabaster, angebliches
Selbstbildnis, voll 1822 und die lebensgroße
Büste Schillers nach Dnnnecker in Gips; nur
weniges davon hat sich in der Kunstvereins-
sammluug zu Schnffhausen noch erhalten.
Nach längerem Studienaufenthalt in Nom, Mün-
chen re. kam Oechslin ein zweitesinal um das
Jahr 1827 nach Stuttgart in Stellung zu dem
Bildhauer Georg Fr. Distelbarth (aus Lud-
wigsburg, 1780—1835), gleichfalls einem Schüler
Danneckers und dann der Akademie des eben-
falls nus Schnffhausen stammenden Bildhauers
Alex. Trippel (1744-1793) in Rom, welcher
damals für das projektierte Kronprinzenpnlais
einen Teil des figürlichen Schmuckes in Auftrag
erhalten und woran Oechslin mitzuarbeiten hatte.
Unter anderm hatte er namentlich die Hnupthand
an einer riesigen Vase, welche jetzt vor dem
„Museum der bildenden Künste" in Stuttgart
steht; die Reliefs daran sind nach Modellen
Thorwaldsens ausgeführt. Nach Stuttgart ver-
heiratete er sich auch mit einer Schaffhaussrin.
Wann er seinen Verpflichtungen gegenüber Distel-
barth nnchgekommen war, zeichnete er Seenen
aus dem Volksleben und Illustrationen zu Blu-
mauers travestierter „Aeneide" in barockem Stil,
die er lithographieren wollte u. s. w. In Stutt-
gart reizten seinen Stift zu heitern Nachbil-
dungen die schwäbischen Bauern und Juden, die
er besonders auf dem Ennnslatter „Wasen" zu
beobachten Gelegenheit hatte. Zu diesen beiden
Haupttypen, die sich bald inehr Lurch die Tracht,
bald mehr' durch Gesichtsbildung und besonderes
Gebaren bemerklich machen, kamen noch einige
Zugewnndte, Musikanten, Zigeuner, Bettler, aber
auch solche, die glimpflich behandelt sein wollten,
Schwabenmädchen, überhaupt die gelungensten
Schwabentypen aller Art (worunter besonders
Stuttgart, Buchdruckrrsi der Sl

charakteristische Figureil der Feldwebel Metz,
Stuttgart 1832; ein Blatt „Der Bettler an der
Weinsteig" vom Jahr 1827 und der Geiger Jos.
Sitzmaun (WeitzmannH!) sind); Tiroler, Stu-
denten, Soldaten, die unentbehrlichen Vierbeiner
nicht zu vergesseil. Auch führte er die Büste
eines Bierbrauers (Denninger'k Bnrdili?) aus,
von der er 6 Exemplare nbsstzen konnte, und
wofür er nach Distelbarths Rat 16 Louisdor
verlangen sollte. Ein echter und sehr guter
Oechslin sind auch die „7 Schwaben" oder die
„Hasenjagd" reproduziert auf Tafel vili in der
Biographie des schweizer. Malers Hier. Heß von
I- Im Hof. Allabendlich betrachtete er in Stutt-
gart, ivie er schreibt, die Akademie und hofft er,
einmal als Lehrer an der Kunstschule angcstellt
zu werden: „ich bin nun der beste, und meine
übrigen Lehrer sehen es gerne, wenn ich mit-
mache". Allein — aus diesen Hoffnungen scheint
nichts geworden zu sei». Die untergeordnete
Stellung bei Distelbarth wurde für ihn immer
peinlicher; vor allem aber befriedigte ihn immer
weniger die ganze Art seiner Tätigkeit. „Als
Bildhauer bin ich ein unnützes Geschöpf, deren
es überall schon zu viel gibt. In Stuttgart
allein sind ihrer acht, keiner beschäftigt; alle
leben vom Gnadenbrot, das ihnen für Unterricht
an der Kunstschule verabreicht wird. Ich habe
nicht ohne Grund aufgehört, Bildhauer sein zu
wollen." Um 1833 scheint er Stuttgart verlassen
zu haben und in die Schweiz zurückgekehrt zu
sein. Von Oechslins sonstige» Beziehungen zu
Schwaben ist besonders sein in die 1850er Jahre
fallendes Verhältnis zu dein kunstsinnigen Fabri-
kanten und Dichter Adolf Wechßler in Ulm
hervorznheben. Dieser großmütige Mäcen be-
zahlte Oechslin -ein Jahresgehalt von 1500
Franken mit der Bestimmung, für ihn so viel
zu arbeiten, als er Lust, Neigung und neben
den übrigen Aufträgen Zeit habe. Es entstanden
so eine Büste des Bestellers und einige lebens-
große Porträtköpfe in Medaillon, diese für die
Außenseite der in Ulm auf dein „Luginsland"
(jetzt „Wilhelmshöhe") an der Donau neuer-
bauten Villa Wechslers bestimmt, später zur
Belebung der Umgebung des Springbrunnens
eine liegende Najade, etivas über lebensgroß,
und eine Reihe putziger Gestalten, Gnomen u. a.,
in denen Oechslin seinem naiven produktiven
Künstlerhumor freien Lauf lassen konnte. Das
große, 1860 datierte Gipsmodell der Najade
befindet sich in der Sammlung des Schaffhauser
Kunstversins. Wechßler hat auch das Verdienst,
seinen als Berater in Kunstsachen hochgeschätzten
Freund auf einer Reise nach Meran, München
u. s. w. mitgenommen und so in dessen ein-
förmiges Leben wohltätige Abwechslung gebracht
zu haben; auch nach Stuttgart kamen sie,
wo man den befreundeten Hofmaler Gegen-
baur in Wangen i. A. nufsuchte. Bezüglich des
weiteren nußerschwnbischen Lebens und Wirkens
von Oechslin verweisen wir auf das anmutige,
mit fünf prächtigen Lichtdrucktafeln und Abbil-
dungen ausgestattete, im 13. und 14. Neuj.-Bl. des
„Hist.-antigu. Vereins Schnffhausen", 1903/06
veröffentlichte Lebensbild: Joh. Jak. Oechslin:c.,
welchem wir auch hier gefolgt sind.
.-Ges. „Deutsches VolkSblati".
 
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