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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

DOI Heft:
Heft 1(Oktober)
DOI Artikel:
Morawe, Christian Ferdinand: Kunstgewerbe im Glaspalast zu München 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0045

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Das Kunstgewerbe nimmt dies Jahr im
Glaspalast denselben Raum ein wie
im Vorjahre, an Bedeutung steht es jedoch
nicht auf derselben Höhe. Man gewinnt
den Eindruck, als ob die Räumlichkeiten
nur wieder benutzt worden seien, weil sie
gerade vorhanden waren, als ob man sich
nicht die Mühe hätte nehmen mögen, sie
neu zu schaffen, wenn man sie noch nicht
gehabt hätte. Es wurde allgemein sehr
missfällig bemerkt, dass die kunstgewerb-
lichen Abtheilungen im Glaspalast und auch
im Sezessionshause wiederum, und diesmal
ohne ersichtlich zwingenden Grund, wochen-,
ja monatelang später der Oeffentlichkeit
freigegeben wurden, als die Ausstellungen
selbst, und wenn auch die einzelnen Aus-
stellungsobjekte denselben und auch theil-
weise höheren künstlerischen Werth haben,
wie vordem (allerdings mit Ausnahmen!) —
so hat doch die Art wie sie dargeboten
wurden, nicht gerade zur Erhöhung der
Achtung beigetragen, welche jede Neuerung
sich bei einem grossen Theil des Publikums
so wie so schwer erringen muss. Ein Rund-
gang durch die Säle und Kabinets lässt uns
unschwer eine doppelte Leitung erkennen,
diejenige des Kunstgewerbevereins und seines
Anhanges und die des Ausschusses für Kunst
im Handwerk. Die Räume sind haupt-
sächlich Ausstellungslokale, wie sie alle die
zahlreichen Möbel- und Luxusgeschäfte, die
Halle des Kunstgewerbevereins und der
Laden der Vereinigten Werkstätten, oder
die Schaufenster von Littauer oder Putze
sind. Das Hauptgewicht bei derartigen Ver-
anstaltungen sollte auf die Herstellung von

kompleten, bewohnbaren Zimmern gelegt
werden — und dabei wiederum musste die
Oberleitung oder die Jury sich bei Zeiten
versichern, dass nur gediegenes und ver-
nünftiges und von wirklich künstlerischem
Geist durchdrungenes zur Ausführung käme,
und nicht Monstrositäten wie die beiden
Gemächer von Flelbig & Haiger, mit deren
einem man überhaupt nichts anfangen kann,
während das andere nur ein verworrenes
Stammeln, aber keine künstlerische und auch
nur einigermaassen phantasievolle Sprache ist.
Was im vorigen Jahre dem im ganzen ge-
lungenen Zimmer mit den gelben Möbeln
sein künstlerisches Gepräge gab, stammte
von Paul Höcker; heuer merkt man das
Fehlen seiner Mitarbeit sowohl bei dem
Billard - Zimmer, als besonders bei dem
finsteren halboffenen Räume, dessen Wände
in roher Weise blitzblau, knallroth und
schwarz uns traurig umfangen, in dem ein
paar beliebige billige, roth und blau ge-
strichene Stühle einigen ebenso beliebigen
Pflanzenkübeln den Rang streitig machen.
Aber diese Stühle und die grünen und
rothen Kübel mit ihren bronzirten Reifen
die da auf einem schwarzen Estrich planlos
umherstehen, ist das Münchener Kunst-
gewerbe ? Doch wohl kaum! Zu welchem
Zwecke stösst man das Publikum so vor den
Kopf, nachdem es auch noch monatelang auf
solche Herrlichkeiten hat warten müssen?

Und das auch dies Jahr wieder inszenirte
modern-römische Badezimmer von Emanuel
Seidl entspricht wohl kaum dem, was man
vom Münchener Kunstgewerbe zu erwarten
berechtigt ist. Man betrachte z. B., abgesehen
 
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