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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 14.1904

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Widmer, Karl: Städtische Plätze
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https://doi.org/10.11588/diglit.7009#0124

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K. Widmer—Karlsruhe: Städtische Plätze.

475

Städtische Plätze.

Zu den beschämendsten
Armutszeugnissen von
der künstlerischen Sterilität
unseres heutigen Kultur-
lebens gehören die öffent-
lichen Plätze unserer rasch
aufgeschossenen modernen
Grossstadtviertel. Auf ihnen
pflegt sich allerdings auch
ein Stück offizieller Kunst-
pflege mit mehr oder we-
niger Aufwand von Geld
und Wichtigtuerei breit zu
machen. In seinem kläg-
lichen Widerspruch zwischen
Absicht und Erfolg spricht
es aber nur um so deut-
licher aus, wie selten heut-
zutage eine wahrhaft monu-
mentale Kunst-Anschauung
bei denen zu Hause ist, die
sich im allereigensten Inter-
esse als die berufenen Hüter
einer hohen, von jeder Art
materieller Schranken be-
freiten Kunst fühlen sollten.
Die Geschichte des Mittel-
alters erzählt uns ein glor-
reiches Kapitel bürgerlichen
Monumentalsinns: seine öffentlichen Bauten
sind ein ebenso unvergängliches Ruhmesblatt
für den Mäcenatengeist der städtischen Bau-
herrn wie für die Kunst selbst. Welche Rolle
spielen in dem Existenzkampf der modernen
Kunst die Organe unserer heutigen städtischen
Selbstverwaltungen? Was haben sie getan,
ihr diesen Kampf zu erleichtern, ihre Er-
rungenschaften in Taten umsetzen zu helfen?
Man berufe sich nicht auf einzelne rühm-
liche Ausnahmen, wie etwa neuerdings Ham-
burg. Man mustere die Resultate, wie sie
als Gesamtbild den Kunstsinn moderner
Stadtbehörden dokumentieren. Dann werden,
wie gesagt, die öffentlichen, von den Städten
unterhaltenen Plätze eine besonders beredte
Antwort auf diese Frage geben.

Schöne Plätze waren ein Stolz der Städte
in alter und neuer Zeit. Aus jeder Epoche

JAN TOOROP—KATWYK.

Bildnis-Studie: Annetze de Meester.

der Vergangenheit, in der es noch eine Bau-
kunst im wirklichen Sinn des Wortes »Kunst«
gab, an allen ehrwürdigen Schauplätzen alter
Städtekultur sprechen zu uns die Beispiele,
wie die Alten die Sache anfassten: mit welch'
gleich hohem Verständnis für ihre praktische
wie für ihre ästhetische Bedeutung. Denn
das gilt für den öffentlichen Platz, wie für
jede andere Schöpfung der im Dienste prak-
tischer Lebensaufgaben schaffenden Künste:
das eine lässt sich ungestraft nicht vom andern
trennen. Wenn sich einer den praktischen
Zweck auch anders erreicht denken kann,
als in künstlerischer Vollendung, so ist das
schon Banausentum. Wenn das ästhetische
Bedürfnis so selbstverständlich ist, wie das
Nützlichkeits - Bedürfnis, so kann man das
folgerichtig als Kultur bezeichnen.

Ihrer praktischen Bestimmung nach lassen
 
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