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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0254
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Neunter

Jahrgang.


September 1858.



Uedigirt von Friedrich Eggers in Gerlin.

Ausstellung von Antiquitäten ;u Amsterdam.

n.
Gold- und Silbergeschirre machen, in einem mächtigen
Glasschreine malerisch angeordnet, bei Weitem die am reichsten
und eigentümlichsten vertretene Kategorie der sämmtlichen Gegen-
stände aus und gewähren einen Blick in das mittelalterliche, kräftig
entwickelte, durch Innungen, Gilden und Korporationen blühende
Leben der Städte in Holland. Besonders interessant sind die
größtenteils in das hohe Alterthum zurück datirenden Trink-
hörner, zumeist Eigenthum der ältesten Städte des Landes oder
einzelner Adelsfamilien; es sind mächtige Hörner von Auerochsen
und Bisons, deren vormaliges Dasein in hiesigen Gegenden durch
vielfache gelehrte Untersuchungen außer Zweifel gesetzt ist, wobei
dann auch das Vorhandensein dieser Trinkhörner mit als Beweis-
grund aufgeführt worden. In der That spricht schon Julius
Cäsar (de Lell. OaU. VI. 28) von diesen Trinkhörnern: „Haee
(eoruua) 8tud1v8e oou^uisita ad 1adri8 arZento eireumeluduut,
at^ue in ainxli88iini8 exuli8 xro xoeu1i8 ntnntnr." Die sämmt-
lichen ausgestellten Hörner sind mehr oder weniger kunstreich mit
Silber montirt, das von Zeit zu Zeit, wie auch die Inschriften
darthun, erneuert wurde, so daß weder diese Silberarbeit noch
die Inschriften für das Alterthum der Hörner selbst maßgebend
sein können. Die Inschriften und Trinkreime sind oft naiv genug.
Ein Trinkhorn mit Silberbeschlag an der Mündung und einem
silbernen Schellchen (Mukelbel) an der Spitze hat auf dem
Mittelornament von Palmholz, worauf zugleich die Wappen von
Sneck und Bolsward, eine charakteristische Inschrift, die also
schließt:
kolle Loxxeu met lette Loxxen
ende een dorn ox den dant
dat 18 det IVaxeu van -^68tlri8laut.
Ein eigentümliches, etwas abgestumpftes Horn — im Be-
sitze der Stadt Kämpen — erscheint als Thiergestalt und ruht
auf silbernen Vogelklauen. Auf einem Silberbande liefet man:
IVetet Auede wanne dlt Hoorns lioert d'NinAGoliixxerG van
Laut. ^.nna. 1369. Später hinzugefügte Silberornamente zeigen
die Begegnung der Maria und Elisabeth, St. Paulus und ein
segelnd Schiff. — Von erstaunlicher Größe sind zwei Hörner,
das eine von der Schützen-, das andre von der Schiffergilde zu
Nymegen herrührend. Das letztere ist reich mit Silber montirt
und hängt an silberner Kette. Auf dem Mundstück befindet sich
eine Inschrift vom Jahre 1640:
Net natte 8ezdeii 18 §oet laueeren
Die w^ veel drineLt 8a1t oelr vel leeren,
Vu8 -naer ^ Zeilen okt laueeren
On8 Aeluelr 8taet ln de liant ds8 Heeren.

^Vant die ox den Heere 8iet —
8ien liant en liulpe biedt.
Das ganze Horn ist über und über mit silbernen Schildchen be-
hängen, auf denen die Namen der sämmtlichen Gildebrüder von
1646—1810 verzeichnet stehn. — Ein besonders schön geschwunge-
nes Horn — im Besitze des Barons Sloet — hat einen silbernen
Rand, worauf außer einigen Familienwappen verschiedene Iagd-
darstellungen gravirt sind.
Eine Beschreibung der sämmtlichen Hörner würde mich zu
weit führen und wäre auch ohne beigefügte Abbildungen nicht
wohl thunlich. Ich verweise deßhalb auf das mehrfach erwähnte
Werk van der Kellen's, das mit Abbildung der merkwürdigsten
Trinkhörner beschäftigt ist.
Den Trinkhörnern schließen sich die Gildebecher und Pokale
an, zumeist aus dem 17. Jahrhundert oder aus der ersten Hälfte
des 18.; bei manchen ist noch traditionell die Hornform beibe-
halten. Die meisten sind jedoch mehr schwerfällig und grotesk
als schön geformt. Fast wie ein chinesischer Thurm erscheint ein
mächtiger Becher der St. Ioseph's-Gilde (Zimmer- und Maurer-
meister) im Besitze der Stadt Arnhem (1655). Auf der Spitze
des Deckels steht St. Joseph mit einem weiten Mantel bekleidet
und eine Säge in der Rechten. Das Postament, worauf die
schwerfällige Figur steht, bildet einen großen Ring, woran 20
Werkzeuge von Zimmerleuten und Maurern hangen, die so mit
dem Namen der Donatoren bezeichnet sind. Auf der Außenseite
des Deckels befinden sich 40 Wappenschilde und Zeichen der
Gildebrüder von 1655—1774; um den Becher und Fuß noch
ähnliche 69, sowie eine Darstellung des St. Joseph in seiner
Werkstatt, während einem später hinzugefügten Ringe noch 12
Schilde eingravirt sind.
Es versteht sich von selbst, daß vom künstlerischen Styl bei
dem Ganzen nicht die Rede sein kann. — Nicht ganz so schwer-
fällig erscheint der Becher der Krämer- oder St. Nikolaus-Gilde
der Stadt Arnhem (1637); auf der Spitze des Deckels zeigt sich
St. Nikolaus im Ornate und einem Schilde, worauf die Namen
der Gildemeister. Bemerkenswerth ist es, daß Nikolaus in Holland
überhaupt als Patron von bedeutenden Städten (wie Amsterdam,
Kämpen rc.) sowie als Schutzherr der Krämergilden eine bedeu-
tende Nolle spielt, weßhalb auch Herr Alberdingk Thym, der
Verfasser des katholischen Mittelalters, diesen Heiligen dem heid-
nischen Merkur überall substituirt wissen will; wahrscheinlich wäre
es dem genannten christkatholischen Archäologen xar exeeUenee
nicht unlieb, wenn die sämmtlichen Kaufleute uud Krämer der
Niederlande mit dem Gildezeichen der Krämer der guten Stadt
Herzogenbusch dekorirt werden könnten. Diese Verzierung, gleich-
falls aus der Ausstellung vorhanden, besteht in einer kleinen
silbernen Figur des St. Nikolaus, worunter eine niedliche silberne
Waage baumelt; die Dekoration wurde an einem Seidenbande
auf der Brust getragen.
 
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