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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0034

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Ufer zu. Fröhlich auch plaudern die Menschen am Strand, oder
gehen ihren gewohnten Beschäftigungen nach, unbekümmert um den
folgenden Tag. Dieser hier mit allen Mitteln der Kunst so meister-
haft ausgesprochene Kontrast wirkt mächtig auf den Beschauer. Soll
man den Eindruck zergliedern, so muß man außer der allgemeinen
Anordnung der Komposition — im Vordergründe der Strand, links
die Stadt mit dem Castell uovo, rechts und im Mittelgrund das
Meer, gerade vor uns der Vesuv — noch besonders der reizenden
Lichteffekte erwähnen, den Mondglanz auf den Wellen, die Restexe
an den Kähnen, die Segel des am gegenüberliegenden Ufer im
Nebel verschwimmenden Schiffes, die unheimlichen Lichtpunkte auf
dem umwölkten Vulkan. Vor diesem Bilde drängt sich uns die
Ueberzeugung auf, daß es das beste Werk des Künstlers ist und
werthvoll für alle Zeiten bleiben wird.

□ München, 12. Januar. (Eduard Schleich -s.) Die
gesammte Kunstwelt hat durch das am 8. d. Mts. Abends halb
zehn Uhr erfolgte Ableben des berühmten Landschafters Eduard
Schleich, dessen Einfluß in München eine große Schule gründete,
die weit über Bayern hinausreichte, einen schweren, ja unersetzlichen
Verlust erlitten. Eduard Schleich war ein Künstler im vollsten
Sinne des Wortes, von eminenter poetischer Begabung, einer der
ersten Koloristen unserer Tage, ein trefflicher treuer Freund, ein
liebenswürdiger Charakter und ein bereitwilliger Berather junger
Talente. Schüler im gewöhnlichen Sinne des Wortes hat er nie
gehabt; aber von den Hunderten von münchener Landschaftsmalern
giebt es kaum einen, auf den sein eminentes Talent nicht mehr oder
minder bestimmend einwirkte. Schleich war k. Professor, Ritter des
bayer. Verdienst-Ordens vom heil. Michael und des k. k. österr.
Ordens der eisernen Krone 3. Kl., dann Ehrenmitglied der Aka-
dcmieen von München, Wien, Stockholm re. Auch er ward ein
Opfer der tückischen Cholera. Schleich lebte unverehlicht und hinter-
ließ nur eine Schwester, mit welcher er gemeinschaftlich zusammen
gewohnt. Er hatte sein Leben auf nur 62 Jahre gebracht. Am
Abende des 7. Januar nach seiner Gewohnheit in der Künstlerge-
sellschaft im Deutschen Hause anwesend, fühlte er ein leichtes Un-
wohlsein, beachtete es aber trotz Mahnung seiner Freunde nicht.
Im Laufe der Nacht meldete sich dasselbe wiederholt und nahm be-
reits am Morgen einen bedenklichen Charakter an. Trotz der gegen-
wärtigen Verhältnisse war bei seinem Leichenbegängniß eine außer-
ordentliche Zahl von Theilnehmenden aus allen Ständen anwesend.

-s Rom, Anfang Januar. (Barilli's Deckengemälde im
Quirinal. Kunstverein-Prämie. Akademie Sa Luca.)
Barilli hat seine Bilder im neuen Speisesaale des Quirinals voll-
endet. Die Aufgabe, die er sich stellte, war, in einem großen alle-
gorischen Deckengemälde, aber mit wenigen Figuren, die Geschicke
Italiens zur Anschauung zu bringen. Zu diesem Zwecke zeigt er
Piemont als bis an die Zähne bewaffneten Krieger, hoch zu Rosse,
die Reaction in schwarzem Gewände durch einen kräftigen Schwert-
streich zur Hölle sendend. Jtalia drückt in majestätischer Ruhe das
dreifarbene Banner an die Brust, neben sich die Urne des allge-
meinen Stimmrechts und um sich die Provinzen. Natürlich fehlt
auch der Stern Italiens nicht, von einer weiblichen Figur hoch
emporgehalten. Die Komposition ist bedeutend und gefällig zugleich
und die Ausführung eine höchst lobenswerthe, namentlich liegt in
den Köpfen ungemein viel Anziehendes und Sympathisches.

Das Comitü der Loeieta degli Amatori e Cultori di Belle
Art! und der internationalen Künstlergesellschaft sprach kürzlich den
in 5000 Frcs. bestehenden Preis für das beste plastische Werk in
der Ausstellung an der Porta del Popolo dem Bildhauer Ercole

Rosa von hier zu, dem Meister der Gruppe: „I Fratelli Cairoli“.
Bon den ausgestellten Gemälden ward keines der Prämiirung würdig
befunden.

In der königl. Akademie von San Luca wurden im vorigen
Monate zwei erledigte Professorenstellen — sie waren es durch den
Abgang der Herren Chierici und Rinaldi geworden — durch Jules
Lenepwcn, Direktor der französischen Akademie dahier, für die Mal-
klasse und Eduard Müller für die Bildhauerklasse besetzt. Ebenso
einstimmig ernannte sie den Ritter Pio Fedi, Professor an der kgl.
Akademie in Florenz, den bekannten Schöpfer der Gruppe: „Der
Raub der Polyxena" in der Loggia dei Lanzi, zum korrespondiren-
den Mitgliede. Damit hat die genannte Akademie neuerlich bewiesen,
daß ihr wahre Kunst mehr gilt als nationale Interessen.

t Rom, Anfang Januar. (Aus dem deutschen archäo-
logischen Institut.) Wie alljährlich hat das deutsche archäologische
Institut auf der Höhe des tarpejischen Felsens auch diesen Winter
am 8. December, als an Winkelmann's Geburtstag, seine öffent-
lichen Wochensitzungen begonnen. Die erste ward durch einen Vor-
trag de Rossi's über die auf dem Albaner Berge aufgefundenen
Inschriften-Bruchstücke. Auf dem Mons Albauus befand sich be-
kanntlich die Ccntralkultusstätte der lateinischen Bundesgenossen. Der
Vortrag ging jedoch viel zu sehr iu's Einzelne, als daß ich ihn auch
nur in kurzem Auszuge mittheilen könnte. Nach de Rosst verlas
Hr. Klugmann, Mitglied des Instituts, eine Studie über den be-
rühmten bemalten Sarkophag von Corneto (Tarquinii) in dem etrus-
kischen Museum zu Florenz, der bekanntlich zu den bedeutsamsten
archäologischen Denkmalen zählt.

Antike Malereien sind in nicht allzu großer Anzahl auf uns
gekommen, das Meiste dieser Art datirt aus den vom Vesuv ver-
schütteten Städten und aus Rom und aus etruskischen Gräbern-
Sarkophage mit plastischem Schmuck giebt es unzählige, bemalte
wurden bis heute nur drei aufgefunden: einer aus weißem Marmor
im wiener Museum, ein zweiter mit Malereien auf Holz im Mu-
seuni zu Petersburg und der mit Malereien auf Alabaster, von dem
Herr Klugmann sprach. Der Petersburger Sarkophag ward vor
acht oder zehn Jahren in der Krim aufgefunden, in der Todtenstadt
einer großen griechischen Kolonie, welche das Petersburger Museum
bereits mit höchst werthvollen Gegenständen bereichert hat. Die
etruskische Kunst ist eine antochtone und entwickelte sich bis zu den
historischen Zeiten herab auf ihrer eigenen Basis. Später zeigt sich
der Einfluß griechischer Kunst in Folge eingeführter Vasen, und
später vermischten sich etruskische und hellenische Kunst zu einer selbst-
ständigen Kunstform der italischen. Die Malereien des berührten
Sarkophages fallen in die zweite Periode, etwa 400 bis 250 v. Chr.
und stellen den Kampf der hellenischen Heroen gegen die Amazonen
dar. Alle vier Seiten des Sarkophages sind bemalt und die Ma-
lereien nach Art von Reliefs behandelt. Von Perspektive ist keine
Spur: alle Figuren stehen auf derselben Fläche. Ebenso wenig ist
die Rede von eigentlicher Komposition, die Figuren erscheinen viel-
mehr einfach symmetrisch vertheilt. Die Bekleidung der Figuren
zeigt entschieden etruskische Typen und der Realismus geht so weit,
daß aus den hellenischen Heroen einfache etruskische Krieger geworden
sind. Auffälliger Weise sind dagegen alle weiblichen Figuren im
hellenischen Geiste idealisirt. Der Kampf ist noch unentschieden.
Die Inschriften, eine auf dem Deckel, die andere auf einer der Lang-
seiten harren noch der Erklärung.

In der zweiten Wochensitzung wies Hr. Helbig die kleine
Bronze-Statue eines hinkenden Vulkan vor, welche die Aufmerksam-
keit der Versammlung namentlich dadurch fesselte, daß das eine Auge
tiefer steht als das andere, was bekanntlich fast bei allen Hinkenden
 
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