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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Zimmermann, Ernst: Kirchliche Kunst auf der III. deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0325

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KIRCHLICHE KUNST AUF DER III. DEUTSCHEN
KUNSTGEWERBE-AUSSTELLUNG IN DRESDEN.

VON DR- ERNST ZIMMERMANN.

Die Dresdner Kunstgewerbe-Ausstellung
hat sich unzweifelhaft ein ganz be-
sonderes Verdienst erworben, räumlich in
ihren Mittelpunkt die kirchliche Kunst zu
stellen. Die kirchliche Kunst ist von je das
eigentliche Zentrum alles Kunstschaffens
gewesen, wie sie früher überhaupt stets das
Zentrum alles geistigen und moralischen
Lebens gewesen ist. An ihr vollzogen sich
zuerst alle großen Stilwandlungen, in ihr
fand jeder Stil auch seine höchste Aus-
bildung. Auch heute, mag auch das kirch-
liche Leben nicht entfernt mehr die Be-
deutung haben, wie ehedem, ist sie un-
zweifelhaft noch immer das Gebiet, das ihr
die größten und edelsten Aufgaben zuweist,
ist sie diejenige Kunst, die noch das höchste
Anspannen aller künstlerischen Kräfte ver-
langt. Eine Kunst-Ausstellung, die wie die
Dresdner es ernst mit der Weiterentwicklung
unserer Kunst meint, konnte daher nicht
gleichgiltig an ihr vorübergehen. Sie mußte
auch hier die Kräfte herausfordern, die auf
diesem Gebiete uns Gutes, Neues und Eigen-
artiges zu schaffen versprachen.

Freilich, neu und eigenartig schaffen, ist
hier schwieriger, als auf manchen anderen
Gebieten der Kunst, als auf denen des
praktischen, des profanen Lebens. Die
Kirche verwandelt sich nicht, sie bleibt, falls
nicht große religiöse Umwälzungen über sie
hereinbrechen, durch Jahrhunderte, ja Jahr-
tausende hindurch dieselbe, indes das profane
Leben sich ringsum vielfach verjüngt, wie
jeder lebendige Organismus. Ihre modernen
künstlerischen Leistungen können daher nicht
so originell sein, wie die des weltlichen
Lebens. Ein bischen Altertümlichkeit, ein
bischen Archaismus wird immer sich mit ein-
schleichen. Was hier in erster Linie zu er-
reichen ist, ist daher nur verbesserter Ge-

schmack, Ausdruck und Stimmung. Es ist
genug, um fast wie etwas Neues gegenüber
dem zu wirken, was das vergangene Jahr-
hundert auf diesem Gebiet uns gebracht hat.

In diesem Sinne gibt sich auch auf der
Dresdner Ausstellung die religiöse Kunst.
Zwei große kirchliche Räume sind hier ent-
standen, ein protestantischer und ein katho-
lischer, daneben Sakristeien und ein Syna-
gogen- und ein Vortragsraum für eine freiere
religiöse Gemeinde. Es ist die Parität auf
der Ausstellung im vollsten Sinne gewahrt
worden, es ist versucht worden, jeder Kon-
fession künstlerische Anregung zu geben.
Der protestantische Kirchenraum (vergleiche
Heft X, Abb. S. 607) des um die Dresdner
Ausstellung so verdienten Fritz Schumachers,
dem für die Plastik Karl Groß und seine
Schule, für die Malerei Otto Gußmann kräf-
tigst zur Seite gestanden haben, geht in der
Grundanlage, wie es jetzt jeder bessere pro-
testantische Kirchenraum anstrebt, auf die
Schaffung eines großen allgemeinen Predigt-
raumes aus, einer geschlossenen Halle mit
Emporen ohne verdeckende Einbauten, ohne
ablenkende Anbauten. Zielpunkt dieser
ganzen Anlage ist die weite Apsis. Es
vereinigt hier sich alles, was für die pro-
testantische Kirche von sakraler Bedeutung
ist: Altar (nur durch einen Teppich markiert),
Kanzel und Orgel. Hier ist auch der präch-
tigste Schmuck hin verlegt, das große, von
Otto Gußmann entworfene, von Puhl &
Wagner in Rixdorf ausgeführte Mosaik-
Gemälde mit seiner einfachen Darstellung
des die Welt erlösenden Heilandes auf
goldig schimmerndem Grunde. Die Aus-
bildung der Apsis ist überhaupt der Höhe-
punkt dieser ganzen Anlage. Wundervoll
ist die Orgel, sonst immer durch den Paral-
lelismus und den Glanz der Pfeifen der

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