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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 3.1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.1196#0319
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Diutfd)**

Zeitung

für bildende Kunst und Baukunst.

Unter Mitwirkung von

ÄimftMoft.

Organ

der deutschen Kunstvereine.

Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Seimaase
in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien

herausgegeben von Dr. JE". Eggers in Berlin.

M 36.

Sonnabend, den 4. September.

1852.

Kunstansstelhrngsleben. Eröffnung der grossen Berliner
Ausstellung.

Üjs ist nicht uninteressant, sich einmal mit einem Blick auf
die Erdkugel zu vergegenwärtigen, welch' eine Menge von
Ausstellungen sich gerade jetzt, wo das Ausstellungslehen —
man kann wohl sagen. — in vollster Blüthe steht, aus den Bil-
derkisten aufbauen, die unaufhörlich in grossen Zügen, als
wäre ihnen der Kreuzzug gepredigt worden, die Eisenstrassen
des Verkehrs bedecken.

In Deutschland, welches sich vor allen anderen Staaten
sowohl thätig und fruchtbar in der Produktion von Kunstwerken,
als auch unermüdlich in der Schaustellung derselben zeigt,
wechseln sechs grössere Akademieen und andere Kunstschulen
und Pflegestatten unaufhörlich mit einander ab. Und sollten je
noch Lücken möglich sein, so sorgen gegen 40 Kunslvereine
dafür, dass niemals eine Unterbrechung eintrete, dass es im
Jahre keinen Tag gebe, an welchem man auf die Frage: „wo
ist jetzt in Deutschland eine Kunstausstellung?" keine Antwort
bekäme.

Viel häufiger würde die Antwort mehrere Städte zugleich
nennen müssen. So z. B. gegenwärtig. Düsseldorf hatte
kaum seine grosse akademische Ausstellung geschlossen, als
Dresden (am 11. Juli) die seinige eröffnete. Zu derselben
Zeit (14. Juli) veranstaltete Wiesbaden eine grössere Schau-
stellung. — Am Ende desselben Monats' schloss die Ausstellung
zu Erfurt. Von drei Kunstvereinen, dem Norddeutschen Ge-
sammtverein, dem Verein westlich der Elbe und dem Rheini-
schen Kunstverein, welche in diesem Jahre ihre Kreise von
der Ostsee bis in das Keckarthai hinunter führen, stellten im
Monat Juli die drei Städte Lübeck, Darmstadt und Gotha
zugleich aus. Zugleich füllte Köln seinen Gürzenich mit Kunst-
werken. Kaum wird dieser westliche Halbkreis, der in die
Herbstmonate hineingeht, durchlaufen sein, so beginnt Danzig
den östlichen und Königsberg, Posen, Breslau, Stettin
führen ihn weiter in das nächste Jahr hinein, bis er sich oben
an der Küste wieder schliesst.— Wien und Salzburg halten,
namentlich ■ den Sommer durch, permanente Ausstellungen. —
Berlin hat so eben (1. September) seine diesjährige grosse
eröffnet.

Blickt man in's Ausland, so bemerkt man, dass Paris so
eben seinen Salon geschlossen hat, die great Exhibition in

III, Jnhrganp.

London aber noch fortdauert, ebenso die von Antwerpen,
wo die Deutschen diesmal so vielen Ruhm ernten. Amster-
dam aber eröffnet am 6. September. Rechnet man endlich noch
hinzu, dass Paris, dass Hew-York, welches schon längere
Zeit mit Düsseldorf, jetzt aber auch mit Berlin in aufblühen-
dem Kunstverkehr begriffen ist, Weltausstellungen vorbereiten,
neben welchen ohne Frage, wie im vorigen Jahre in London
und Brüssel, die mit hinzuströmende Kunst sich besondere
Schauplätze schafft, so kann man in der That über Mangel an
Leben nicht klagen und kann nur zweifelhaft sein, was man
mehr bestaunen soll, die Lust des Schaffens oder die des Schauens
und Geniessens.

Bedenkliche Kunstfreunde werden solchem Drängen und
Treiben gegenüber leicht die Befürchtung hegen, dass eine all-
gemeine Verflachung, eine Begünstigung oder doch eine Raum-
gestattung für die Mittehnässigkeit die notwendige Folge davon
sein müsse, dass unmöglich so viel echte künstlerische Pro-
duktivität in der heutigen Generation stecken könne, um diese
Quadratmeilen von Wandflächen mit tüchtigen, gediegenen, lang-
sam in der Phantasie gereiften, Strich um Strich zur Erschei-
nung gebrachten Darstellungen zu bedecken. Welch eine Welt
von Gefühls- und Gemüthsleben, welche Erfahrungen, wie
vielen poetischen Sinn, wie viele wirklich offenen Augen setzt
das voraus! — Aber es ist in der That so schlimm nicht, d. h.
bei uns in Deutschland. Noch lange nicht brauchen unsere
Akademieen mit jener furchtbaren Strenge zu verfahren, welche
in Anwendung zu bringen Paris und London schon getrieben
werden, und für das auf der äussersten Linie des Anzuneh-
menden Stellende reichen die Todtenkammern wohl noch im-
mer aus.

Man hat wohl öfters den Vereinen, eben weil sie der Natur
der Sache nach häufig die "Vermittler sjnd zwischen den Pro-
duzirenden und den Besilzwünschenden, lediglich den Charakter
von höheren Verwesern des Kunstmarktes beigelegt. Das
geschieht durchaus mit Unrecht, wenn es als Regel geschieht.
Freilich giebt es leider Städte, wo die Vereinsmitglieder so
sehr allein von dem Wunsch des Besitzes beherrscht werden,
dass der Vorstand sich dem Grundsatze zuneigt, möglichst viele
Bilder für möglichst wenig Geld anzukaufen, wo die Anlegung
einer bleibenden Galerie vergeblich vorgeschlagen und versucht
wurde, — solche Städte sollten sich freiwillig aus den Cyklen
streichen! — allein in den meisten wird unverrückbar der Grund-
satz vor Augen behalten: möglichst viel Gutes und einen Theil

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