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Die „Dioskuren" erschei-
nen am 1. u. 15. jedes Mo-
nats in 1—2 Bogen gr. 4.

Abonnementspreis vier-
teljährlich i Thlr. prsenum.
für ganz Deutschland.

Sämmtliche Löbl. Post-
anftalten u. Buchhand-
lungen des In- und Aus-
landes nehmen Abonne-
ments an. In Commission
der Nicolai'schen Buch-
handlung in Berlin.


I »tu. 21.1

--

Mittheilungen und Cor
respondenzen aller Art, wel-
che den Inhalt der Zeitung
betreffen, find an die „Ne-
daction der Dioskuren"
(Jägerstr. 38), Neclama-
tionen an die ,,Erpedi-
tion der Dioskuren^^
(ebend.) zu richten.

fPreis einer einzelnen
Nummer 5 Sgr. ohne
Kunstbeilage.j

1857. f

reöifltut unter Mitwirkung einheimischer und auswärtiger Ztunstsreunde

von

Dr. Max Lchasker,

Secretair des „Museums für Kunst und künstlerische Interessen" in Berlin.

Das Rsäahtionshnrsnu cker ^vioshuren^ (ckägerstrasso 38) ist in äse Regel täglich von 9 —12 Uhr geöffnet.

3 n h

Abhandctnde Artikel: Die Häupter der modernen französischen Malerei.

Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik derselben von Richard Fischer.
Corrcspondenzen: I Marseille. (Zweiter Reisebrief.) — ^ München, Ende
Oktober. (Glasgemälde, Platendenkmal, Kunstvereinsausstellnng.)

Kunllchronik: Verschiedene Lokalnachrichten aus Berlin, Stettin, Dresden,
München, Wien, Speyer, Rom, Mailand, Messina, Paris, Man-
chester, Dublin.

Kunstkritik: Kritische Wanderungen durch die Knust - Institute und
Ateliers von Berlin. — 1. Die Ausstellung des Kunstvereins. — 2. Die

alt:

Ausstellung französischer n. a. Meisterwerke aus der Galerie des Herrn Commer-
zienraths L. Raven« und aus der Sammlung des Herrn Hofmalers Prof. Ed.
Hildebrandt. — 3. Die permanente Gemäldeausstellung von Sachse.—4. Die
Aufstellung der achten Schloßbrückengruppe. — 5 Die Gemäldehandlung von Lepke.
Kunstliteratur und Album: I. Kunstliteratur. Aesthetik — Geschichte — Technik.
Hagen, vr. A., die deutsche Kunst in unserm Jahrhundert, i. Theil. — II. Al-
bum. Schönheiten-Sammlung Sr. Mas. des Königs Ludwig von Bayern rc.
Kunstinstitute und Kunstvereine: Königl Akademie der Künste in Berlin. — Wissen-
schaftlicher Kunstverein. — Kunstverein zu Kiel

Die Häupter der uwdernril franMscheii Malerei.

Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik derselben

von 'Richard Fi soll er.

VI.

Robert.

Es gehört zu den angenehmsten und anziehendsten Studien eines Kunst-
kritikers und Kunstschriftstellers, sich ganz in das Seelenleben großer Künstler
zu vertiefen, den eigenthümlichen Gang ihrer geistigen Natur aufzusuchen, den
Schwingungen ihres Genius zu folgen und so erst zur wahren, innersten
Erkenntniß ihrer Werke aus dem seelischen Wesen der Künstler selbst in Grund
und Folge zu gelangen. Je unbefangener und wissenschaftlicher wir hiebei
verfahren, um so klarer wird uns das Bild ihres Schaffens, um so deutlicher
der bestimmende Zusammenhang ihres Wesens, ihres Charakters, ihrer Geist-
thätigkeit, ihrer Kunstrichtung. Vergessen wir niemals, daß die Schöpfungen
aller Künstler immer nur der Ausdruck ihrer eigensten Natur, ihres innersten
Menschen sind, und daß, je eingeweihter wir in diese eigenste Natur, in diesen
innersten Menschen sind, um so klarer und lichtvoller das Wesen und der
Werth ihrer Kunstwerke sich vor uns aufthut. Es erhellt daraus von selbst,
wie wichtig für die Beurtheilung von Kunstwerken biographische Mittheilungen
sind, in denen vor Allen: diese eigenste Natur, dieser innerste Mensch des
Künstlers zur Kenntnis; gebracht wird. Je tiefer, inhalt- und einflußreicher
diese Natur ist, je inniger die Menschenseele mit dem Kunstgenius sich ver-
knüpft, je origineller und organischer sich beide zu einem großen schöpferischen
Ganzen, zu einer dichterischen Macht znsammenschließen, wie es bei unserem
Meister der Fall ist, um so lehrreicher und uothwendiger ist es, Geist, Herz,
Charakter, Leben des Künstlers vor uns zu entfalten und die Sonde der Kritik
in sie zu versenken. Das Interesse au seinen Werken, wie das Verständniß
derselben kann dabei nur gewinnen.

Unser Meister bietet zu alle dem,' wie leider nur wenig Andere, einen
reichen Qucllenstoff, nämlich seine glücklicherweise ans uns überkommene Kor-
respondenz, die wir als den reinen, untrüglichen Spiegel seiner Seele be-
trachten können. Wenn wir nun auch im Allgemeinen behaupten müssen, daß
sich in dieser Korrespondenz mehr Herz als Geist, mehr Empfindung als
Gedanke, mehr Poesie als Philosophie, mehr Zartsinn als Charakterstärke
ausspricht, so ist doch dieses Herz, diese Empfindung, diese Poesie, dieser Zart
sinn so rein, so edel, so erhaben, so weihevoll, daß wir ihnen unsere innigste
Thcilnahme schenken, unsere höchste Anerkennung zusprecheu müssen.

Louis Leopold Robert ist geboren den 13. Mai 1794 in dem Distrikt
von la Chaux-de-Fonds im Canton Neufchlltel, und zwar in einer Kolonie
von Uhrmachern, Niederlassungen und Werkstätten der Industrie, wie sie die
französische Schweiz vielfach aufweist. Diese kleine, unfruchtbare, damals
wenig bevölkerte Scholle Land, umgeben von öden Gebirgsmassen, die zur
Hälfte des Jahres mit Schnee bedeckt sind, ist die Wiege mehrer ausgezeich-
neter Künstler, nämlich der beiden Girardet's, berühmt durch ihre Kupfer-
und Holzstiche; K. Forster's, eines der bedeutendsten europäischen Kupfer-
stecher unserer Zeit; des Medailleurs Brandt und der beiden Robert,
Leopold und Aurel. All' diese Männer von hoher künstlerischer Auszeich-
nung haben ihre Geburtsstätten nahe bei einander und waren Zöglinge ein
und derselben Dorfschule.

Der Vater Leopold's beschäftigte sich vorzugsweise mit der Anfertigung
und der Verzierung von Uhrgehäusen. Seine Mutter, von zartem, schwäch-
lichem Körperbau, war beliebt durch ihre rührende Frömmigkeit und durch die
Milde und Zartheit ihrer Gefühle und Sitten. Wir haben diesen Charakter-
zug der Mutter besonders hervorzuheben, da er sich in dem Sohne, welcher
zeitlebens mit innigster Liebe an ihr hing, fortpslauzt und selbst zu einem
schwärmerischen, religiösen Gefühle steigert. Ueberhaupt war Gefühl und
Empfindung, nicht ohne Spuren krankhafter Ueberreiznng, ein Hanptcharakter-
zug der ganzen Familie. — Seiner Geschwister waren vier, zwei Brüder und
zwei Schwestern. Alfred, ein Jahr jünger als Leopold, endete auf dieselbe
Weise wie dieser; er zerschnitt sich nämlich in Folge von Herzleiden am
20. März 1825 mit einem Rasirmesser den Hals; Aurel widmete sich der
Malerei und gewann einen hohen Ruf; die eine Schwester verheirathete sich,
die andere blieb ledig, um ihre ganze Sorgfalt der Pflege ihres alten Vaters
zu widmen.

Leopold, in späteren Jahren so traurig, düster und zurückgezogen, war
ein heiterer, aufgeweckter Knabe und trieb sich mit Vergnügen unter den
Heerden und Hirten umher. Schon frühe beschäftigte er sich viel mit Zeichnen
und legte die Eindrücke des bukolischen Lebens in einer großen Sammlung
von Blättern nieder. Nichts war vor seinem Bleistifte und seiner Reißkohle
sicher. Selbst Bücher und Mauern trugen vielfach die Spuren seiner er-
wachenden künstlerischen Thätigkeit, anfänglich natürlich nur eine nachahmende-
 
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