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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 19.1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.13552#0124
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auftauchen und das ganze Kunstvermögen der künstlerischesten Nation
in sich allein vereinigen.

Daß die Kunst des siebenzehnten Jahrhunderts zahlreich ver-
treten isst ist bei der Produktivität und der relativen Nähe der Zeit
— daß sie gut vertreten isst bei den technischen Vorzügen ihrer Kunst-
weise leicht begreiflich, und charakterisirt sich hier durch Namen, wie
der des Koloristen im großen Styl, Peter Brandel, oder des
immer geistreichen Norbert Grund, eines Spranger, Rausch,
de Veth, Dallinger von Dalling u. s. f. Die Verschiedenheit
der Malweise von kurz auf einander folgenden Epochen zeigt sich
aber am deutlichsten bei der neueren Malerei in scharf von einander
geschiedenen Eigenthümlichkeiten. Die Romantik des Rumohr'schen
„Schön-Gedachten", welche, von Deutschland ausgehend, hier durch
Christian Rüben und seinen Einfluß für längere Zeit, als Gegen-
satz sowohl zur Schule Bergler's und Kadlik's als zur rein-
stylisirten gleichzeitigen Kunstweise Führich's und Jos. Manes',
zur Geltung gebracht wurde und jetzt ihre Repräsentanten in Treuk-
wald und Meixner besitzt, steht im schärfsten Gegensätze zu der
sich an die Franzosen und Piloty anschließenden realistischen Technik
und herrlichen Farbeupoesie der jüngsten Künstler-Generation, die
durch Brozik, Kowalski, Seifert, Klemt und Zeuisek ver-
treten wird.

Da auch das Vortreffliche, was wir auf den Kunstausstellungen
zu finden gewohnt sind, die seltenen Vermeersch, die Hilde-
braudt's, dieSchleich's, Haushofer, Piepenhagen, Achen-
bach, Adam, Voltz, Klein, Schelfhout, Verboeckhoven,
Süß, Bensa, Lange, Zimmermann, Hawrauek, Manes,
Kroupa, Ullik nicht fehlen, auch die Plastik —• und zwar sowohl die
monumentale, als auch die naturalistische — durch Originalwerke von
Mißlbeck, Schnirch, Kamm, Popp jun. bedeutsam vertreten
isst so ist die Lehmann'sche Gallerie gewiß eine Sammlung, die auch
den Gesichtskreis jüngerer Künstler zu erweitern und den schaffenden
Trieb anzuregen geeignet ist; dem gebildeten Publikum ist sie aber
eine stets frisch und reich fließende Quelle des Kunstgenusses.

A Düsseldorf, 7. April. (Aus den permanenten Aus-
stellungen.) Im Salon des Herrn Schulte hat Kröner,
welcher den Wald in seinem Laubschmuck, mit seiner reichen' Thier-
welt so meisterhaft darstellt, uns diesmal ein Gegenstück zu jenen
grünen Sommerlandschaften in einem Winterbilde gegeben, welches
aber an Naturtreue und Vollendung ihnen nicht nachsteht. Die
Thalsenkung liegt voll Schnee, die weiße Decke ist noch rein und
unberührt, und der dunstige Himmel verspricht noch mehr der
Flocken. Die Bäume in der Ferne scheinen von Rauchfrost bepudert,
auf den Stämmen und Aesten im Vordergrund hat sich an jeder ge-
eigneten Stelle eine kleine Schneeschicht angesammelt. Hier und da
zeigt sich das braune Laub, welches zähe an den Zweigen haftet und
das für unfern heimischen Buch- oder Eichwald so charakteristisch ist.
Der größte Reiz des Bildes aber besteht in der Staffage, ein Trupp
Rehe, die halb ängstlich, halb neugierig nach einigen in der Ferne
sichtbaren Gestalten lauschen. Zum Glück sind es nur harnilose
Laudleute, die Holz und Reisig holen, keine Jäger, welche den
schönen Thieren Verderben drohen. Die gespitzten Ohren, das auf-
gehobene Vorderfüßchen geben den zierlichen Geschöpfen ein überaus
naives Ansehen. Unwillkürlich wird man an eine Schaar aller-
liebster, neugieriger Mädchen erinnert. — Eine neue, abermals Neapel
darstellende Landschaft von O. Achenbach befriedigt weniger als
die letzten Bilder, da der Mangel feiner Zeichnung im Gebirge sich
besonders fühlbar macht, und die fahle Beleuchtung bei heiterem

Himmel im Süden nicht natürlich erscheint. Der Vordergrund hin-
gegen ist ausgeführter als sonst, die schattige Slraße zwischen Mauern
und Gärten, das flache Hausdach mit seiner echt italienischen naiven
Unordnung in dem dort aufgestapelten Hausralh, treu und wir-
kungsvoll.

Im Salon der Herren Bismeyer u. Kraus sehen wir ein
großes Bild von Burnier: „Kühe, welche die Hirtin nach Hause
treibt". Die Thiere sind vortrefflich gemacht, von der weiblichen
Figur läßt sich leider nicht so viel Gutes sagen. — Eine kleine Land-
schaft von Meyer hei ni giebt treu die Schwüle eines Sommertages
wieder und entbehrt in ihrer Naturwahrheit auch nicht der Nüchtern-
heit, die solche lange . Tage charakterisirt.

Ein großes Verdienst erwerben sich die Herren Bismeyer und
Kraus durch die Ausstellung von Bildern auswärtiger, auch fran-
zösischer uud italienischer Meister. Auf diese Weise werden die
hiesigen Künstler angeregt und vor Einseitigkeit bewahrt, indeß das
Publiküni einen weiteren Blick in das Kunstleben der Gegenwart
gewinnt. Zu solchen Werken gehört ein Bild von Rotta, eine
alte Frau, ihre Suppe speisend, von der sich die gelbflaumigen
Küchelchen, welche au der Schürze herausstreben, gern ihr Theil
holen möchten. Obgleich der Gegenstand unbedeutend, und sogar
ein gewisses Mißverhältniß in der Figur der Alten sichtbar ist, so
fesselt doch der Ausdruck des Kopfes und die schöne, feine Aus-
führung. — Nicht minder charakteristisch und lebendig ist das Bild
von Esquioel, eine musicirende Gesellschaft darstellend, nur zu
bunt und unruhig. Das viele, sehr gut gemalte Detail, der Zimmer-
schmuck, die grellsarbigen Kostümstücke, beeinträchtigen den Total-
Eindruck.

f Rom, 29. März. Das archäologische Büreau der Stadt-
gemeinde hat über die am 23. d. aufgefundenen Mithrasdenkmäler
und namentlich über das darunter befindliche Flachrelief Nachstehendes
eröffnet: „Das Relief auf der das gewöhnliche Mithrasopfer dar-
stellenden Tafel ist derart flach, daß man sagen könnte, die Dar-
stellungen seien mehr eingegraben als gemeißelt. Zu beiden Seiten
der heiligen Grotte, des Symbols der Welt, in deren Hintergrund
Mithras das Opfer darbringt, sieht man die heiligen Bäume, die
Palme und Cypresse. Auf der Cypresse sitzt der mithratische Rabe,
und oben links und rechts an der Höhe der Grotte erscheinen die
Büsten der Sonne und des Mondes. Von der Sonne geht ein
Strahl bis zu Mithras herab, wie auf dem früher in der Suburra
gefundenen Relief. Die Brustbilder der Sonne und des Mondes
kehren zweimal wieder. Vor der Grotte stehen die herkömmlichen
lampentragendeu Genien, das Synibol der Nachtgleichen. Unterhalb
zeigt sich die Inschrift: p p.

Primus pater fecit.

Auf dem unteren Theile der Tafel sieht man links und rechts zwei
Gruppen von Personen, welche die beiden Aufuahmsproben des
Mithrasdieustes, die Feuer- und Eisenprobe, darstellen. Linker Hand
vom Beschauer kniet der Kandidat, der um die Aufnahme nachge-
sucht, während der Aufnehmende sich den Anschein giebt, als wolle
er ihm den Dolch in die Brust stoßen. Rechter Hand scheint sich
derselbe Kandidat der Feuerprobe zu unterziehen, indem er dem Aus-
nehmenden gegenüber stehend die Hand über die Flamme eines
Altars hält. Alles Dies, dann die beiden heiligen Bäume, der ver-
längerte Sonnenstrahl und die Wiederholung der Brustbilder oben
an der Grotte, namentlich aber die häufig wiederkehrenden deutlichen
Spuren von Vergoldung und Bemalung machen dieses Relief zu
einem der interessantesten seiner Art, die je in Rom gefunden wurden.
 
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