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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0096

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(Redaction und Expedition der Dioskuren: Berlin, Landgrafenstr. 7.)

Inhalt.

Abhandlung: Raphael's Sixtinische Madonna, von I. G. Nönnefahrt. (Ausstellungen.) — M. New-Hort, Ende Januar. (Kunstausstellung

(Schluß.) des Künstlervereins „Palette". Forts.)

KorrespondenM: Düsseldorf, Anfang März. (Ausstellungen. Forts.) — Limst-Chronik: Lokal-Nachrichten aus Berlin, Erfurt, München, Mainz,

I Bremen, im März. (Ausstellung des Norddeutschen Eyklus.) — Metz, Wien, Pesth, Nom, Paris, Stockholm.

R. G. Wien, Mitte März. (Künstlerhaus.) — § Rom, Ans. März. Aphorismen und Miscellen. — Ausstcltungskalender.

Waptjael's Sirtmilche Madonna.

Von

I. G. Rönnefahrt.

(Schluß.)

katholische Kirche nun celebrirt das Er-
lösungswerk Christi vorzugsweise in dem
Theile des Gottesdienstes, der die Messe
genannt wird. Der Priester bringt näm-
lich in dem Moment, da er den heiligen
Schrein geöffnet und die Monstranz heraus-
genommen hat, um in hocherhobener Hand
die Hostie zu zeigen, der Gemeinde täglich
aufs Neue die Erlösung der Menschheit
durch Christum in Erinnerung. Der kirch-
lich-priesterlichen Auffassung gemäß ist in-
dessen diese Erlösung durch den Kreuzes-
tod Christi herbeigeführt, das Erlösungswerk Christi also erst
durch seinen Kreuzestod vollendet, so daß der in der alltäglichen
Thatsache des Meßopfers „gegenwärtige Gott" den gekreuzigten
Christus als Opferlamm zur Voraussetzung hat und der Priester
als Repräsentant der Kirche die Opferung des Lammes Gottes,
das der Welt Sünden trägt, symbolisch wiederholt.

Der geweihete Künstler, dem der Genius gewährt hat, unter
den historisch in die Erscheinung getretenen Formen und Be-

wegungen der Dinge mit durchdringendem Seher-Auge die ur-
sprünglichen Ideen zu schauen und seinen Anschauungen vermöge
seiner Kunst die ideale Gestalt zu verleihen — er sieht nicht den
priesterlichen Repräsentanten der irdischen, sichtbaren Kirche, die
einen Opferpriester und einen im Kreuzestode geopferten Heiland
braucht. Vielmehr schwebt die angebetete Patronin des mittel-
alterlich-religiösen Lebens, die ewige Gottesmutter Maria, welche
im Jenseits als Himmelskönigin die beseligte und beseligende
Herrin der unsichtbaren, idealen, himmlischen Kirche ist, sie selber
schwebt hernieder zu der Gemeinde der Gläubigen. Sie tritt,
nachdem der Vorhang zertheilt ist, aus dem Allerheiligsten, aus
dem geöffneten Wohnsitze der Gottheit, mit dem göttlichen Sohne
vor die harrende, heilsbedürftige Welt. Der sonst fungirende
Priester deutet ihr als Papst Sixtus mit ausgestreckter Hand
und flehendem Blick nur den Weg und das Ziel an. — Nicht
das bereits vollzogene Opfer, überhaupt nicht die fertige, ab-
gemachte Angelegenheit ist Gegenstand poetischer Bethätigung.
Der Genius weiset den Künstler auf das Motiv, auf den Geistes-
und Herzensgrund zurück, aus welchem eine Thatsache hervor-
gegangen ist. Mag der Priester das Symbol des Kreuzestodes
 
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