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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 8.1901

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Commichau, Felix: Ausstellung der Künstlerkolonie in Darmstadt, [2]: Patriz Huber, Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.6597#0257

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Ausstellung der Künstler-Kolonie Darmstadt igoi.

erwärmten Häusern ist wirklich eine mit-
geschleppte Tradition, eine blinde Nachäfferei
des Alten, die gerade auf dem Boden der
Kolonie gänzlich hätte vermieden werden
müssen. Dass Huber dies thut, zeigt, wie
gründlich er arbeitet, und dass er der Ver-
gangenheit nirgends unbegründete Konzes-
sionen macht. Die beiden, rechts und links
von dem Fenster sich befindlichen Heizkörper-
Schränke mit ihrem hübschen Oberbau,
welcher geschickt zu dem eigentlichen Heiz-
körper-Kasten in's Verhältnis gebracht ist,
sind glückliche, ja vorbildliche Gestaltungen
dieser Art. Der Gesamt-Karakter der Diele,
deren Einzelheiten sich nirgends ins Klein-
liche verlieren, ist ein festlicher, freier, ge-
paart mit Würde und Ernst. — Das benach-
barte Speise-Zimmer dagegen sieht ungemein
»lecker« aus. Alle Holz-Teile, aus poliertem
Kirschbaum bestehend, haben einen feinen,


patkiz huber. Heizkörper-Schrank in der Diele.

rötlichen Ton, der in seiner untadelhaften
Glätte ungemein delikat wirkt. Auch in
diesem Räume finden wir das herrschende
Moment dort, wohin des Eintretenden Auge
unwillkürlich hinschweift, oben in der Decke,
welcher hier die Form eines flachbogigen
Tonnen - Gewölbes gegeben ist. Die Kon-
struktions - Rippen, welche sie durchqueren,
setzen sich auf starke, senkrechte Stäbe an
der Wand; letztere lösen somit die Aufgabe,
das Oben und Unten des Raumes in innige
Verbindung zu bringen. Die einzelnen Felder
der Decke haben ein einfaches Ornament
erhalten, dessen Linien durch die Köpfe
kupferner Nägel gebildet sind. Prächtig
in diesen rötlichen Glanz der Wände und
der Decke wirkt der schneeweiss gedeckte,
grosse Ess-Tisch hinein. — Das Rauch-
Zimmer, eigentlich nur ein Neben - Kabinet
der Diele darstellend, ist durch einen schweren
Vorhang von dieser getrennt; letzterer weist
auf seinen beiden Seiten zwar die gleiche
Ornamentierung, aber andere, je zum Haupt-
Tone der durch ihn abgeschlossenen Räume
gestimmte Farben auf. Das Rauch-Zimmer
ist eine hervorragende Leistung neuzeitlicher
Wohnungs-Kunst. Es ist so ungemein heiter,
es ist geschaffen, lustiger Plauderei eine
eigene Stätte zu bieten. Auch hier herrscht
das Holz vor, und zwar ward blaugebeiztes
Eschen-Holz verwendet. Die dezente Orna-
mentierung, die spärlich, aber ungemein
sicher verwandt ist, ist durchweg leicht ver-
goldet. Die Decke, wenn auch für den
kleinen Raum mit den zierlichen Möbeln,
unter denen ein Thee - Tischchen ganz be-
sonders auffällt, reichlich schwer gehalten,
zeigt wiederum eine schöne originelle Ge-
stalt. Reizend sind die vier Beleuchtungs-
Körper, reizend ist die Art, wie diese
in der Decke verteilt sind. Die Thür,
die vom Rauch-Zimmer rechts zu der Gar-
derobe führt, ist in ihrer wundervollen Ein-
fachheit ein Kunst-Werk ersten Ranges.
Auf der engen Treppe winden wir uns in's
Ober - Geschoss, und treten hier zunächst
in das kleine Arbeits - Zimmer. Auch hier
ist die Decke, wenn auch wieder neu und
hübsch, recht schwer; doch trägt sie nicht
wenig dazu bei, den Grund-Ton des Ganzen,
 
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