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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

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Rüttenauer, Benno: Hans Christiansen und sein Haus
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0070
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Hier gibt es noch keine grossen Vorbilder
der Alten. Weder die Renaissance noch
das Rokoko haben hier, wie auf allen anderen
Gebieten, Muster geschaffen, die beirrend im
Wege stehen könnten. Und mir scheint,
alle Welt hat just an diesem Punkt, und
nicht mit Unrecht, von der Kolonie eine
vorbildliche That erwartet. Ist sie erfolgt?
Ich glaube nicht. Einzelne geniale Würfe
sind gethan, das ist unbestreitbar. Aber
daneben stösst man geradezu auf Unge-
schicklichkeiten. In der Halle des Hauses
Olbrich hat man die Empfindung, sich in
einem Lampen - Magazin zu befinden. Ich
habe das von tausend Menschen sagen hören.
In der Halle Christiansen's ist die Wirkung
zwar nicht dieselbe, schon weil die Halle
viel höher und die Beleuchtungskörper viel
kleiner und zierlicher sind; aber immerhin
wird man sagen müssen, dass dieses Auf-
reihen wie an der Schnur von so vielen gleich-
gebildeten Lampen wohl eine sehr einfache,
aber keineswegs sehr ingeniöse Lösung be-
deutet, womit nicht gesagt sein soll, dass
das Einfachste nicht vielleicht auch zugleich
das Ingeniöseste sein kann. —

Von allem, was sonst die Christiansen'-
sche Halle in sich fasst, ist nur Lobendes
zu sagen. Die Boden - Belege, die Kissen,
die Wand- und Lhür-Behänge erfreuen eben-
sosehr durch ihre unaufdringlichen sanften
Farben wie durch ihre reichen (aber nicht
allzugehäuften) linearen und figuralen Orna-
mente. Das häufig wiederkehrende fein-
fühlig stilisierte Rosen-Muster thut hier die
beste Wirkung. Es sind hohe Kunstwerke
unter diesen Webereien und Stickereien,
denen man auch in den übrigen Räumen
des Hauses vielfach begegnet und unter
denen die Boden-Belege von /. Ginskey in
Maffersdorf, die gewobenen Wand-Teppiche
von der Kunst- Webeschule in Scherrebek,
die Kissen und ähnliches aber von Frau
Grenvuillet-Riedman in Basel und Fräulein
Braun in Darmstadt hergestellt sind. Ein
Prachtstück ist der grosse Vorhang, der,
zwischen den goldenen Säulen, das Damen-
Zimmer von der Halle abschliesst. Er hat
nur wenige aber ausserordentlich lebendig
ansprechende Ornamente. Die zwei ver-
goldeten Säulen mit ihren originellen Pro-
filen sind überhaupt eine feine Note in der
 
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