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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0344

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1?ter Jahrgang. \

M 42.

Herausgegeben und redigirt von

vr. Max Schasler.

Preis des Journals pro Quartal V/t Thlr. — Kreuzband-Abonnements werden nur bei Pränumeration auf den ganzen Jahrgang angenommen.

(Redaction und Expedition der Dioskuren: Berlin, Landgrafenstr. 7.)

Inhalt.

Abhandlung: Zur Säkularfeier Lucas Cranach's des Älteren. (Schluß.) Kunst-LhroniK: Lokal-Nachrichten aus Berlin, Hannover, Kassel, Mainz,

Korrespondenzen: F. K. München, Ende Oktober. (Ausstellung des Kunst- Aachen, Haag, Stockholm, Kopenhagen, St. Petersburg, New-Pork.

Vereins. Forts.) — () Brüssel, Anfang November. (Kunstausstellung. Kunstkritik: Die akademische Kunstausstellung in Berlin. (Forts.) I. Malerei.
Fortsetzung.) 7. Ernstes Genre rc. (Schluß.) 8. Das naive und humoristische Genre.

Jur Saliularfeier Lucas Eranach's des Alteren.

(Schluß.)

as Cranach's Bedeutung als Künstler
betrifft, so drängt sich uothwendig eine
Vergleichung seines künstlerischen Geistes mit
dem seiner großen Zeitgenossen Dürer und
Holbein auf. Alle drei sind vom reforma-
torischen Geiste ihrer Zeit beseelt. Aber sehr
verschieden sind sie dennoch in ihrer Auf-
fassung. Während Holbein's bewegliche Na-
tur sich zur Satyre neigte und er in sei-
nen „Todtentänzen" die Vergänglichkeit alles
irdischen Glanzes schilderte, richtete sich
v Dürer's energischer Geist ans die erhabene
Darstellung der Passionsgeschichte, die er mit einer Stylgröße
und einer einfachen Strenge gestaltete, die wohl unerreicht sind.
Beiden gegenüber steht Cranach, eine naive Natur voll liebens-
würdiger Einfachheit, nicht von der Tiefe wie jene, aber un-
rnittelbarer, unbefangener und herzgewinnender als sie. Er ist •—

und dies nähert ihn Holbein — Realist in der Art und Weise
seiner künstlerischen Anschauung, aber er ist es ohne geist-
reiche Hintergedanken, einfach und natürlich. Sein Kolorit ist
farbig und klar, aber zuweilen hart und unharmonisch. An
Fruchtbarkeit überragt er seine Zeitgenossen. Es ist nicht sicher,
welcher Schule er entstammte, man nennt Grunewald als seinen
Lehrer; auch sein Vater soll Maler gewesen sein. Aber wenn
seine künstlerische Ausbildung ungewiß ist, so ist er dafür selber
Gründer der sächsischen Schule. Er beschäftigte in seinem Atelier
zahlreiche Schüler, und viele Werke gingen daraus hervor, welche,
obschon sie seinen Namen tragen, doch wohl nur als Produkte
seiner Schülerwerkstatt gelten dürfen. Nicht ohne Berechtigung
hat man ihn den „Hans Sachs der Malerei" genannt, denn
wie dieser im vollsten Sinne des Worts der Dichter des
Volks, so war Cranach der volksthümlichste Maler. Er re-
präsentirt recht eigentlich das bürgerliche Element der
deutschen Kunst; bei aller Innigkeit der Empfindung zeigt
er eine Derbheit, bei aller Liebenswürdigkeit der Auffassung
eine gewisse Spießbürgerlichkeit, die jedes Pathos ansschließt und
gegen die Dürer'sche Erhabenheit und Strenge des Styls einen
ebenso entschiedenen Gegensatz bilden, wie gegen die Feinheit
 
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