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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 13.1903-1904

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Schulze-Köln, Otto: Malerin Julie Wolfthorn - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7008#0326
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ERSTE KUNSTGEWERBLICHE AUSSTELLUNG KLAGENFURT. FRIEDR. GORNIK—-WIEN: LÖWIN, GIPSMODELL.

ITlalerin 3ulie Wolffhorn—Berlin,

Ein Name, der vielen unserer Leser noch
ziemlich unbekannt sein dürfte, denn
seine Trägerin ist bisher trotz ihres schon
jetzt sehr beachtenswerten Könnens nur in
engeren Kreisen, für die sie schuf, zu der
ihr auch darüber hinaus wohl zu wünschenden
Anerkennung gekommen. Über das bis-
herige Leben der Künstlerin ist wenig zu
sagen; sie zählt zu jenen Naturen, die es
nicht lieben, von sich reden zu machen,
bevor sie ihr Ziel erreicht haben, die aber
gegebenen Falles fühlbar bekunden, dass
sie nicht zu übersehen sind. Und Julie Wolf-
thorn hat ein Recht dazu, so aufzutreten, hat
sie doch so manche ihrer Kunst-Schwestern
hinter sich gelassen, die den Freibrief für
echte Kunst schon in der Tasche zu
haben glaubten — aber doch nur bessere
Dilettanten blieben.

Julie Wolfthorn tritt unserm Leserkreise
hier zum erstenmale mit einer Reihe von
Gemälden näher, von denen jedes einzelne
eine Leistung ist, die nicht nur durch ein
fleissiges Studium, sondern vor allen Dingen
durch ein starkes Talent gezeitigt werden.
Schöpfungen, die sich so vornehm und voll
inneren Wertes als reife Kunstwerke über
Alltags-Arbeiten hinaus erheben, sind Weg-

1904. VL 1.

Steine eines heissen Ringens, eines noch
Grosses verheissenden Künstler-Lebens.

Julie Wolfthorn bereitete sich in Berlin
vor und besuchte dann die Academie Cola-
rossi zu Paris, anschliessend hieran bei
Gustave Courtois für sich kurze Zeit arbeitend.
Daran schloss sich ein längerer Land-Aufent-
halt in Frankreich, wohin sie ein geeignetes
Modell mitnahm, um völlig selbständig und
viel im Freien zu arbeiten, häufig in Ge-
meinschaft mit Kollegen. Das Können der
Künstlerin trägt einen fast männlichen Zug,
ohne jedoch jener Grazie zu entbehren, die
sie hoch über die banalen Malereien der
Mann-Weiber erhebt. Zur Zeit dürfte das
Porträt grossen Stils, wie es uns in der
Schriftstellerin Hedwig Lachmann, in ihrem
Bruder-Bildnis, vor allen Dingen aber in der
»Fechterin« entgegentritt, ihre seltene Be-
gabung für das Seelische am besten bekunden.
In dieser Fechterin liegt eine unbewusste
Verschmelzung van Dyckscher und Velas-
quezscher Kunst. Das Bild wäre würdig,
eine unserer öffentlichen Galerien zu
schmücken; nur dürfte die Künstlerin durch
eine solche Ehrung nicht verführt werden
— auf weitere Erfolge zu verzichten, denn ihr
dürfte noch Grösseres gelingen, o. sch.—k.
 
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