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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 24.1906

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Finkbeiner, ...: Aus der Pfarreigeschichte von Wurzach, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18485#0064
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56

sei der Vater der beiden andern. In den
Pfarrakten ist anderseits wohl aus dem
Grunde, weil alle drei heiligen Leiber
verhältnismäßig klein sind, die Ver-
mutung ausgesprochen, es seien wahrschein-
lich drei Geschwister, welche in jugend-
lichem Alter den Martertod für Jesum
Christum erlitten haben. Doch ein
zwingender Grund für die eine oder andere
Annahme ist nicht vorhanden. Wenn man
von Leibern der Heiligen spricht, so ist
damit nicht gesagt, daß jedes einzelne Ge-
keilt der Betreffenden noch erhalten sei.
Die Erfahrung lehrt ja, daß bei Oeffnnng
der gewöhnlichen Gräber verhältnismäßig
wenige Gebeine sich erhalten habe». Um
wie viel mehr muß das nitreffen bei
Leibern, die 1000 bis 1300 Jahre im
Schoße der Erde geruht haben! Nun,
die Ueberreste unserer Heiligen wurden
wohl, wie man sie vorfand, in ein Gestell
von der Form eines menschlichen Leibes
eingefügt.
Die drei heiligen Leiber sind bei näherem
Zusehen überaus fein gefaßt und mit den
kostbarsten Seidenstoffen bekleidet; ebenso
sind die Reliquienschreine selbst mit herr-
lich gesticktem Seidenstoff ausgeschlagen.
Die Farben freilich sind durch die Länge
der Zeit sehr verblaßt und bedürfen die
heiligen Leiber gar sehr der Erneuerung.
Im Jahre 1900 wurde durch die Muni'
sizenz der fürstlichen Standesherrschaft von
den Schnlschwestern in Maria Rosen-
garten der Leib des hl. Nedemptns herr-
lich gefaßt und am 3. November über-
tragen. Mögen sich gute Herzen finden,
daß auch die Leiber der heiligen Reparatus
und Entropia bald ein würdiges Kleid
bekommen.
2. Die 24 R e li q u i en käst ch e n.
Dieselben sind zu beiden Seiten des
Chors angebracht und enthalten unter Glas
und Rahme (renoviert im Juni 1874 von
Schreiner I. A. Ziegler) je 60—80 znm
Teil recht ansehnliche Reliquien. Je zwei
dieser Neliqnienschreine sind zur Aufbe-
wahrung von Reliquien der Heiligen eines
Monats bestimmt; nur ist der Mai drei-
fach und der März einfach vorhanden.
Bei diesem großen Neliquicnreichtum
(wohl 12—1500), der seinesgleichen weit
und breit sucht, ist es unmöglich, ins ein-

zelne einzngehen, weshalb wir nur einen
allgemeinen Ueberblick geben und einzelne
Merkwürdigkeiten hervorheben wollen.
In weitaus überwiegender Mehrzahl sind
es Reliquien von heiligen Blutzeugen, und
unter diesen stehen obenan die Ueberreste
der heiligen Apostel, welche mit Ausnahme
von Simon, Thaddäus und Johannes sämt-
lich vertreten sind. Außerdem sind Re-
liquien von Heiligen jeden Standes vor-
handen : wir finden darunter solche von
18 Päpsten, 50 Bischöfen und 5 Kirchen-
lehrern sowie von Bekenner» und Jnng-
franen. Auch uns näherstehende Heilige
sind vertreten: die Heiligen Walpnrga,
Wilibold und Wunibald (Patrone des
Hauses Waldburg), Joh. von Nepomuk
(Patron der Stadt Wnrzach) und die
hl. Verena (Patronin der Pfarrkirche).
Im einzelnen verdienen nachstehende
heiligen Ueberreste besondere Erwähnung:
An Reliquien, die ans die Person
Christi Bezug haben, sind hervorzu-
heben: zwölf Stücklein des heiligen
Kreuzes, eine Reliquie von der heiligen
Lanze, mit weicher die Seite Christi durch-
stochen wurde, eingefügt in eine Lanzen-
spitze (Monat März), und ein Dorn auS
der Dornenkrone Christi (April II bei
dem Veronikabild und Januar II); dann
finden sich vor in einzelnen Kästchen drei
Nägel ohne Bezeichnung (offenbar Nach-
bildungen der heiligen Nägel, mit welchen
Jesus ans Kreuz geschlagen wurde. Es
ist anzunehmen, daß diese Nachbildungen
mit den wahren heiligen Nägeln berührt
wurden. Ferner sind vorhanden Ueber-
reste vom Schweißtnch, Ober- und Unter-
kleid Christi und Erde, Staub, Steinchen
und andere Andenken von der Stelle, wo
Jesus geboren war, von der Krippe, in
die er gelegt wurde, vom heiligen Hans
zu Nazareth, von der Wüste, wo er
40 Tage fastete, von dem Orte, wo er
getauft wurde, von den Orten, wo er
das heilige Altarssakrament einsetzte, wo
er Blut schwitzte, gegeißelt, mit Dornen
gekrönt, znm Tode verurteilt, gekreuzigt
wurde, dann Reliquien vom Grabe, von
der Leinwand, in welche der Leib gewickelt,
vom Blntacker, von dem Hause, wo der
heilige Geist herabkam u. s. w.
Aehnliche Andenken besitzt der Gottes-
berg von der allerseligsten Jungfrau
 
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