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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 11.1902

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Commichau, Felix: Hermann Billing als Innen-Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.6694#0124

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Q5

Bermann Billing als 3nnen»Künffler,

Durch eine mit Löwen-Köpfen gezierte,
feierliche Pforte schreitet man von
der grossen Mittel-Halle des Aus-
stellungs-Gebäudes zu Karlsruhe in das Ge-
mach, dem Hermann Billing künstlerische
Gestaltung verlieh. Eine Anzahl hoher
Meisterwerke der Malerei hat zu uns ge-
sprochen, hat eine heilige, ergreifende Sprache
geredet, und dennoch bleibt man überrascht
zwischen dem schweren Vorhang stehen und
verspürt eine Wirkung, als schaute man
Neuland. Durch diesen Raum weht etwas
wie tiefe Inbrunst; man fühlt die volle Hin-
gabe des Künstlers an sein Werk, und man
fühlt das Ziel, das er im Schaffen sich selbst
erhöhte. Und eine freudige Empfindung,
über die ich mir zwar erst später Rechen-
schaft ablegen konnte, bewegte mich noch:
Wir sind schon weit gediehen; eine Kunst,
die so unmittelbar auf uns zu wirken ver-
mag, steht hoch. Und sie vermöchte es
nicht über mich, den Menschen von heute,
wenn sie nicht auch ganz aus dem »Heute«
geboren wäre.

Der Raum sollte ein Herren - Arbeits-
Zimmer werden — aber er ward viel mehr.
Und Hermann Billing that gut daran, in

diesem Hause, an dieser Stelle sich nicht
unter das kühle Programm zu ducken, nicht
dem Zweck, der hier zudem ja ein gedachter
und nicht thatsächlicher war, alleinig und
allein zu dienen. Er spricht nur für das
Fein-Gefühl des Künstlers, dass er sich dem
hohen Tone, der durch alle Hallen des
Jubiläums-Hauses schwingt, ganz und gar
anpasste, dass auch er bildete und dichtete,
wie ihm um's Herz war. Dieser hohen
Stimmung verdankt Karlsruhe ein Werk,
eine Feiertags-Schöpfung im edelsten Sinne.
Möge man es zu würdigen wissen.

Zwei äussere Übelstände haben die
Raum - Komposition sehr erschwert. Vor
allem: das Zimmer ist zu klein — für den
gedachten Zweck als Herren-Arbeits-Zimmer
sogar viel zu klein! Sodann wird es nur
durch ein Ober-Licht erhellt; eine für einen
Wohn-Raum ungewöhnliche, ja störende
Beleuchtungs - Art. — Mehr Raum und an-
genehmes Licht — und Billing hätte noch
mehr aus diesem Räume machen können —
das empfindet wohl Jeder. Aber, dank
künstlerischer Weisheit empfindet man es
erst, nachdem man einige Zeit darin geweilt.
— Der wuchtigen Eingangs - Pforte hält

1903. II. 6.
 
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