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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

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Darmstadt, Stuttgart und München als Heim-Stätten moderner Gewerbe-Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0259
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Dcirmffadf, Sfuffgarf und Ulünchen

als Beim ■ Starten moderner Gewerbe=Kunff.

Zahlreiche Blätter haben sich in letzter Zeit
in längeren oder kürzeren Artikeln mit
der »Auflösung« der Darmstädter Künstler-
Kolonie beschäftigt. Drei Künstler: Prof.
Hans Christiansen, Patriz Huber und Paul
Bürck werden, wenn ihre Verträge am i.Juli
dieses Jahres abgelaufen sind, die Hauptstadt
Hessens für immer verlassen und die vier ver-
bleibenden Mitglieder der Kolonie: Olbrich,
Behrens, Bosselt und Habich, werden voraus-
sichtlich nicht mehr nur in dem unmittel-
baren persönlichen Verhältnisse zu dem
Landesherren das wesentliche Moment ihrer
Wirksamkeit erblicken, sondern sie werden
in dieser oder jener Form, als Lehrer oder
als Leiter von Kursen im Staats-Auf trage
eine Gegenleistung für das gewährte Gehalt
zu erbringen haben. Sonach ist es nicht mehr
in Zweifel zu ziehen, dass die Künstler-
Kolonie, welche einst bei ihrer Entstehung
in allen kulturell vorgeschrittenen Kreisen
Europa's als ein Ereignis von besonderer
Tragzveite bemerkt wurde, eine erhebliche
Beschränkung ihrer Mitglieder-Zahl erfährt.
Man würde es niemals genug beklagen
können, dass es so kommen musste, wenn da-
mit wirklich eine »Auflösung« dieser einzig-
artigsten , hochherzigsten und fürstlichsten
aller kunstfördernden Gründungen, welche
die neueste Zeit erlebt hat, aus innerlichen,
künstlerisch-prinzipiellen oder sonst allge-
meinen, das Wesen der neuen Kunst irgend-
wie berührenden Gründen erfolgt wäre; denn
dann wären die erwähnten Darmstädter Vor-
gänge vielleicht als Einwände gegen die neue
Entwickelung und ihre Vertreter denen will-
kommen, welche jeden Fortschritt und jede
schaffensfrohe Erhebung mit hämischer Miss-
gunst und galliger Nörgelei verfolgen. Dem
ist aber nicht so. Denn in Darmstädter lei-
tenden Kreisen fasst man den Weggang

dieser drei Künstler nicht als den »Anfang
vom Ende« auf. Steht doch das »Ernst-
Ludwigs-Haus« auf der Mathilden-Höhe, das
als Arbeitsstätte für acht Künstler angelegt
ist. Die Kolonie soll sich nach der Absicht
ihres Begründers mit ihrem »Personal-Be-
stände« den Aufgaben anpassen, welche ihr
der Landesherr, der Staat, die Industrie zu
stellen haben. Diese Aufgaben sind variabel;
und nichts ist daher eigentlich natürlicher,
als dass auch von Zeit zu Zeit ein partieller
Personen - Wechsel innerhalb der Kolonie
eintritt. Nur um im Interesse der vor-
wärtsstrebenden modernen Kunst zu ver-
hindern , dass die Vorgänge in Darmstadt
in irrtümlicher oder böswilliger Weise als
eine Niederlage dieser Kunst selbst und
einiger ihrer kühnsten, kräftigsten Kämpfer
ausgeboten werden, sei hier auf die wich-
tigsten Ursachen hingewiesen, welche, so
weit wir beurteilen können, dabei wirksam
waren. Wir sehen ganz davon ab, auf
gewisse Streitigkeiten, lächerliche, kleine
Skandale, allerlei Residenz - Klatsch und
sonstige unkontrollierbare Gerüchte einzu-
gehen , welche wie irrende Nachtfalter um
das Licht dieser merkwürdigen künstlerischen
Episode flatterten. Was davon auch Wahr-
heit, was Dichtung sein mochte, und welche
persönlichen Momente vielleicht auch eine
gewisse Zersetzung herbeigeführt haben
könnten: maassgebend dürfte doch in erster
Linie die Erwägung gewesen sein, dass
der äusserst ungünstige finanzielle Abschluss
der Ausstellung auf der Mathilden - Höhe
für absehbare Zeit ein Zusammengehen der
heimischen Industrie und des heimischen Ge-
werbes mit der Kolonie unmöglich gemacht
hat, unmöglich wenigstens in dem grossen
Stile, wie es bei der Gründung der Kolonie
geplant war. Es wurde von dem Heraus-
 
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