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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 25.1907

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Merk, Gustav: Der Kampf um die Parität in Attenweiler bei Biberach, [1]
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Kleinere Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18486#0091

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diesem Sinne ausgeführt, aber das Filial-
Verhältnis Littenweilers zn Biberach konnte
bei der großen Entfernung kein befriedi-
gendes fein. Die Prädikanten ließen es
vielfach an Pflichterfüllung fehlen; wes-
halb manche Protestanten knrz vor dem
Tode noch zur katholischen Kirche zurück-
kehrten und mit den hl. Sakramenten der
Buße und Oelnng versehen starben. Ein
weiterer Mißstand und Grund zu Kon-
flikten war, daß die Protestanten das Be-
gräbnis beim katholischen Pfarrer anzeigen
mußten, der dann Ort und Zeit des Be-
gräbnisses, auch das Glockengeläute be-
stimmte. Damit war gegenseitig klein-
lichem Sinn und religiösem Hasse Türe
und Tor geöffnet. Der Leichnam eines
protestantischen 20 jährigen Jünglings,
Johann Georg Grnpp, blieb vier volle
Tage unbeerdigt, weil wegen der Grabes-
stätte, welche die Katholiken und Prote-
stanten in Anspruch nahmen, ein Streit
entstanden war. Es kam ein Augenschein
von Biberach und Schnssenried und es
wurde ein Platz bestimmt, den keine Partei
in Anspruch nahm. Der Pfarrer Blasius
Huber mag wohl recht gehabt haben, wenn
er schreibt, daß ein damaliger Pfarrvika-
rius große und mannigfaltige Verdrieß-
lichkeiten habe, wenn er anders wolle,
wie er auch solle seine Privilegien und
Pfarrechte, besonders die abgesonderte Re-
ligionsübung, defendieren. Allein an gegen-
seitigen Eigenmächtigkeiten und Gewalttätig-
keiten fehlte es anch nicht. Bei seinem
Antritt der Pfarrei im Herbste 1736 ereig-
nete es sich, daß die Mutter der „zwei luther-
ischen" Bauern in Gnntershosen gestorben,
der auch ihre Tochter im Tode nachfolgte.
Der Todesfall wurde, wie üblich und not-
wendig, dem Pfarrer angezeigt, worauf er
den Begräbnisplatz und die Zeit der Be-
erdigung festsetzte. Nach diesem verfügten
sich der „lutherische Schulmeister und
Johannes Gerster" nach Biberach, hielten
bei ihrem Herrn um die Erlaubnis an,
bei den Leichenbegängnissen zu singen, was
ihnen nicht nur erlaubt, sondern sogar an-
befohlen wurde.

Dieser ergangene Befehl wurde dem
Pfarrer iu Atteuweiler von den Nach-
suchenden kundgegeben, aber derselbe
protestierte unter dem Hinweis, daß die
„lutherischen Herren und Prädikanten" in

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dieser Sache als „Religionsfache" uichts
anzuordnen, noch viel weniger zn befehlen
haben. Wenn sie sich daher unterstehen
werden zu singen, so möchten sie wissen,
daß er die Kirchhoftüre werde schließen
nnd wofern sie Gewalt anlegen würden,
hineinzubringen, werde er Sturm schlagen
lassen. Die „guteu Baueru" liefen wieder
nach Biberach uud hinterbrachten des
Pfarrers Aussage. Allem Anschein nach
muß der Beseht wieder zurückgenommen
worden sein, da andern Tags, als der
Leichnam begraben wurde, alles still uud
ruhig war und niemand zu singen sich unter-
stand. Der Pfarrer war der Ansicht, daß
es darauf augelegt war, gleiche Religions-
übung einzuführen. Die lutherischen Herren
ließen ihm nämlich sagen, daß, wie sie ihm
in der katholischen Religionsübnng nichts
einreden, so solle er auch ihnen nichts vor-
schreiben, sondern ihre Religionsübnng
passieren lassen und dem (nach Littenweiler)
heranskommenden Prädikanten nichts in den
Weg legen.

Auch iu der Folge dauerte» die Zwistig-
keiten fort.

Anstoß dazu gab jetzt die Festsetzung
der Beerdigungsstuude durch den katholi-
schen Pfarrer, die aber die Protestanten
nicht einhielten, infolge dessen das Glocken-
geläute öfters unterblieb. Im Jahre 1739
starb ein Kind, das 48 Stunden uubc-
graben dalag. Die „Lutherischen" ver-
langten das Begräbnis eines Kindes um
1 Uhr, was der Pfarrer Huber aber
durchaus verweigerte und ihnen 10 Uhr
bestimmte, wo er läuten ließ. Allein man
kam uicht uud das Kind wurde erst um
12 Uhr begraben, ohne daß ein Glocken-
zeichen gegeben wurde. Der uämliche Fall
ereignete sich auch 1742 wieder. Eine
Frau wurde auch ohne Glockenzeichen
beerdigt, weil die „Lutherischeu" eine be-
sondere Stunde hiezu verlangten.

(Schlnß folgt.)

Aleinere Mitteilungen.

Leclv. Schwäbische K ü n st l e r n o t i z e n
bezw. Nachträge zu den „Oberschwäbi-
schen Malern". Zu „D.-A." XXI, 1903 Nr. 7,
S. 98: Joh. Heinr. Schönsel dlt). Der Groß-
vater dieses berühmten Biberacher Malers war
— nach der Mitteilung des sehr eifrigen und
verdienten Fabrikanten Reinh. Schelle, Aus-
schußmitgliedes des Biberacher Kunst- und Alter-
 
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