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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 2 (November)
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Schliepmann, Hans: Moderner Schmuck
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Schmid, Max: Julius Hoffmann's Siegelmarken
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0095

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Max Schmid—Aachen: Julius Hoffmann's Siegelmarken.

Bewusstsein des Werthes von Gediegenheit,
wahrhaft künstlerischer Arbeit und indivi-
dueller Gestaltung beibringt. Nur auf dem
Wege liegt die zukünftige gesunde Ent-
wickelung der Goldschmiedekunst, dass nicht
die Masse und der blanke Glanz des Edel-
metalls, die Grösse und Kostbarkeit der

Steine den Hauptwerth ihrer Werke bedingen,
sondern dass die Kunstform eine so vollen-
dete wird, dass jeder ein Gefühl davon er-
hält, so reife und feinsinnige Gebilde der
Phantasie könnten nur in edelstem Werkstoff
verkörpert werden. Darin liegt der Kardinal-
werth des Schmuckes. Hans Schliepmann.

Julius Hqffmann's SiegelmarkjeN.

Auf den Briefen meiner seligen Gross-
2 \ mutter fanden wir Kinder zu unserem
Ergötzen nette kleine Oblaten, runde Pa-
pierchen, blassblau oder rosa, darauf ein
Engel oder ein brennendes Herz war.

Diese hübsche und geschmackvolle Art,
den Brief zu schliessen, kam ausser Gebrauch
mit dem Aufkommen der gummirten Brief-
umschläge. Das war einfacher, sparte Zeit
— und dem modernen praktischen Menschen
genügt es. Neuerdings hat dann die Reklame
des alten Gedankens sich bemächtigt und
Ausstellungssiegelmarken und dergl. wieder
auf die Rückseite geklebt, meist mehr gross
als geschmackvoll. Könnte man aber diesen
alten Brauch nicht künstlerisch wieder-
beleben ? Hoffmann in Stuttgart hat es ver-
sucht. Unter grossen Schwierigkeiten Hess
er von Künstlerhand feine Stempel schneiden,
fand das geeignete Goldpapier und Hess
Siegelmarken prägen, die gummirt und zum
Aufkleben fertig geliefert werden. Zierlich
und graziös, in launigen Formen und hüb-
scher Zeichnung nehmen sie dem damit ver-
zierten Briefe den Stempel des Geschäfts-
mässigen, geben ihm einen vornehmen
Karakter, einen freundschaftlichen Ausweis.

An die Wiederbelebung der Medaille,
wie sie besonders von Frankreich ausging,
schliesst sich dieser Versuch an. Er ist ge-
eignet, im Kleinen für die Geschmacks-
bildung zu wirken, indem er die künstlerische
Gravirung popularisirt und in billiger Form

jedem zugänglich macht. Wenn das preus-
sische Kultusministerium Wettbewerbe für
künstlerische Medaillen ausschreibt, wenn
die sächsische Regierung die Ausbildung
der Ansichtspostkarte fördert, so geschieht
das alles in der richtigen Erkenntniss, dass
die Massen des Volkes an der Pflege des
Geschmackes betheiligt werden sollen. Die
Hoffmann'schen Siegelmarken scheinen her-
vorragend geeignet, in diesem Sinne zu
wirken und man darf ihnen daher weiteste
Verbreitung wünschen. Nicht nur der Ab-
sender des Briefes kann in der Wahl der
Siegelmarke, in der Art, wie er sie an geeig-
neter Stelle auf der Brieffläche anbringt, stetig
Geschmack beweisen, auch den Empfängern
wird damit der Blick für kleine Feinheiten
der Kunst geschärft.

Vielleicht gelingt es auch, die Sammel-
wuth darauf zu lenken. Das wäre dann
ein Sammlungsobjekt, bei dessen Beschaffung
nicht blos der schnöde Geldwerth, die »Selten-
heit« ausschlaggebend ist, wie bei Trambahn-
karten und dergl., sondern das Auge der
Jugend für die künstlerischen Reize geöff-
net wird. (Vergl. die Abb. S. 106 u. 107.)

Das Unternehmen ist nicht vom Aus-
lande eingeführt, sondern der Versuch eines
deutschen Verlegers. Es scheint, dass er
vorläufig wieder einmal im Auslande (Eng-
land) noch mehr Beifall gefunden als bei
uns, wo jeder neue Gedanke, mag er noch
so hübsch und dankenswerth sein, zunächst
 
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