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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

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https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0294
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reiche selbständige Baustudien ihn beschäftigten. Bei der von dem
König Maximilian von Baiern ausgeschriebenen Concurrenz zur Ge-
winnung eines neuen zeitgemäßen Baustyls bei Errichtung eines
Athenäums als Erziehungsanstalt 'für höhere "Staatsbeamte, wurde
ihm 1851 der Preis zuerkannt. -Und in Wahrheit war Wilh. Stier
einer der erfindungsreichsten Baumeister, dessen geniale und großar-
tigen Bauentwürfe, noch vor kurzem in diesem Saale aufgestellt,
lebhaft fühlen ließen, wie viel das Vaterland an einem solchen Ta-
lent verloren habe, da den Verewigten noch eine glänzende praktische
Wirksamkeit zu erwarten schien. Es zeichnete zugleich eine seltene
rednerische und dichterische Begabung, den so unerwartet abgerufenen
Meister aus, dessen raschen freudigen Worte von Genossen und
Schülern immer so gern waren vernommen worden. Er hatte
das 57ste Jahr noch nicht lange überschritten, als eine schnell
gefährlich werdende Krankheit ihn zum Bedauern Aller, die ihm
näher standen und seinen Werth zu schätzen wußten, aus unserer
Mitte hinwegnahm.

Ihm folgte am 7. October eines der ältesten Mitglieder der
Akademie, der Senior ihres Senats, Martin Friedrich Rabe, geb.
zu Stendal in der Altmark am 7. Nov. 1775, seit dem 8. Sept.

1810 Professor der Baukunst und seit dem 4. October desselben
Jahres ordentliches Mitglied der Akademie der Künste und ihres
Senates, nachdem er schon mehrere Jahre im Baufach ange-
stellt war, so daß er bereits 1855 sein 60jähriges Dienstjubi-
läum hätte feiern können, wäre nicht seiner bescheidenen Sinnesart
jede Ostentation fremd gewesen. Vom Jahre 1829 bis 1842 ver-
sah Rabe das Amt eines königlichen Schloßbaumeisters, was ihm
zu historischen Forschungen Anlaß gab. Das Vestibül des Akademie-
Gebäudes mit der Doppeltreppe und dem großen Vorsaal, nebst
diesem Sitzungs- und Aussteüungszimmer, sowie die ganze den Lin-
den zugekehrte Frontseite sind von ihm angelegt, während die beab-
sichtigte Weiterführung des schon genehmigten Baues längs der
Charlottenstraße unterblieb. Er starb im beinah vollendeten 81sten
Jahre.

Wenig über einen Monat nachher verlor die Akademie das,
nach Jahren gerechnet, noch ältere hochverdiente Mitglied, den Pro-
fessor der Kupferstecherkunst, Carl Ludwig Bernhard Christian Buch-
horn. Geboren den 18. April 1770 von nicht bemittelten Eltern
zu Halberstadt, wo sein Vater einen kleinen Posten bei der Steuer-
einnahme versah, wurde Buchhorn ein Schüler des Directors der
von König Friedrich Wilhelm II. 1787 gestifteten akademischen Kup-
ferstecherschule, Daniel Berger; fand darauf mehrere Jahre, von
1787 bis 1803, Beschäftigung bei dem chalkographischem Institut zu
Dessau, von wo er nach Leipzig ging; allein auf Anlaß des Pro-
fessors Freidhof 1806 nach Berlin zurückkehrte. Am 12. März

1811 wurde er zum ordentlichen Mitgliede der Akademie gewählt,
1814 Professor und Mitglied des akademischen Senats. Nach Ber-
gers Ableben 1824, welchem Buchhorn bei dessen hohem Alter schon
seit mehreren Jahren zur Seite stand, wurde die Direction der aka-
demischen Kupferstecherschule ihm übergeben und seiner aufopfernden
Sorgfalt in Heranbildung ausgezeichneter Schüler verdankt diese
Kunst in Berlin den Aufschwung, welcher der Meisterschaft des
Preußischen Grabstichels die Anerkennung selbst des Auslandes er-
worben hat. Seine eigenen Arbeiten, Anfangs in punktirter, dann
in Linienmanier, waren weniger zahlreich, da er ganz seinen Schü-
lern lebte; auch liebte er es in späteren Jahren, sich zur Erholung
mit der Malerei zu beschäftigen. Erst nach seinem am 13. No-
vember 1856 im 87. Jahre erfolgten Ableben wurde der Akademie
bekannt, in welcher großartigen Weise der edle Greis für das Ansehen
der Königlichen Anstalt, worin er seit fast einem halben Jahrhun-
dert gewirkt hatte, Vorsorge getroffen, indem er der Königlichen

Akademie ein Kapital von 10,000 Thlr-, aus dessen Zinsen hülfs-
bedürstige arme Künstler unterstützt - werden sollen , vermacht hatte,
und seiner Vaterstadt Halberstadt für denselben Zweck 4000 Thlr.
hinterließ. Auch dem hiesigen Verein Berliner Künstler zur Un-
terstützung. seiner hülfsbedürstigen Mitglieder und deren Hinterblie-
benen wurden von Buchhorn, der in früheren Jahren selbst die Noch
gekannt hatte,. 1000 Thlr. vermacht, welche ansehnlichen Beiträge
von seiner Haupterbin großentheils bereits ausgezahlt worden sind.

Das vorige Jahr sollte nicht enden ohne den Verlust noch eines
ruhmvollen älteren Mitgliedes der Akademie, des Begründers einer
neuen lichtkräftigen, wirknngsreichen und naturwahren Richtung der
Landschaftsmalerei, Franz Louis Catel, geboren zu Berlin den

22. Februar 1778. Anfänglich für die Bildhauerei in Holz be-
stimmt,, widmete er sich mit noch mehr Glück und Neigung dem
Zeichnen genreartiger Compositionen, geistreich, ausdrucksvoll und
von edler Haltung, die großen Beifall fanden, so daß Catel am

23. November 1806 als erfindungsreicher, correcter Zeichner zum
ordentlichen Mitgliede der Akademie gewählt wurde, allein auch zum
Malen ähnlicher Darstellungen überging. Erst auf einer größeren
Reise, die er 1811 nach Frankreich und der Schweiz unternahm,
machte die Großartigkeit der Alpennatur einen so mächtigen Eindruck
auf ihn, daß er die Landschaftsmalerei als seinen wahren Beruf
erkannte und nach Rom ging, von wo er erst das Jahr vor seinem
Ableben noch einmal seine Vaterstadt besuchte, um seine hier woh-
nenden Freunde und Verwandten, so weit deren noch übrig waren,
zu sehen. Unter dem Himmel Italiens, an den zauberischen Mee-
resküsten der Golfe von Neapel und Salerno mit ihren reizenden
Inseln, in den Thälern und Bergeshöhen des Apennin entwickelte
Catel in der von ihm neugewählten Kunstgattung schnell eine ent-
schiedene Meisterschaft. Die Farbenpracht-und Naturwahrheit seiner
Landschaften, voll poetischen Schwunges in kühnen Gegensätzen und
leuchtenden Fernen, die sich sonnenhell ausbreiten, mit leichtem Ge-
wölk in der durchsichtigen Luft, und in den Vorgründen belebt von
wohlverstandenen figürlichen Darstellungen, erwarben seinen Arbeiten
einen so allgemeinen Beifall, daß er manche derselben mehr als ein-
mal wiederholen mußte, und die Nachwirkung seiner Leistungen in
zahlreichen späteren Meistern sich fühlbar macht. 1841 zum König-
lichen Professor ernannt und nie des fernen Vaterlandes vergessend,
wie seine fast zu jeder Kunstausstellung der Akademie hieher gesand-
ten Landschaften bewiesen, so wie das in der evangelischen Kirche
zu Charlottenburg von ihm gestiftete große Altarbild: „die Aufer-
stehung Christi", gründete Catel sich im römischen Gebiet durch Land-
besitz eine ehrenhafte, unabhängige Stellung, bis am 19. December
vorigen Jahres ein kurzes Unwohlsein den 78jährigen, noch immer
thätigen Künstler schmerzlos hinwegnahm.

Bei dem Ableben so hochbetagter Männer, wie die zuletzt von mir
genannten: Rabe, Buchhorn und Catel, mildert die Trauer um ihren
Verlust sich durch den Gedanken, daß das Ziel ihres Lebens erreicht,
ihre Aufgabe geloset war. Ein tieferer, lange im Herzen nachklin-
gender Schmerz ergreift uns, wenn ein Künstler in der Fülle der
Kraft und Thätizkeit mitten aus seiner Laufbahn gerissen wird, die er
noch eine Reihe von Jahren mit neuem Ruhm zu erfüllen berufen
schien. Noch vor wenig Tagen waren die Wände dieses Saales
mit den Arbeiten des Königlichen Hofmalers und Professors Franz
Krüger geschmückt, seine rüstige, scheinbar eine lange Lebensdauer
verheißende Gestalt schwebt, wie noch hier gegenwärtig, uns vor,
und schon sind heute 6 Monate seit seinem frühen Tode verflossen.
— Geboren den 3. September 1797 in dem Anhalt - Dessauischen
Marktflecken Radegast in der Nähe der Preußischen Stadt Zörbig,
entwickelte er früh, ohne Meister und Unterricht, eine angeborene
 
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