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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0048

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Kunstgeschichte und Antiquitäten.

Eine Fahrt nach Belgien. (Forts.)

4. Das Museum in Brüssel. (Forts.)

Da die dem Roger und Goswin v. d. Wey den,
dem Memling und Qu. Massys hier zugeschriebenen
Bilder entweder unbedeutend oder zweifelhaften Urhebers
sind, so wende ich mich noch zu zwei halbitalienisirten
Meistern der alten Schule, zu Mabuse und Orley.
Von Elfterem ist das Triptychon (Nr. 15), dessen Mittel-
bild „Christus im Hause Simons des Pharisäers" darstellt,
auf den Flügeln die „Auferweckung des Lazarus" und die
„Himmelfahrt der Maria Magdalena," milden grau in Grau
gemalten Außenseiten „Christus als Gärtner" mit der vor
ihm knieenden Magdalena; ein Werk, über welches der
Katalog sehr richtig bemerkt, daß es in der ganzen An-
ordnung mit dem inschriftlich beglaubigten „heil. Lucas,
der die Madonna malt" im Dom in Prag so sehr über-
einstininit, daß dadurch jeder Zweifel an der Autorschaft
unsres Bildes gehoben ist. Wenn dieses noch vor der ita-
lienischen Reise unsres Meisters entstanden ist, so verräth
dagegen Orley's „Klage um den Leichnam Christi", ein
Triptychon (Nr. 25) 3 Fuß hoch auf schwarzgeflecktem Gold-
grund, mit den Flügelbildern des Donators, seiner Gattin
und den 12 Kindern nebst den Rückseiten der „Verkündigung,"
zwar noch flämischen Geist und flämisches Gefühl, aber
die Ausführung erinnert durchaus an die früheren Werke
Raphaels. Der Donator dieses Bildes ist, wie Fctis
scharfsinnig ermittelt hat, der s. Z. hochgestellte Diplcniat
Philipp Hanneton (p 1521) und seine Gemahlin Marga-
rethe Numan (s- 1531), so daß unser Triptychon bald nach
Orley's Rückkehr nach Belgien, aber vor 1521, gemalt ist.

Größer als vielleicht in irgend einer anderen Samm-
lung ist in unserem vorsichtigen Kataloge die Reihe der
älteren flämischen und niederdeutschen Bilder unbekannter
Meister. Ich erwähne aus der Zahl derselben nur die
beiden, gewöhnlich den; G oswi n v. d Weyden beigeleg-
ten Darstellungen mit der „Himmelfahrt Mariä" (Nr. 49
und 50), die Fetis, gestützt auf authentische Dokumente,
demselben abspricht; dagegen will er in den Flügeln auf
Goldgrund, deren Mittelbild verloren gegangen ist, (Nr. 85)
mit der „Geißelung" und der „Auferstehung Christi" den s. g.
Meister der Lyversbergischen Passion erblicken, worin ich
ihm, da ich noch vor 14 Tagen seine 8 Tafeln im kölner
Museum betrachtete, durchaus beistimme.

Den Uebergang zur flämischen Schule des 17. Jahr-
hunderts macht nur Otto Benins, der Lehrer des Ru-
bens, den man freilich am besten in Antwerpen kennen
lernen kann. Von seinen drei Bildern sind die bedeutend-
sten das aus der Dominikanerkirche in Löwen stammende
große Triptychon (Nr. 336) mit „Christus am Kreuz"
zwischen den beiden Schächern und vielen Nebenfiguren
nebst den Flügelbildern der „Grablegung" und „Christus am
Oelberge" (eine Komposition von großer Kraft der Aus-
führung) und die „Vermählung der heil. Katharina", aus
dem I. 1589, bekannt unter dem Namen Io Capucin
d’Aremberg (Nr. 338). Sein großer Schüler Rubens
ist mit 11 Bildern vertreten, die^ großentheils von kolossalen
Dimensionen, für Kirchen bestimmt waren und deshalb
in der breiten, skizzenartigen Manier des Meisters gemalt

sind. So die „Anbetung der Könige" aus der Kapuziner-
kirche in Tournay, die „Kreuztragung" ans der berühmten
Abtei Afflighem, und das „Martyrium des heil. Livinus."
Ein allegorisches, eigenthümlich effektvolles Stück ist
(Nr. 286) „Christus, der die Welt durch den Blitzstrahl
vernichten will, aber durch die Fürbitte, welche der heil.
Franziskus bei der Mutter des Herrn einlegt, daran ver-
hindert wird." Würdiger als van Dyck, den ich mir für
Antwerpen aufspare, zeigt sich hier Jordaens, unter
dessen 5 Bildern die „Heilung eines Besessenen durch den
heil. Martinus" (Nr. 216), aus dem I. 1630 sich als ein
Kapitalbild von großartiger Komposition und glühendem
Kolorit hervorthut. Interessant ist auch die hier vorhan-
dene Skizze (Nr. 219) zu seinem im Liaison du llnis un-
weit dem Haag befindlichen „Triumph des Prinzen Fried-
rich Heinrich von Nassau." Nirgends so gut als hier und
in Gent kann man den oft nicht nach Verdienst gewürdig-
ten, wenn auch schwächeren Zeit- und Kunstgenossen Ru-
bens' und van Dyck's, Caspar Crayer, kennen lernen.
Die Zahl seiner Bilder beläuft sich ans 12, darunter „Der
wunderbare Fischzug" (Nr. 167) „Die Himmelfahrt der
heil. Katharina" (Nr. 169) und einige andere, um deren
richtige Nennung und Deutung sich Fetis in seinem Ka-
talog verdient gemacht hat.

Wenn ich hier Peru gino und Guercino als die
beiden einzigen meines Erachtens ncnnenswerthen Italiener
einschieben darf — von Erstercm ein treffliches Botivbild
(Nr. 112), von Letzterem ein erst vor zwei Jahren erwor-
benes Ovalbild der „Heil. Jungfrau mit dem Jesuskinde und
Johannes" (Nr. 334) — so bleiben mir fast nur einige
Schüler des Rubens, zum Theil Kleinmeister des 17. Jahr-
hunderts übrig. Früher nur schwach und spärlich vertre-
ten, befinden sich jetzt in Folge der Erwerbungen der letz-
ten Jahre manche bedeutende Erscheinungen darunter, zum
Theil aus der Sammlung des Königs von Holland, zum
Theil ans der vor einigen Jahren verkauften Schreck'schen
Sammlung in Löwen. So der jüngere Teniers, dessen
drei Bilder jedes einer anderen Sphäre des Meisters ange-
hören, nämlich dem niederen Genre „DerLandarzt" (Nr. 325),
der Allegorie das „Bild von den fünf Sinnen" (Nr. 324)
und der Landschaft eine „Flämische Gegend mit Staffage"
(Nr. 326). Ebenso die beiden Bilder von Adrian van
Ost ade und seinem jüngeren Bruder Isaak und die drei
ebenfalls im Gegenstände sehr verschiedenen Bilder von
Jan Steen, die freilich nicht zu seinen bedeutendsten ge-
hören. — Im Fache der Landschaft und der Idylle darf ich
auch einen nieisterhaften Ruysdael mit Figuren von
Adrian v. d. Velde und den überaus klaren „Morgen
eines Sommertages" von Claude Lorrain (Nr. 199)
niit der Staffage des Aeneas auf der Hirschjagd an der
Küste Libyens, sowie den „Viehstaü" von Alb. C n Y p (Nr. 180)
nicht vergessen. Wer besondere Liebhaberei für den gebo-
renen Niederländer, aber ausgcbildeten Franzosen Phil,
de Champaigne hat, findet hier, nächst dem Louvre,
wohl die reichste Ausbeute. Es sind 16 meistens aus dem
Leben der Heiligen entlehnte Bilder, in seiner bunten, et-
was theatralischen Manier. (Forts, folgt.)
 
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