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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 7.1862

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https://doi.org/10.11588/diglit.13516#0302

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286

Der folgende Tag wurde Morgens mit einem Koncert
im Mirabellgarten eingeleitet, worauf um 10 Uhr die Er-
öffnungs-Sitzung der Kunstgenossenschafts-Versammlung
in der festlich geschmückten Aula stattfand. Professor v.
Siccardsburg, als Vorstand des wiener Lokal-Co-
mitö's, eröffnete dieselbe und führte den Landeschef Frei-
herrn von Spiegelfeld und den Bürgermeister von
Salzburg ein, welche den Kongreß im Namen der Staats-
regicrung und der Stadt willkommen hießen. Prof. Dietz
(von München) übernahm, nach vorhergcgangener Wahl des
Comitös, das Präsidium, Prof. v. Siccardsburg und
Prof. Hübner (Dresden) fungirten als Bice-Präsidenten.
Der erste Gegenstand der Tagesordnung war die Orga-
nisation derAlbrecht Dürer-Stiftung (zurUnterstützung
hilfsbedürftiger Künstler und deren Hinterbliebenen). An
der Verhandlung darüber betheiligtcn sich unter Anderen
Dr. Förster und Prof. Hübner aus Dresden. Der Sta-
tutcn-Entwurf, nach welchem die Stiftung am Geburtstage
Dürer's, am 20. Mai 1869, ins Leben treten, ihre Wirk-
samkeit aber erst beginnen solle, wenn sie wenigstens ein
Kapital von 10,000 Thaler besitze, wurde mit wenigen
Abänderungen angenommen, dem Vorstande aber schon
jetzt aufgetragen, die nöthigen Schritte zu thun, um der
Stiftung die Anerkennung der deutschen Regierungen zu
verschaffen. Nach dem Schlüsse der Verhandlungen fand
um 1 Uhr Mittags ein Diner in der festlich geschmückten
Reitschule und Abends Fackelzug mit Ovationen am Mo-'
zartdenkmal statt. Der von mittelalterlich gekleideten He-
rolden und Bannerträgern eröffnete Zug bewegte sich vom
Mirabellgarten in vortrefflicher Ordnung durch die Stadt.
Am Mozart-Denkmal hielt Herr Canon mit kräftiger
Stimme folgende Rede:

„Deutsche Kunstgenossenschaft von Nah' und
Ferne! Ich begrüße Euch im Hauche freier Lüfte, An-
gesichts himmelragender Berge, vor dem Standbilde Mo-
zart's, des deutschen Toiikünstlcrs, des unsterblichen Sohnes
dieser gastlich uns empfangenden Stadt! — Als wir vor
einem Jahre uns einten, Genossen der Kunst, im heiligen
Köln, da rauschte zu unseren Füßen der niächtig wogende
Rhein, und unser Auge blickte bewundernd empor zu deni
herrlich-gothischen Dom, dem Quader um Quader die
Gegenwart anfügt: ein Zeugniß deutschen Gemcinsinns!
Und heute, in herbstlich schimmernder Alpenwelt, stehen wir
mit der Bewunderung gleichem Gefühle vor eines Mannes
Standbild, eines Mannes, dessen Ruhm dauernder ist als
Quader und himmelragender als Thurmcsspitzen, zu dessen
Ehren die Gegenwart nichts hinzufügen kann, als den
immer erneuerten Zoll bewundernder Verehrung! Er war
ein deutscher Künstler, — seine Wiege ärmlich, — seine
Triumphe unzählig, — seine Sterbestunde bitter und sein
Ruhm ohne Grenzen und ohne Ende. Ein mächtiges
Streben nach erneuerter gesunder Einigung durchgähret
die Gegenwart; am Main, in der einst kaiserkrönenden Stadt
Frankfurt, fanden sich jüngst Tausende, die Waffen prüfend,
gerichtet auf friedliches Ziel; — denn die Waffe erzwingt
die Achtung des feindlichen Nachbars; — in Wien, dieses
Reiches glänzender Metropole, berathen deutsche Männer
das Recht, das allein der Staaten Bestand verbürgt;
und wir, Künstgenossen! pflanzen stolz und fröhlich an des
Donaurciches Grenzmark unser Banner auf, das Banner
der Kun st! Denn wie Mozart's unsterbliche Töne heimisch
sind im Norden und Süden, in Hütte und Pallast, so
schlingen die Künste ein einigendes Band um alle Stre-
benden, Ringenden, für das Ideal Begeisterten! Das
Geheimniß deutscher Einheit ist für uns längst gefunden,
darum scheint kein Laut mir würdiger, Angesichts des er-
habenen Meisters der Töne die Luft zu erschüttern, als
wenn wir ein Hoch ausbringen der Kunst, die uns einigt,
erhebt und begeistert! — Der deutschen Kunst, der
wir leben und sterben wollen, ein dreifaches Hoch!" Nach-
deni das Hoch verklungen war, stimmten die vereinigten
Singvereine einen von Siegmund Lichtenstein gedichteten

Festgesang zu Ehren des großen Tondichters an, worauf
die Versammlung sich nach dem gemeinsamen Festlokal be-
gab, um daselbst noch in munterer Weise bis nach Mit-
ternacht zu verweilen. (Schluß folgt.)

? Köln, im September. (Die Konkurrenzmo-
delle für das Königsdenkmal. Schluß.) Auf den
Vorsprüngen des Sockels, dessen Reliefs ich in meinem
vorigen Briefe angegeben, stehen nun, wie ich schon früher
bemerkte, die größten Feldherren der damaligen Zeit,
Blücher und Gneisenau, Uork und Scharnhorst,
gleichsam als Wächter der durch die Freiheitskriege er-
rungenen Unabhängigkeit des Vaterlandes und zugleich
als die Träger des eigentlichen HauptkörperS des Denk-
mals, welcher, von dem Sockel durch einen ringsumlaufcnden
Vorsprung entschieden abgeschlossen, auf den vier Seiten
ebensoviele hohe Nischen zeigt, in denen auf der Vorder-
seite die 16 Fuß hohe stehende Figur des Königs steht,
während die andern drei die sitzenden Figuren Harden-
bergs, Steins und Schöns enthalten, zu deren Füßen,
also im Gurte des Sockels, die Wappen der acht Provinzen
und das der Stadt Köln angebracht sind.

Ehe ich meine Ansicht über dies Arrangement aussprcche,
will ich zuerst den Künstler reden lassen, dessen Auffassung
gerade dieses Theils des Denkmals von besonderer Wich-
tigkeit ist. Die Vorderseite beschreibt er folgendermaaßen:
„Vorn aus einer Nische tritt der König, auf dem Haupte
den Lorbeer, in der Rechten fest das Sccpter haltend,
die Linke zum Segen ausstreckend. Obwohl der Gehalt
eines Standbildes im Ausdrucke des Kopfes und im Nhyt-
mus der Bewegung liegt, so zeigt sich doch gleich hier,
wie wichtig die den König kennzeichnende Tracht ist, welche
dazu dient, den Eindruck der Alltäglichkeit in der äußern
Erscheinung aufzuheben. Zu seinen Füßen in Medaillons:
in der Mitte die Königin Louise, rechts und links seine
Kinder Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I.
Ueber der Nische des Königs halten zwei des Engel das
Wappen des Staates". — Die Nische der rechten Seite zeigt
den „Kanzler, Fürsten Hardenberg, ebenfalls in der
Tracht, wie sie bei Reichskanzlern traditionell ist, nicht
im Staatsfracke von 1816 mit himmelhohem Kragen und
Schößen, deren Schnitt Anstoß erregen würde; um den
Hals die Gnadenkette und in der Rechten ein Pergament
mit Kapselsiegel"; die Nische der linken Seite: den „Minister
von Stein sich zum Volke hinneigend, in der Rechten
eine Ansprache, in der Linken symbolisch ein Schwert mit
Lorbeerkranz"; die Rückseite: den „Präsidenten von Schön,
mit der Rechten in ein offengehaltenes Buch deutend".

Mit der Auffassung der Hauptfigur muß sich Jeder
einverstanden erklären: sie ist würdig und voller Majestät;
nur ihr Größenverhältniß könnte trotz ihrer 16 Fuß zu
gering erscheinen, wenn man bedenkt, daß das ganze Denk-
mal, dessen Hauptpunkt und Zweck sie bildet, 100 Fuß
im Ganzen mißt. Meiner Ansicht nach müßte sie mindestens
20 Fuß groß sein, ja eine Größe von 25 Fuß würde
noch nicht zu unverhältnißmäßig erscheinen. Die Figuren in
den Seitennischen dagegen passen meiner Ansicht nach nicht
dahin. Da sie wirkliche Personen darstellen und keine
symbolischen Gestalten, so mußten sic in derselben wirklichen
Größe gehalten werden, wie die Hauptfigur. Andrerseits
mußte diese sie doch wieder in der Höhe überragen, weil sie
sonst nicht dominiren, nicht als Hauptfigur zur Geltung
kommen könnte. Der Künstler hat daher zwar mit richtigen
Gefühl die Auskunft getroffen, jene sitzend darzustellen, um
sie etwas niedriger erscheinen zu lassen; allein dies ist
nur ein Nothbehelf. Der künstlerische Fehler liegt darin,
daß sic in demselben realen Größenverhältniß mit der
Hauptfigur und auf demselben Niveau stehen. Diesem
Mißgriff kann nur dadurch abgeholfen werden, daß die
anderen Nischen, mit Ausnahme der der Vorderseite, worin
die Hauptfigur steht, ganz fortfallcn und statt ihrer ein-
fache Flächen angebracht werden, welche etwa mit Reliefs
 
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