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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Schaefer, K.: Die Güldenkammer des Bremer Rathauses: nach Entwurf von Heinrich Vogeler
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0125

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Die Güldenkammer des Bremer Rathauses.

berichten, die ein Geschlecht um das andere
und jedes nach seiner Weise für sein Rat-
haus betätigt hat. Aus weiten feierlichen
Versammlungshallen führen verschwiegene
Türen in zierlich und überreich geputzte
Staatsstuben oder in helle, sachlich heitere
Arbeitsräume. Hier hat ein schmiegsamer
Meister der Rokokokunst sich keck neben
einen alten hartknochigen Gotiker von sehr
ernsthafter Miene gesetzt, und dort schüttelt
Maler und Schnitzer der schnörkelreichen
Spätrenaissance lustig und überquellend, in
endlosen Massen ihre phantastischen Formen
über Wände und Decke eines Kabinets aus.
Solch ein überraschendes, verschwiegenes

HEINR. VOGELER.

Sessel in der Güldenkammer des Bremer Rathauses.

Ausgeführt von Heinr. Bremer.

Schmuckkästchen zu sein, war die Gülden-
kammer wie geschaffen; sie mag auch vor
zwei Jahrhunderten einmal eine solche über-
raschende Harmonie in sich geschlossener
Raumschönheit besessen haben, wie etwa
die Lübecker, Danziger, Lüneburger, Kölner
verwandten Räume. Vogeler hat ihr diesen
Reiz wiedergegeben. Aus dem schweren
Pomp der barocken Hülle, aus dem maje-
stätischen Maßstab der grossen Rathaushalle
treten wir durch ein kleines Pförtchen in
dieses abgeschlossene Reich heiterer Würde,
fein abgestimmter Freude, prunkvoller Ge-
diegenheit. — Wenig zahlreich und in der
Öffentlichkeit wenig bekannt sind die Vor-
arbeiten, die Vogeler als Regisseur
von Innenräumen bisher in ver-
wandtem Geiste ausgeführt hat.
Sein Schmuckwerk und die Auf-
machung seines Gemälde-Saales
in der Oldenburger Ausstellung
sind hier im Oktoberheft 1905
geschildert worden; sie stehen
diesen Arbeiten in der Gülden-
kammer des Bremer Rathauses
am nächsten. Jedenfalls bot die
Neuheit und der Reichtum der Auf-
gabe dem Künstler ebenso wie den
ausführenden Werkstätten noch
ungewohnte besondere Schwierig-
keiten. Die Ausführung der Holz-
arbeiten lag in den Händen
der Firma Heinrich Bremer; die
Bronzeguss-Arbeit an Türgriffen,
Kapitellen usw. ist von Wilhelm
Kallmeyer, die getriebene und
gestanzte Arbeit an Kaminhelm,
Heizkörper, Kaminvorsetzer von
J. Siber ausgeführt. Zu diesen
Bremischen Werkstätten tritt für
die Ausführung der Ledertapete
Georg Hulbe—Hamburg, und der
Marmor und seine Bearbeitung
stammt von Högl — Oldenburg.
Sie haben alle ihr redlich Teil zu
dem Gelingen des Werkes bei-
getragen. — Bremen ist auf dem
Wege, sich als Kunststadt einen
Namen zu schaffen.

DK- K. SCHARFER.

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