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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 17.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.13553#0360

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(Redaction und Expedition der Dioskuren: Berlin, Landgrafenstr. 7.)

Inhalt.

Korrespondenzen: -e- Dresden, 20. November. (Aus Johannes Schilling's
Atelier.) — F. München, den 28. November. (R. Kuppelmayr.) —
8. Wien, Ende November. (Ausstellungen.)

Lunst-Chronik: Lokal-Nachrichten aus Berlin, Breslau, Koburg, Düsseldorf,

Klagenfurt, München, Prag, Wien, Warschau, Saluzza, Foligno, Neapel,
Madrid, London.

Kunstkritik: Die akademische Kunstausstellung in Berlin. (Forts.) I. Malerei.
10. Portraitmalerei. (Schluß.) 11. Die Thiermalerei. — Aphorismen re.

Korrespondenzen

resden, 20- November. (Aus Johannes
Schilling's Atelier.) Bon dem für Wien
bestimmten Schiller-Denkmal, dessen Aus-
führung bekanntlich dem hier lebenden Professor-
Johannes Schilling übertragen worden ist,
war die für den Erzguß fertige Hauptstatue als
Gypsmodell in des Künstlers Atelier kürzlich
für einige Tage ausgestellt und fesselte mit
Recht die Aufmerksamkeit der hiesigen Kunst-
freunde und Kunstkenner. Der Bildhauer hat
nicht, wie sein großer Lehrer Rietschel es ge-
than, Schiller's Haupt eine starke Hebung nach
oben gegeben. Statt der kühnen, die Wirklich-
keit über das Ideal vergessenden Begeisterung, welche in Rietschel's
Schillerstatue zum Ausdrucke kommt und so lebhaft an Goethe's
Wort erinnert:

„Und hinter ihm, im wesenlosen Scheine
Lag, was uns Alle bändigt, das Gemeine",
spricht sich in dem Kopfe und der ganzen Haltung des Schilling'-
schen Schiller's eine ruhigere, licht- und geistvolle Inspiration aus.
Wenn der ältere Meister uns Schiller vorführte, wie er in dem
idealen Fluge der Gedanken die Erde und sich selbst vergaß, so hat
der jüngere unseren großen Dichter in dem Momente künstlerisch
sixirt, wo derselbe sich einem tiefen philosophisch-poetischen Nachsinnen

hingegeben hat. Ein aufgeschlagenes Buch und einen Stift in Händen
ist der Gedankendichter Schiller, im Begriff, die ihn bewegenden
Ideen niederzuschreiben. Das Haupt ist leicht und anmuthig gehoben
und auf der klaren Stirn thront der poetische Gedanke. In der
ganzen, 13 Fuß hohen Kolossalgestalt herrscht eine einfache, gesunde
und große Harmonie, die jede nach Effekt haschende Ueberreizung
von sich weist. Als traditionelle Charakteristik für Schiller sind die
geöffnete Brustkrause, der lange altdeutsche Rock und die kurzen
Kniepantalons beibehalten. In ruhig schreitender Stellung wird
der Dichter auf' einem sinnvollen und figurenreichen Postamente,
welches bis ans den granitnen Stufensockel ganz in Erz gedacht ist,
dastehen. Der schön ausgeführte Faltenwurf des Rockes und die
ideale, stylvolle Portraitbildnerei des Kopfes verrathen vornehmlich
den genialen Schüler Rietschel's. Die technische Behandlung der
Hauptfigur dürfte kaum einem Tadel unterliegen; wollen wir außer-
dem Gesagten noch auf weitere Einzelheiten eingehen, so ist ganz
besonders die zarte Behandlung der Hände hervorzuheben.

Das Postament zeigt auf der Vorderseite eine allegorische Dar-
stellung des „Genius" mit der Fackel der Begeisterung, auf der Rück-
seite die „Menschenliebe", die Seitenflächen enthalten Symbole der
Dichtung und der Wissenschaft; unter diesen in Medaillons, von
Lorbeer- und Eichenzweigen umrahmt, dienen zur Erläuterung beim
Genius der „Pegasus", das Götterpferd, bei der Menschenliebe der
„Pelikan", der sich selbst die Brust öffnet, um seine Jungen zu nähren,
 
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