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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

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Heft 2 (November)
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Schulze, Otto: Max Seliger
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0106

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8r

An der Unterrichts - Anstalt des König-
liehen Kunstgewerbe - Museums zu
Berlin, dem der Maler Max Seliger als
Professor der »Figürlich-Dekorativen Maler-
Fachklasse« angehört, vollziehen sich Wand-
lungen in der Berufung von neuen Lehr-
kräften, die auf eine allgemeine Verjüngung
des vordem sehr konservativ gehandhabten
Lehrapparates hinweisen. Das ist weiter
nicht überraschend, nicht sprunghafter Voll-
zug gewaltsamer Neuerungen, sondern der
durchaus gesunde, fortschrittliche Entwickl-
ungsgang einer soliden, grundgewachsenen
und lebenskräftigen Einrichtung. Man ist
davon ahgekommen, künstlerische Kräfte,
reich an Jahren, reich an Erfahrungen auf
pädagogischem und methodischem Lehr-
gebiete —- weniger reich in der Fühlung
zum praktischen Leben, arm an nennens-
werthen Erfolgen wirklicher Lhätigkeit, der
kunsthungerigen Jugend als Lehrer und
Führer für das tiefere Eindringen in den
ganzen Ernst der künstlerischen Berufswahl
zu geben, wenigstens nicht an bedeutsamer

Stelle. Die Berliner Unterrichts-Anstalt, die
unstreitig mit den ersten Platz unter den
deutschen Kunstgewerbe-Schulen einnimmt,
ja, ohne Ueberhebung als eine Hochschule
des deutschen Kunstgewerbes bezeichnet
werden dürfte, wenn ihre bisher so bewährte
und in weiser Mässigung prüfend und
wägend abwartende Leitung ihr seit den
letzten Jahren aufgestelltes Programm ganz
zur Erfüllung bringt, d. h. in erster Linie
nicht hohe Kunst, sondern Kunstgewerbe
treibt, nicht Künstler, sondern Kunst-Hand-
werker erzieht. Der ersteren haben wir
übergenug, des Elends bei ihnen auch, von
den letzteren können wir einen kernigen,
praktisch zugreifenden Nachwuchs noch
immer sehr nothwendig gebrauchen. Jeder-
mannes Kunst in Ehren, aber — mir will
es nicht einleuchten, weshalb heute so viele
Maler töpfern, tischlern, schmieden und in
sonstiger Weise so sonderbaren Dilettantis-
mus treiben. Manchmal will es mir scheinen,
als ob die Akademien Kunsthandwerker, die
Kunstgewerbe-Schulen Künstler grossziehen.
 
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