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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 10.1902

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Fuchs, Georg: Deutsche Zukunfts-Architektur in Turin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6695#0318
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H. & FR. V. HEIDER—MAGDEBURG.

Thür'Verdachung aus Fliesen.

Deutfche Zukunffs» Architektur in Uurin,

Wenn man schöpferische deutsche Bau-
Kunst kennen lernen will, eine
Bau-Kunst, die mehr ist als geschickte
und geschmackvolle Anwendung gelehrter
Forschungen, so muss man Projekte und
Ausstellungen studieren. Die deutsche
Kultur ist noch lange, lange nicht reif
genug, ist noch viel zu sehr kleinstaatlich-
ängstlich, ist noch viel zu wenig »gross-
deutsch« , um die hohen Gedanken kühner
Baumeister in Thaten umsetzen zu können.
Es ist eigentlich gar nicht zu verwundern,
dass es so ist und dass man einstweilen
in deutschen Ländern und Ländchen das
biedere Gelehrt-Thun, die wackere Alter-
tümelei, die archaeologische Wissenschaft-
lichkeit noch höher schätzt: das ist so die
Art kleiner Bürger in kleinen Gemein-
wesen, das hat sich weiter vererbt und
schwindet nur ganz allmählich. Im »grösseren
Deutschland«, das die politische und geistige
Jugend dieses nach kulturellen Thaten heiss
verlangenden Volkes erringen will, wird es
anders sein. Wie es sein wird, davon gibt
uns die Turiner Ausstellung eine Ahnung.
Das »Rückgrat« der deutschen Abteilung
wird hier durch eine Flucht grösserer Räume
gebildet, welche mit dem Hamburger Vesti-
bulum von Peter Behrens beginnt; daran
schliesst sich der Kaiser Wilhelm-Saal von
Billing, von dem aus sich nach links ein
von Kandelabern flankiertes Bogen-Thor in
den preussischen Repräsentations-Raum von

Bruno Möhring öffnet. Hier wird die gross-
zügige Anordnung leider unterbrochen. Wir
müssen uns durch eine Folge kleiner und
kleinster Gemächer, nach dem nichtsehr glück-
lichen Treppenhaus von Berlepsch und von
da durch den um so gelungeneren, ernsten
Wohn-Raum von Ore'ans hindurchwinden,
um endlich in der dämmernden, majolika-
verkleideten Fest-Halle von Kreis wieder
aufzuathmen. Über den Flur der Material-
Abteilung hinweg schreiten wir dann in den
vortrefflich disponierten, mit drei mächtigen
Bogen-Fenstern sich nach dem Parke öffnen-
den Saal von Heinrich Kühne, der leider
durch die Überfülle der Fabriks-Auslagen
um seine reine Wirkung gebracht wurde.
Durch die Abbildungen, welche sich an diese
Studie anschliessen, wird diese Folge ungefähr
zur Anschauung gebracht. — Der Übergang
von der mächtigen, aber durch ihre Aus-
schmückung doch auch ein wenig komisch
wirkenden Kuppel-Halle zu dem Vestibulum
von Behrens wird durch einen wuchtigen
Bogen mit dem Reichs-Adler vermittelt, in-
soweit zwischen zwei einander so fremden
Welten überhaupt vermittelt werden kann.
In der That: die Hamburger Vorhalle leitet
uns in eine »andere Welt« und vielleicht
gelingt es uns später etwas vom Wesen dieser
Welt zu offenbaren, wenn wir auf Behrens
und sein Vestibulum im Besonderen eingehen
werden. Wie gerne würde man länger in
diesem Reiche verweilen und von diesem
 
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