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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 15.1904-1905

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Widmer, Karl: Mode und Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7137#0259

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PROF. HEINRICH METZENDORF—BENSHEIM.

Ausgeführt von Ludwig Alter—Darmstadt.

Diele.

MODE UND KUNSTGEWERBE.

Unter den Gründen, denen das alte Kunst-
handwerk seine Blüte verdankte, spielt
die Ruhe und Stetigkeit, mit der es sich
entwickeln konnte, eine Rolle, deren Wich-
tigkeit nicht hoch genug angeschlagen werden
kann. Die künstlerisch-formale Ausreifung
praktischer Kultur-Aufgaben ist ein Lebens-
prozess, der zu seinem natürlichen und nor-
malen Verlauf Zeit braucht. Wo die Zeit
fehlt, droht immer die Unnatur in irgend
welcher Form — am schlimmsten aber dann,
wenn man den Dingen die Schale eines eilig
erborgten fremden Stils aufdrängt, statt dass
man den Kern sich seine Schale organisch von
innen heraus bilden lässt. Darum ist die
»historische Richtung« ein so echtes Kind
unseres Zeitalters des Dampfes gewesen.
Mit der rasenden Eile der modernen Massen-
produktion von tausend und abertausend Er-
zeugnissen des industriellen Erfindungsgeistes
konnte das künstlerische Schöpfungs- Ver-
mögen nicht Schritt halten. Man deckte
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also den »künstlerischen Bedarf«, indem man
in die Vorratskammern früherer Zeiten und
fremder Völker griff. Das war ein be-
quemer Ausweg, solange die herrschende Ge-
schmacks-Richtung damit einverstanden war.
Eine Gefahr, dass aus dem ewigen Ab-
wechslungs-Bedürfnis der Mode der Findig-
keit der Kunstgewerbe-Produzenten einmal
eine Verlegenheit entstehen könnte, schien
ausgeschlossen: die Museen waren uner-
schöpflich und das Kopieren der alten Vor-
bilder konnte mit jener Promptheit erledigt
werden, wie es die Industrie und der Markt
verlangten.

Das ist aber anders geworden, seitdem
der Umschwung der künstlerischen An-
schauungen mit dem historischen Formalismus
ins Gericht gegangen ist. Man will keine
Geschichte mehr, sondern lebendige Kunst.
Auf die Probleme, welche der moderne
Fortschritt mit seinen geistigen und materiellen
Anforderungen stellt, konnte die antiquarische
 
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