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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0034

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deutenden Talenten auch wieder in Selbstüberhebung der
Impotenz aus; und wenn Einer die Schrulle pflegte, auf
dem Kopfe zu stehen, will er uns weiß machen, das sei die
einzig wirklich ^natürliche Stellung, oder wenn sich ein
Anderer aus Widerspruchsgeist angewöhnte, Disteln zu essen,
so beweist er uns daun logisch, daß es nicuschheitsentwür-
digend sei, Beefsteaks zu verspeisen.

Die dritte Kategorie endlich ist in unseren Tagen am
reichlichsten und in sich abgeschlossen am erfreulichsten ver-
treten. Von H ogarth bis LanLseer und John Le e ch;
von Lvotard und Greuze bis zu Meissouier, Ha-
inau oder Gero me, von Chodowieczki bis zu Lud-
wig R i ch t e r, von M e y e r h e i m bis Knaus oder S p i tz-
weg. Der Manu kann zwar nur Sittcngenre, Kinder-
idyllen, Straßeirkarrikaturen, Mädchcuköpfe, RokokouiaSkeu
oder Schildbürger verewigen; aber was er kann, daS kann
er ganz, originell, bezaubernd, erschöpfend, im Kleinen
groß, im Großen klein, jedoch wahr und wohlthüend.
Diese Meister werden daher auch am meisten gesucht, denn cs
versteht sie Jedermann, und zugleich muß auch der strengste
Kritiker sie als Spccialität schätzen, achtet er sie vicl-
leid't auch nicht hoch; und sie kommen nie aus der Mode,
denn sie geben nur sich selbst in den Wiedcrspiegelungen
ihrer Zeit. Aber in allen diesen drei Kategorien ist doch
das eigentliche Wesen der Kunst nicht erschöpft. Wäre

dies der Fall, so wäre c§ undenkbar, daß diesen „höheren
Bestrebungen gegenüber" die Alten trotz ihrer Unzuläng-
lichkeiten wie alles Unmittelbare als ewig leuchtende, or-
organisch gewordene Posivitäten bestehen bleiben, während
alles Moderne von gestern schon zopfig ist, alle eklektischen
Experimente rasch zu bloßen Studien zusammenschrumpfen
und die »och so niedliche Kleinmalcrei doch eigentlich klein-
lich erscheint und wirkt. Die Allen bleiben ewig erfrischen-
der Oucll idealen Schönheilstriebes, und indem sie so
sehr in ihrer Zeit befangen waren, haben sie uns gerade
dadurch die Typen ihrer Zeit gerettet und zugleich uns
aufmerksam gemacht, daß nicht alle Zeiten typisch gleich
sein konnten. Was wir sind,- haben wir ano ihnen, auch
die NichtnngSangabe, in der wir höher zu streben uns
bemühen.

Aber was werden wir denn nun unseren Enkeln hinter-
lassen? Kopien der Alten, alö Fingerzeig, wie man nicht
topiren soll? Versuche ans dem Kops zu gehen, einer Zu-
kunft vermacht, die sich gern die Füße doppelt anschaffen
möchte? Gedanken, deren Formen Hieroglyphen werden,
indem ihnen das Medium sinnliche» Verstchungsvermögens
verweigert wurde? Liebenswürdige Nippes, über die ein
komnicndes Jahrhundert lachend die Achseln zucken dürfte?

(Fortsetzung folgt.)

Korresponderizru.

LI Düsseldorf, Ende December. (Die Domban-
kotterie und die Kunstgenossenschaft. Schluß.)
Hiermit schien die Sache, wenn auch nicht erklärt, doch
erledigt, als man in Erfahrung brachte, daß schon vor
jener osficicllen Erklärung daö kölner Eomite an gewisse
Künstler in Düsseldqrf Privalcinladungcn erlassen hatic.
Namentlich wurden die Herren Andreas und Karl
Biüller als solche Bevorzugte bezeichnet. In Folge
dessen beraumte das düfseldorfer Lokaleomite der deut-
schen Knnstgenosienschast eine General-Bersanimlnng der
Mitglieder aus den 19. December an. In dieser wurde
nun bei großer Betheilignng einstimmig erklärt, daß man
die Ausstellung des kölnischen Ecntral-Domban-Eomitös
nur beschicken werde, wenn die betreffenden Briefe an die
Einzelnen annullirt, daö ganze Verfahren des Comites
znrückgenommen, die Bilder der einzelnen Eingeladenen
ebenfalls vor die hiesige Jury gestellt und daö Versprechen
gegeben werde, daß nur ans der Ausstellung gekauft wer-
den solle. — So steht die Sache nun. Wahrscheinlich wird
das kölner Semite, welches, wie cs scheint, von einer
gewisse» Kotterie beeinflußt wird, nicht nachgebeu; das
düfseldorfer Semite aber gewiß nicht, weil seine Ehre
geradezu ver ctzt worden ist. Diese neue Schlcicherei und
Klüngelci, welche der Partei, von der sie ansgebt, das
letzte Rcstchcn Vertrauen und Achtung kosten möchte, hat
also wieder einmal ein großes, ehrliches, gemeinsames
Wert kompromitlirt. Mich dünkt, die deutsche Knnstgcnos-
scnschaft tönnte die Sache noch etwas energischer ansassen,
indem sie allen ihren Mitgliedern — wo sie sich auch be-
finden mögen — es zur Ehrenpflicht machte, für diese so
kompromittirtc Dombanlotteric nunmehr nicht den Pinsel
zu rühre». Dris würde einmal ein Exempel sein, dessen
Statuirung den Schleichern für s Künftige da§ Handwerk
legen dürfte.

ch Venedig, Ende December. ^(Das Breviarium
des Kardinal Grimani.) — Das allen Freunden alt-
devtschcr Kunst wenigstens dein Namen nach bekannte merk-

würdige Breviarium des Kardinal Grrmani, wel-
ches in der hiesigen Sl. Markus-Bibliothek bewahrt wird,
ist von dem hiesigen Photographen Pcrini pbotographisch
nachgebildct worden.- Das Exemplar dieser Reprotuction
wird ans 50 NapoleonSd'or berechnet. Als historische Notiz
diene Folgendes: Dieser Kodex, dessen Miniaturen zu den
schönsten Arbeiten dieser Art aus der alt-flandrischen Schule
gehören, besteht ans 831 PergainenibläKeru, welche neben
dem Kalender mit 24 Bildern und Gebeten mir Randocr-
zierungen »och 68 große Darstellungen enthalten. Er ist um
1489 vom Kardinal Domenico Grimani vom Maler Anto-
ncllo von Messina um 500 Ducaten angekauft und von
einen späteren Erben desselben der Marciana testamentarisch
geschenkt worden. Antonello hat sich zwischen den Jahren
1450 bis 70 in Brügge aufgehalten, und dort die van
Eyk'sche Methode der Oeliiiakerei erlernt. Es ist nicht
bekannt, wie er in den Besitz des kostbaren Kodex gckcni-
men; aber wahrscheinlich ist es, daß er ihn aus den Nie-
landen mitgcbracht, so daß derselbe zwischen 1450 — 70
angefertigt worden ist. Man erkennt deutlich verschiedene
Hände, die die einzelnen Blätter gearbeitet. Bon Einem
Künstler sind die 12 großen und 12 kleinen zu den Mo-
natc» gehörigen Bilder. Cie sind ein treues und reizen-
des Abbild des täglichen Lebens in Haus und Feld, in
Stadt und ans dem Land, mit Rücksicht auf die verschie-
denen Klassen der Gesellschaft, in Trachten, Physiognomien
und Bewegungen. Ganz vorzüglich schön und vollkommen
aber sind alle Thicre gezeichnet. Gleichfalls nur von Einem
Künstler rühre» die Randverziernngen der Gebete her.
Perlen und Edelsteine, Blumen, Schmetterlinge nnd an-
deres kleines Gethier, Alles ist höchst gesWmallocll und in
höchster Vollendung ansgcführt. Die durch den ganzen
Kodex ohne Ordnung zerstreuten alt- und ncuteslamenl-
lid'e» Bilder nebst späteren Kirchenheiligen rühren von
verschieden Meistern her, unter denen einer — der das
Gebet der Inden nm einen Mcsiias, die Dreieinigkeit, die
Auferstehung, einzelne Apostel rr. a. m. gemalt — zu den
bedeutendsten Künstlern, nicht mir der flandrischen Schule,
 
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