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Deutsche Frauenkunst in St. Louis.
VON H. VOLLMAR—BERLIN.
Zum ersten Male gab die Regierung dem
» Verein der Künstlerinnen und Kunst-
freundinnen« das Recht, im Rahmen einer
Welt-Ausstellung als geschlossene Gruppe
aufzutreten. Nachdem dieser Beschluss be-
kannt geworden, mühte sich jedes Mitglied,
besonders Gutes, Vollkommenes zu schaffen,
und das Resultat dieses Eifers war denn
auch ein überaus beachtenswertes. Jene
Sonder-Ausstellung der für St. Louis be-
stimmten Frauenkunst, welche in den Räumen
von Keller & Reiner stattfand, bekundete,
dass nicht nur der künstlerische Geschmack,
sondern dass auch die
Technik und die Ge-;
diegenheit des Materials,
eine wesentliche Steige-
rung erfahren haben.
Da war nichts von der
oft mit Recht verurteilten
weiblichen' Handarbeit
zu spüren, welche in
spielerischen Nebensäch-
lichkeiten das Ziel: Nützf-
Hches in schöner Form
zu geben, aus den Augen
verliert; überall machte
sich ein verfeinerter Ge-
schmack geltend, der mit
tüchtigem Können ver-
bunden , originell Er-
fundenes in anmutiger
z weckentsprechender
Form gab. Und als be-1
sonderes Merkmal dieser
geförderten dekorativen
Frauenkunst, trat eine
Vielseitigkeit zutage,
welche der gesamten
Vorführung auch von
der schärfsten Kritik un-
eingeschränktes Lob ein-
trug. Obgleich das
Nebeneinander der ver-
schiedenen Leistungen
nicht günstig für den
Gesamteindruck war —
auch unsere Abbildungen lassen das er-
kennen — feierte die Ausstellung vor ihrem
Einschiffen nach St. Louis dennoch unbe-
strittene Triumphe.
In Amerika ist die Anordnung der
Vereinsausstellung eine wesentlich andere,
Marie Kirschner, die als schaffende Künstlerin
zu den Bedeutenden zählt, hat die Ver-
tretung ihrer Kolleginnen, deren Vertrauen
sie in hohem Grade besitzt, übernommen,
und wie schon oft in Berlin, so hat sie als
feinsinnige Frau auch in Amerika eine Aus-
stellung geschaffen, deren Gesamteindruck
WANDMALEREI: E.V.EICKEN. WANDSCHIRM: C. V. SIVERS UND ILSE
SCHÜTZE. TEETISCH UND STUHL LINKS : M. V. BUDDENBROCK. STUHL
RECHTS: M. VORBERG. LAMPE: S. L. SCHLIEDER. TEPPICH: T. EN DELL.
1904. X. 5.
Deutsche Frauenkunst in St. Louis.
VON H. VOLLMAR—BERLIN.
Zum ersten Male gab die Regierung dem
» Verein der Künstlerinnen und Kunst-
freundinnen« das Recht, im Rahmen einer
Welt-Ausstellung als geschlossene Gruppe
aufzutreten. Nachdem dieser Beschluss be-
kannt geworden, mühte sich jedes Mitglied,
besonders Gutes, Vollkommenes zu schaffen,
und das Resultat dieses Eifers war denn
auch ein überaus beachtenswertes. Jene
Sonder-Ausstellung der für St. Louis be-
stimmten Frauenkunst, welche in den Räumen
von Keller & Reiner stattfand, bekundete,
dass nicht nur der künstlerische Geschmack,
sondern dass auch die
Technik und die Ge-;
diegenheit des Materials,
eine wesentliche Steige-
rung erfahren haben.
Da war nichts von der
oft mit Recht verurteilten
weiblichen' Handarbeit
zu spüren, welche in
spielerischen Nebensäch-
lichkeiten das Ziel: Nützf-
Hches in schöner Form
zu geben, aus den Augen
verliert; überall machte
sich ein verfeinerter Ge-
schmack geltend, der mit
tüchtigem Können ver-
bunden , originell Er-
fundenes in anmutiger
z weckentsprechender
Form gab. Und als be-1
sonderes Merkmal dieser
geförderten dekorativen
Frauenkunst, trat eine
Vielseitigkeit zutage,
welche der gesamten
Vorführung auch von
der schärfsten Kritik un-
eingeschränktes Lob ein-
trug. Obgleich das
Nebeneinander der ver-
schiedenen Leistungen
nicht günstig für den
Gesamteindruck war —
auch unsere Abbildungen lassen das er-
kennen — feierte die Ausstellung vor ihrem
Einschiffen nach St. Louis dennoch unbe-
strittene Triumphe.
In Amerika ist die Anordnung der
Vereinsausstellung eine wesentlich andere,
Marie Kirschner, die als schaffende Künstlerin
zu den Bedeutenden zählt, hat die Ver-
tretung ihrer Kolleginnen, deren Vertrauen
sie in hohem Grade besitzt, übernommen,
und wie schon oft in Berlin, so hat sie als
feinsinnige Frau auch in Amerika eine Aus-
stellung geschaffen, deren Gesamteindruck
WANDMALEREI: E.V.EICKEN. WANDSCHIRM: C. V. SIVERS UND ILSE
SCHÜTZE. TEETISCH UND STUHL LINKS : M. V. BUDDENBROCK. STUHL
RECHTS: M. VORBERG. LAMPE: S. L. SCHLIEDER. TEPPICH: T. EN DELL.
1904. X. 5.