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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 11.1902

DOI Artikel:
Osborn, Max: Die modernen Wohn-Räume im Waren-Haus von A. Wertheim zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6694#0278

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(r

Die modernen Wohnräume im Warenhaus
Don EL Wermeim zu Berlin,

es war ein wichtiger Uag für die Sefchichte des neuen Kunff*6ewerbes,
als im «ergangenen ßerbft der Berliner Riefen*Bazar pon A. Werrheim
mit feiner „6efamt-Anlage moderner Wohn«Räume" herportrat. 3n
diefem Augenblick erlangte ein wefentliches ITloment der ganzen Bewegung:
ihr immanenter demokrafifcher Karakfer, der früher immer nur fheoretifch
zur Geltung gekommen war, zum erftenmale praktifche Bedeutung. Was
das moderne KunfNSewerbe bisher geleiftet hat, und was es feiner innerften
Ilatur nach heute überhaupt zu leiften imftande ift, hat zum Zielpunkt
eine künftlerifche Durchdringung und Säuberung des bürgerlichen ßaufes.
Daher feine Unficherheit anderen Aufgaben gegenüber, daher feine
Anknüpfung an die erften Dezennien des neunzehnten Jahrhunderts, da
fich die Anfänge einer felbftändigen bürgerlichen ünnen- Dekoration und
eines bürgerlichen ITlöbelbaus regten, um alsbald unter dem Druck der
hiftorifchen Stil-Arten wieder zu perfchwinden. Das grohe Prinzip des
ganzen kunftgewerblichen Sehnens unterer Zeit, das bezeichnenderweife
von England, Amerika und Belgien zu uns herüberkam, ift im Kern ein
demokrafikhes, in diefer Eigenfchaft beruhen eben die karakteriftifchen
merkmale, die es von den künfflerifchen Uendenzen aller früheren Epochen
fcharf unterfcheiden, und es ift nur natürlich, dafj das KunfNßandwerk auf
dem Wege zu jenem nächffen Ziel früher oder Ipäter mit einem fo bedeuf-
famen andern Faktor der demokratifchen Kultur, wie ihn das moderne
Warenhaus darfteilt, zufammentreffen muhte.

Von felbft freilich erfolgen derartige Enfwickelungen, fo logifch fie fein
mögen, fchliehlich doch nicht. Es bedarf weitblickender und unternehmender
Köpfe, damit fie fich vollziehen, und es ift ein bleibendes Verdienff der
Begründer und Befiher des ßaufes Wertheim, dafc fie es waren, die den
Stein in's Rollen brachten. Ob dabei ein kluger Sefchäffs- Seift gewaltet
hat, der den Ehrgeiz befifjt, jeden Befucher, auch den perwöhnten, zu
befriedigen, oder ob es der Auffchwung des künflerifchen Sinnes in
Deutfchland war, der auch hier gebieterifch fein Recht perlangte, ift völlig
gleichgültig; der thatfächliche Erfolg für die Sache bleibt der gleiche. Der
Schritt, den die Brüder Wertheim zum modernen Kunfr-Sewerbe gefhan
haben, kommt allerdings nicht plöfjlich und unporbereifet; der prachfpolle
Bau des kololfalen Sebäudes in der Leipziger-Strohe, der unter Alfred
meifei's Leitung gehellt, und zu deffen Schmuck eine ganze Reihe jüngerer
Kräfte herangezogen wurde, wie ITlelchior fiechter für die farbigen Fenffer
und Frih Klimfch für grofje Beleuchtungskörper, dann die Einrichtung des
Semälde-Salons, der wie eine fülle Jnfei in dem wogenden Sefriebe des
 
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