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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

DOI Heft:
Heft 6 (März)
DOI Artikel:
Folnesics, Hans: Das moderne Wiener Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0294

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professor kolo moser—wien. Entwurf für einen gewebten Vorleger.

Ausgeführt von j. backhauskn & söhne—wien.

Pas moperne Wiener Kunstgewerbe.

Nirgends auf deutschem Boden ist
der Frühling der neuen Kunst so
plötzlich und machtvoll herein-
gebrochen wie in Wien. Während
vor kaum drei Jahren noch nichts davon
zu bemerken war, grünt und blüht es
jetzt aller Orten und von einer Opposition
im Publikum kann kaum mehr die Rede
sein. Auf diesem weichen Boden, wo sonst
alles Radikale die meisten Feinde hat, besass
man für zwei Dinge — im werdenden Leben
stets einen offenen Sinn: für Musik und
Architektur. Gross war die gläubige Ge-
meinde, die Richard Wagner hier von allem
Anfang an fand, und gross ist der Kreis
des Publikums, der der modernen Kunst
lebhaftes Interesse entgegenbringt. Anfangs
etwas verblüfft, erhob man nach kurzem
Bedenken die Sezession zum allgemeinen
Liebling. Ungestüm zwar und ohne dabei
viel zu denken, so dass das zarte Pflänzchen
im Freudentanze über die neue Eroberung
fast zertreten worden wäre, aber mit Tem-
perament und offenem Sinn für dessen leben-
sprühende Reize. Nur bei einem Theil des
Publikums, und bei jenen Künstlern, die
an der Unfehlbarkeit und ewigen Giltig-
keit der alten Schultraditionen festhielten,

konnte man alle Nuancen des Spottes und
der Abneigung vom stillen Bedauern bis
zum wüthenden Hasse beobachten. Um so
werthvoller und fördernder war es daher, dass
die maassgebenden Faktoren der Unterrichts-
verwaltung, der neuen Bewegung einsichts-
vollen Ernst, weiten unbefangenen Blick
und richtiges Urtheil entgegenbrachten, und
so im Einvernehmen mit allen modern Em-
pfindenden arbeiteten. Während an andern
Orten die vorwärtsstürmenden Elemente von
den Regierungen nicht viel zu erwarten
hatten, wurden sie in Wien gerade von
dieser Seite in vollstem Maasse unterstützt,
gefördert und emporgehoben.

In eklatanter Form kam diese Auffassung
der Dinge am Oesterreichischen Museum
zum Ausdruck, als hier im Winter 1897/98
die erste Ausstellung stattfinden sollte, die
einen Vorstoss in das Kunstgewerbe der
Zukunft bedeutete. Dieser erste Versuch
zeigte bereits Anfänge von Originalität. Da
war z. B. ein Damenzimmer von Schönthaler,
entworfen von J. Urban, mit Details von
H. Leffler und Rathausky, das in seiner
Eigenart geradezu revolutionirend wirkte.
Die Farbe war hier das entscheidende
künstlerische Element. Das Ganze gehörte

1900. vi. 1.
 
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