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Beilage zum Diözesan-Archiv von Schwaben — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.17220#0045
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Anlage nun Kiözesan-Urchiv

•fr. 24. Dort Schwaben. I893.

Drangsale des Klosters Bruron im dreWAäh-
rigetr Krieg.

(Schluß.)

Am 23. Juni, am Vorabend Johannes des Täufers,
Zerfielen ungefähr 100 Reiter ein nahes Dorf und verm-
ochten unseren armen Pfarrangehörigen großen Schaden,
darnach schickten sie sich an, auch unser Kloster auszuplün-
inan war indeß noch frühe genug dieses Vorhaben ge-
^chr und brannte daher die größeren und kleineren Geschosse
'fr) da zugleich ein dichter Nebel unser Thal ihren Blicken
Z'barg, so entfernten sie sich stutzend. — Den 9. August
N wieder ein entsetzlicher Hagel, wodurch nicht nur unser
tzehent in der Nachbarschaft, sondern auch hier auf unseren
Zidern alle,Früchte zerstört und an den Dächern und Fenstern
l,|n ungeheurer Schaden verursacht wurde. Dadurch sah sich
Äser Propst veranlaßt, nicht nur die silberne Monstanz mit
’Ot meisten noch übrigen silbernen Geräten zu verkaufen,
vicheru auch mit neuen Schulden das Kloster zu belasten.
!l,n 15. August überfielen und beraubten Reiter vom Grins-
Adischen Regiment unsere Mühle aller vorhandenen Vorräte
lud alles Mehles.

1636. Am 1. Februar schickte der Propst den Schrei-
bt des Klosters zum Prälaten von Kreuzlingen, nnserm
Visitator, um ihn um Bürgschaft für ein aufzunehmendes
Kapital auzugeheu, indem wir sonst unsere Aecker müßten öde
"egen lassen und nichts mehr hätten, wovon wir leben könn-
en, auch kein Mittel mehr übrig blieb, die Geistlichen im
Kloster zurückzuhalten. Großmütig gab der Abt eine Summe,
»r die wir unsere Reben in Sipplingen verpfändeten. Am
ch Februar bezogen mehrere Eskadronen vom Regiment Pic-
Zlomini in der Nähe ihr Winterquartier. Eine Abteilung
silt voll Wut nnserm Kloster zu, raubte die Mühle aus, zer-
feile unseren Fischbehälter, nachdem sie vorher alle Fische ge-
nommen, und überfiel zuletzt das Kloster. Zwar hatte man
^c>s Klosterthor stark verrammelt und setzte sich ihnen tapfer
sUr Wehr, dennoch durchbrachen aber die Soldaten das Dach
Zs Viehhanses, nahmen dann Kühe, Ziegen, Schweine, Korn
Ad Pferde mit und drohten uns im Fortgehen mit wicder-
. Zltem zahlreichem Besuche, wo sie das übrige fortschaffeu
würden. Während all dieser Ereignisse wütete die Pest auf
ej»e schreckliche Weise in der ganzen Gegend. Zwölf unserer
Hausgenossen wurden ein Opfer der Seuche, darunter 4 Geist-
uche. Im April verkaufte unser Propst den silbernen Hirten-
, stab und ebenso 2 Kelche. An: 16. Mai kam ein Lieutenant,
e,n Jialiener vom Regiment Neuhausen, um Mittag in nnserm
Kloster an, willens, mit seinen Reitern Standquartier darin
beziehen. Zweimal stürzte sich unser Propst vor ihm auf
Knie und bat mit erhobenen Händen, er möchte das Kloster
Ikonen nnd fortziehen. Umsonst! Der Propst überzeugte
H indessen, daß in Hinsicht der Ordre ein Irrtum eingetreten
iiibem ein gewisser Ort in Württemberg zwischen Stutt-
gart und Cannstatt, ebenfalls Kloster Beuron genannt, lag,
sUchi» der Befehl wirklich lautete. Jener wollte jedoch, aller
Zurechtweisung ungeachtet, nicht eher von der Stelle weichen,
mit ihm unterhandelt war. Infolge dieser Unterhandlung
"Aßte der Propst dem Lieutenant ein Pferd, eine Kuh und,

weil kein Geld vorhanden war, einen silbernen Kelch ein-
händigen, worauf uns endlich die ^undankbaren Gäste ver-
ließen. Es ist nicht zu glauben, wie schrecklich während dieser
Zeit unser Propst von jene» Barbaren behandelt wurde. Nur
er, zwei Geistliche, ein Bäcker und ein Knecht waren »och im
Kloster, alle übrigen waren vor Schrecken entflohen.... Wie
groß das Elend in der ganzen Gegend war, geht daraus her-
vor, daß wegen gänzlichen Mangels au Zugvieh die armen
Dorfbewohner nur mit Hacken einige Felder zu notdürftiger
Aussaat bestellen konnten.

1637 herrschte allgemein eine solche Hungersnot, daß
die Menschen begierig Pferdefleisch aßen, wo es noch zu er-
halten war.

Im Juni wurde unser Propst Johannes plötzlich und
heftig vom Schlage gerührt, so daß er teilweise gelähmt war.
— Die Ernte war sehr mager wegen des langen Winter-
schneeS und des trockenen Sommers. Von Zehnt nnd Zehent-
früchten ging durchaus nichts ein. Man hatte die traurige
Wahl, entweder das Kloster zu verlassen oder aufs neue große
Schulden zu machen.

1638. Auf dringendes Ansuchen unseres Propstes schoß
der Prälat von Kreuzlingen abermals gegen Obligation eine
Summe Geldes vor, wovon für Menschen und Vieh die un-
entbehrlichste Nahrung sogleich angekauft werden mußte. Die
Gesundheit des Propstes nahm täglich ab, bis endlich am
23. März ein wiederholter Schlag seinem Leben ein Ende
machte. Friede seinem Geiste! Sein Nachfolger Philippus,
vorher Kapitular in Kreuzlingen, erfuhr bald die nämlichen
Schwierigkeiten, wie sein Vorgänger, und fühlte, daß es
unter solchen Umständen besser sei, Untergebener, als Oberer
zu sein.

1639. Wegen der beständigen Hin- mid Herzüge der
bayerischen Truppen in diesem Jahre wurden alle Wege in
unserer Nachbarschaft unbrauchbar und die ganze Gegend ver-
heert. Unserem Kloster ging dadurch ein beträchtlicher Schaden
zu, besonders von den Soldaten, die in den umliegenden
Dörfern Standquartier hielten und dasselbe fast täglich
überfielen.

1642. Im Mai machten durchziehende Soldaten auf
dem Berge Feuer und zündeten dadurch fob absichtlich oder
zufällig?) den Wald an. Allmählich breitete die Flamme sich
ins Ungeheure aus und wurde vom Sturme ins Hardt über
das Rainfeld getrieben, so daß beinahe unser ganzer Wald
dadurch vernichtet worden.

1643. Ueberfüllung der ganzen Gegend mit feindlichen
Truppen. Unser flüchtiger Propst hat uns von dieser Zeit
an kein Tagebuch hinterlassen, darum wissen wir von den da-
maligen Verhältnissen weiter nichts, als daß bei einem Ueber-
fall der Stadt Tuttlingen, worin sich die meisten Heerführer
der französifch-schwedisch-weimarifchen Truppen befanden, Ge-
neral Johann von der Werth mit seinen Bayern in tiefster
Stille nachts durch unser Thal und über unsere Brücke
gezogen.

1646. Die Pest hatte um diese Zeit alle Klosterherren
hinweggerafft. Am 14. Juni enthob der Tod den Propst
Philippus seiner Leiben. Nur zwei Patres waren übrig ge-
 
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