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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 11.1902

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Becker, Marie Luise: Etwas von der Kunst des Blumen-Bindens
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https://doi.org/10.11588/diglit.6694#0274

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etwas von der Kuntt des Blumen=Bindens.

Wie die einzelnen Völker im Laufe der
Jahrtausende zur Natur standen, das
lehrt uns ein Blick in die Kunst-Geschichte
der Blumenbinderei. Auf Mumientüchern
und Särgen finden sich die bunten ägyp-
tischen Malereien, die stilisierte Irisborte
und die Blumen -Sträusse der Ägypter. Es
sind steife, schlank emporsteigende, hohe
ornamentale Gebilde: Der Kultur - Mensch
»verbesserte« die Natur und schuf sich ein
Ornament aus der blühenden, bewegten
Pflanze. Genau wie die ägyptische Pflanzen-
borte stilisierte man im alten Reiche die
Blumen zum Strausse: man zerpflückte die
Blüte und fügte sie künstlich — jedenfalls
mit Hülfe einer Leim-Masse — in die ideal
gedachte, feste Kunst-Form, die als Natur-
Motiv allerdings in der Blüte selbst be-
gründet war. Ausserordentlich treu
folgte man auch der wirklichen
Blüten - Form, denn es lassen sich
die verschiedensten Blumen - Arten
in diesen ägyptischen Ornamenten
nachweisen — jede Feinheit der
Struktur, jeder Linienreiz ist beob-
achtet und zeichnerisch festgehalten,
das Ganze aber unbedingt immer
streng nach dem festgefügten orna-
mentalen Schönheits-Ideale des hoch-
gebildeten , kultur - durchdrungenen
Ägyptens umkomponiert. Frucht-
Kränze umschlangen die Tempel-
Säulen in Griechenland und Rom.

Eine üppige Vegetation, eine verschwenderische
Natur gestattete den Völkern, in Blüten
und Früchten zu schwelgen. Alle Bindereien
aber waren dem Karakter der herrschenden
Ornament-Form angepasst, stilisiert.

Die raffiniert verfeinerte Blumen-Zucht
der Renaissance und Barock-Zeit brachte erst
die eigentliche Kunst der Blumen-Verwend-
ung empor. Noch geben uns alte Stickereien
und Stoffe, von letzteren besonders die aus
der Zeit Ludwigs XIV. und Ludwigs XV.,
ein klares Bild der damaligen Kunst der
Blumen-Binderei, und fast unbegreiflich ist
der Übergang von jener immerhin schon
recht feinsinnigen Binde-Kunst zu dem, was
die Mitte des vorigen Jahrhunderts an Blumen-
Verarbeitungen aufweist. Waren wir damals
besser als die Ägypter? Eine Papier-

PADL JASPAR—LUTTICH.

Entwurf zu einem Grab-Denkmale.
 
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