Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 5.1899

DOI Heft:
Heft 6 (März)
DOI Artikel:
Folnesics, Hans: Das moderne Wiener Kunstgewerbe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6697#0301
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2ÖO

Professor Dr. Folnesics — Wien :

Arrangements in den Ausstellungen der
Sezession ungemein anregend und erziehend
auf das Publikum gewirkt. Die Aufgabe
war von Fall zu Fall immer wieder eine
neue, denn Hoffmann schöpfte stets aus den
Kunstwerken, die vorgeführt werden sollten,
die Prinzipien, nach denen er vorging. Mit
Hilfe der bekanntlich gleich Koulissen ver-
schiebbaren Wände im Sezessions-Gebäude
schuf er jedesmal Räume, in denen die
Kunstwerke in denkbar günstigster Weise
zur Geltung kamen, und die zugleich im
Verein mit diesen Werken selbst ein
interessantes Kunstwerk bildeten. Dieser
Vorgang wurde sowohl im Publikum wie
in der Presse, die in kürzester Zeit fast
ausnahmslos für die neue Richtung gewonnen
war, mit Aufmerksamkeit verfolgt und auf
das beifälligste aufgenommen.

Hoffmann's Ausstattungskunst, die bald
von einer Reihe junger Künstler nachge-
ahmt wurde, gehört in Wien gegenwärtig
zu den unumgänglichen Vorbedingungen
jeder Kunst-Ausstellung. Auch Geschäfts-
räume wie die Apollokerzen-Niederlage Am
Hof verstand Hoffmann in ebenso praktischer
und zweckentsprechender als künstlerisch
wirkungsvoller Weise auszugestalten. Gerne
sucht Hoffmann die Kreisform ornamental
zu verwerthen. Sie ist für ihn das, was für
van de Velde jene grosse feingeschwungene
Kurve mit der Zickzack-Endigung ist, die
wir überall finden. Hoffmann theilt diese
Vorliebe mit Olbrich, der in der Kreisform
jene ruhige Geschlossenheit liebt, die ihm
ein Symbol der wunschlosen Vollendung
ist. Seine Interieurs, wie die Sekretariats-
Kanzlei im Sezessions-Hause und die des
Advokaten Dr. Walther Brix, einige Wohn-
räume des Herrn Berl im Sühnhause und
andere, trachten auch sonst mit den ein-
fachsten Motiven zu wirken, und zeigen
häufig eine Verwandtschaft mit jenen späten
Ausläufern des Empire, die mit Hinweg-
lassung antikisirenden Details in glatter,
exakter Ausführung, feiner Durchbildung
und vornehmer Bescheidenheit ihre Vorzüge
suchen. In diese Karakteristik fügt sich
auch sein Speisezimmer in Mahagoni, das,
ausgeführt von dem strebsamen ehemaligen

prof. j. hofmann. Silber-Schrank in Mahagoni.

Ausgeführt von anton pospischil.

Kunstgewerbeschüler Anton Pospischil, zu
den distinguirtesten Interieurs der letzten
Winter-Ausstellung im Museum zählte. Als
typisches Beispiel bringen wir einen Silber-
schrank aus diesem Räume.

Die Art und Weise, wie diese Möbel
an das sogenannte »Alt- Wien« anknüpfen
und dabei doch vollkommen modern sind,
ist dieselbe, die im Mobiliar und in der
Ausstattung eines grossen Wiener Cafe-Hauses
zum Ausdruck kommt, das vor kurzem ein
anderer junger Wiener Architekt, Adolf Loos,
eingerichtet hat. Loos legt mehr als jeder
Andere Werth auf das handwerkliche Em-
pfinden bei der Ausführung, und verficht
damit gewiss ein sehr gesundes Prinzip.
 
Annotationen