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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 24.1906

DOI Artikel:
Geschichte des ehemaligen Franziskanerinnenklosters zu Unlingen, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18485#0068

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dienstreiches Leben zurückblicken kann ! An
vier verschiedenen Stellen des kleinen Ur-
buchs bittet sie die Schwestern »in ihr
Gebet, wenn sie ibre Handschrift lesen.
All das ist das Zeichen einer großen,
ausrichtigen Demut und Frömmig-
keit, welche diese edle Frau beseelten.
Sie war eine ehrwürdige Mutter im
eigentlichen Sinn des Wortes, genoß aber
auch die Verehrung seitens ihrer Unter-
gebenen. Ihre Tugenden konnten nicht
verborgen bleiben. Die Reinheit ihres
Herzens war schon in den ersten Jahre»
ihres Klosterlebens auf die Probe gestellt
worden, als ihrer jungfräulichen Ehre
seiiens der rohen Soldaten Gefahr drohte.
Eine kindliche Verehrung der Mutt er-
go tt es legte sie an de» Tag: die Kapelle
und das MuttergotteSbild geben Zeugnis
hievon. Wie sehr schmerzte es sie, als
sie nickt inehr auf den „lieben Bussen"
wallfahren konnte, weil ihr der herrschaft-
liche Jäger mit dem Tode drohte! Am
stärksten trat bei ihr der Gerechtig-
keitssinn hervor; das war auch not-
wendig in Zeiten der Veifolgung und
Kämpfe, wo es sich um das Neckt des
Klosters handelte svergl. „D.-A." 1898
S. 167).
Am 1. Januar 1698 (allem 4. Februar)
zwischen 8 und 9 Uhr nachts entschlief
die würdige Mutter gottselig, 79 Jahre
alt. Mit ihr sank die größte Tochter Un-
lingenS ins Grab. —
Ihre Mitschwesiern wußten die g r o ß e n
Verdienste der Entschlafenen wohl zu
würdigen. Im Nekrolog, worin sie
eine zweite Stifterin des Klosters genannt
wird, sind ihre vornehmsten Verdienste
und Errungenschasten aufgezählt: „Es ist
nicht zu beschreiben," heißt es da u. a.,
„was sie dem Gotteshaus Gutes getan;
sie hat sich ctlichmal gar in Lebensgefahr
wegen unseres Klösterles begeben. Weilten
sie regiereicke Mutter gewesen, haben sich
gar schwere Streitigkeiten ereignet, hat sich
aber in alle» wohl sinden können, auch
sich tapfer »m des Klösterles Gerechtig-
keit angenommen und obgesiegt; denn sie
hat einen männlichen Verstand ge-
habt und dabei große V e rf olg nn g ans-
stehen müssen um des Klosters willen. .. .
Sie ist in Summa eine getreue Mutter
im Geistlichen und Zeitlichen dem Gottes-

haus vorgestande». . . . Uns aber gegen
eine so getreue Mutter nit undankbar ein-
zustehen ist meine demütige um Gottes
willen Bitte an die noch Lebenden und
Nachkommenden, sie gedenken doch dieser
getreuen Mutter in all ihren Gebeten und
geistlichen Hebungen besonders, da sie es
wohl verdient und es unsere allerhöchste
Schuldigkeit ist."
Ein inniges Band der Liebe hatte
Mutter und Kinder umschlungen; es be-
stand nach dem Toi der Mutter fort in
dankbarem Andenken und Gebet.
Anna Johanna Hermanntzin hat viele
schriftliche Aufzeichnungen über des Klosters
Schicksale zur Zeit ihres klösterlichen
Lebens hiulerlassen. Was wir vom
30jährigen Krieg über das Kloster und
ganze Dorf und über ihre eigene Tätig-
keit als Miitter wisse», verdanken wir
ihrer Feder. Auch die Namen ihrer geist-
lichen Kinder hat sie uns hinterlassen.
Unter ihr herrschte überall Ordnung im
Kloster, in geistlichen wie in zeitlichen
Dingen. Ihr männlicher Charakter und
unbeugsamer Mut erhellt aus ihrem ganzen
Wirken, ihrem Andenken gebührt Ehre.
Mit dem Gefühl der Hochachtung und
Bewunderung scheiden wir von dieser
großen Frau. Mit Stolz kann das Ge-
schlecht Hermanntz und ganz Unlingen auf
diese Tockter Hinblicken.
Die Tätigkeit der Kouvents-
schwestern bestand im beschaulichen
Klosterleben, in Gebet und anderen geist-
lichen Hebungen, in Einübung und Leitung
des Kirchengesanges und Handarbeit. Unter
letzterer meinen wir hauptsächlich die Her-
stellung kirchlicher Leinwand und Gewänder,
wie aus jener Forderung des Klosters
Zwiefalten vom Jahr 1675 betr. Ab-
tretung der Grundgerechligkeit am Kern-
mühleplatz und deren Bezahlung hervor-
geht. Den als Opfer zum wundertätigen
MuttergotteSbild gefallenen Flachs ver-
arbeiteten kundige Schwestern zur Zierde
der Statue, die früher bekleidet war. Auf
gleiche Weise faßten sie auch kleinere
Bilder, wenigstens später noch. Das
klösterliche Leben wurde bei einzelnen
Schwestern unterbrochen durch jahrelangen
Aufenthalt im Ausland, hauptsächlich zu
Wien.
Die Namen der einzelnen Schwestern
 
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