Marionetten-Theafer Münchner Künstler.
HANS SACHS THEATER, MARIONETTEN-SPIELE.
SZENERIE AUS GRAF POCCIS EULENSCHLOSS".
FIGUREN GESCHNITZT VON JACOB BRADL, GEKLEIDET
VON FRL. E. LEHMANN. DER HINTERGRUND IST MIT
FARBIGEN, GESCHLIFFENEN STEINEN BESETZT.
liehen versagt sind. Das Wunder, die Sage und
wohl auch die Satire, fanden im Marionetten-
theater die überzeugendste Darstellung und es
hat Epochen gegeben, wo die elendesten Figuren
mehr Erfolg hatten, als die besten Schauspieler
ihrer Zeit. Die heiligen Mysterien, Rabelais'
Gargantua und Pantagruel, die Faust-Sage ge-
hörten zum beliebtesten Repertoire und fanden
ein begeisterungsfähiges und dankbares Publi-
kum. Goethe, der im Puppenspiel auf der Frank-
furter Messe 1773 die lebhafteste Anregung zur
Faust-Idee gefunden, spricht noch im Alter mit
Wärme von dem kleinen Theater. Die freund-
lichsten Erinnerungen seiner Knabenzeit gehören
dem Puppenspiel an, das ein Freund des Hauses
gefertigt und der Familie zum Weihnachts-
geschenk gemacht hat.....
Die heimliche Zauberkraft der Puppen ist mit
dem Ergötzen, das sie in volkstümlichen Mario-
nettentheatern den kindlichen Seelen gewähren,
noch lange nicht erschöpft. Sie harrt der
Wiederbelebung. Wir wissen, dag Maeterlincks
mystische Spiele, deren Zartheit und tiefe Sym-
bolik von der Erdenschwere des Naturalismus
auf der Bühne geradezu erdrückt werden, keine
geeigneteren Interpreten finden können, als die
Puppen, für die sie ja ursprünglich auch gedacht
waren. Aber vielleicht auch Shakespeares
Dramen, namentlich die Stücke, wo gleich-
gestaltete Personen mit raschem Szenenwechsel
einander gegenübertreten, wie in der „Komödie
der Irrungen", können im Marionettentheater zu
unerhörten Wirkungen gelangen. Anderseits
könnte von hier aus der dem Puppenspiel an-
geborene Stil des Einfachen und impressioni-
stisch Dekorativen auch auf die große Bühne,
die im Banne des Naturalismus liegt, zurück-
wirken und das sicherlich nicht zu ihrem Nach-
teil. Ich könnte mir in diesem Stile ein Theater
denken, wo große einfache und klare Farben
90
HANS SACHS THEATER, MARIONETTEN-SPIELE.
SZENERIE AUS GRAF POCCIS EULENSCHLOSS".
FIGUREN GESCHNITZT VON JACOB BRADL, GEKLEIDET
VON FRL. E. LEHMANN. DER HINTERGRUND IST MIT
FARBIGEN, GESCHLIFFENEN STEINEN BESETZT.
liehen versagt sind. Das Wunder, die Sage und
wohl auch die Satire, fanden im Marionetten-
theater die überzeugendste Darstellung und es
hat Epochen gegeben, wo die elendesten Figuren
mehr Erfolg hatten, als die besten Schauspieler
ihrer Zeit. Die heiligen Mysterien, Rabelais'
Gargantua und Pantagruel, die Faust-Sage ge-
hörten zum beliebtesten Repertoire und fanden
ein begeisterungsfähiges und dankbares Publi-
kum. Goethe, der im Puppenspiel auf der Frank-
furter Messe 1773 die lebhafteste Anregung zur
Faust-Idee gefunden, spricht noch im Alter mit
Wärme von dem kleinen Theater. Die freund-
lichsten Erinnerungen seiner Knabenzeit gehören
dem Puppenspiel an, das ein Freund des Hauses
gefertigt und der Familie zum Weihnachts-
geschenk gemacht hat.....
Die heimliche Zauberkraft der Puppen ist mit
dem Ergötzen, das sie in volkstümlichen Mario-
nettentheatern den kindlichen Seelen gewähren,
noch lange nicht erschöpft. Sie harrt der
Wiederbelebung. Wir wissen, dag Maeterlincks
mystische Spiele, deren Zartheit und tiefe Sym-
bolik von der Erdenschwere des Naturalismus
auf der Bühne geradezu erdrückt werden, keine
geeigneteren Interpreten finden können, als die
Puppen, für die sie ja ursprünglich auch gedacht
waren. Aber vielleicht auch Shakespeares
Dramen, namentlich die Stücke, wo gleich-
gestaltete Personen mit raschem Szenenwechsel
einander gegenübertreten, wie in der „Komödie
der Irrungen", können im Marionettentheater zu
unerhörten Wirkungen gelangen. Anderseits
könnte von hier aus der dem Puppenspiel an-
geborene Stil des Einfachen und impressioni-
stisch Dekorativen auch auf die große Bühne,
die im Banne des Naturalismus liegt, zurück-
wirken und das sicherlich nicht zu ihrem Nach-
teil. Ich könnte mir in diesem Stile ein Theater
denken, wo große einfache und klare Farben
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